OGH 8ObA50/16k

OGH8ObA50/16k30.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Brenn in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei S***** S*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei und Antragsgegnerin Personalausschuss der Ö***** AG, *****, vertreten durch Brandtner & Doshi Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen (hier:) Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 5. Juli 2016, GZ 15 Ra 62/16d‑8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00050.16K.0830.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei ist Mitglied des beklagten Personalausschusses.

In der Hauptsache bekämpft der Kläger mit Feststellungs-, Widerrufs‑ und Leistungsbegehren die Beschlüsse des Personalausschusses vom 25. 4. 2016, mit dem seine Freistellung als Personalvertreter widerrufen und darüber hinaus die Zuteilung diverser Sachmittel des Personalausschusses zu seinen Lasten geändert wurde.

Zur Sicherung des Widerrufs‑ und Leistungsbegehrens stellte der Kläger den Antrag auf einstweilige Verfügung, bis zur Rechtskraft des Urteils in der Hauptsache

„a) dem Beklagten und Antragsgegner zur Sicherung des den Gegenstand des zu 2. angeführten Urteilsbegehrens bildenden Unterlassungsanspruchs zu verbieten, dem Betriebsinhaber (…) gegenüber Erklärungen abzugeben, die ihre Grundlagen in den zu 1. des Urteilsbegehrens zitierten Beschlüssen hätten, insbesondere den Antrag auf Freistellungen der klagenden und gefährdeten Partei zurückzuziehen,

b) zur Sicherung des den Gegenstand des zu 3. angeführten Urteilsbegehrens bildenden Leistungsanspruchs zu gebieten, einen Beschluss zu fassen, einen Antrag gemäß § 67 Abs 1 Z 1 lit a PBVG auf Freistellung der klagenden und gefährdeten Partei bis zur Rechtskraft des über den gleichzeitig klagsweise geltend gemachten zu sichernden Anspruch zu erlassenden Urteils zu stellen und dem Betriebsinhaber (…) gegenüber unter Berufung auf diesen Beschluss die Erklärung abzugeben, dass die Rücknahme des Antrages auf Freistellung der klagenden und gefährdeten Partei ihrerseits zurückgenommen werde und ein Antrag auf Freistellung der klagenden und gefährdeten Partei gestellt werde (…) .“

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Unabhängig von der Frage, ob die angefochtenen Beschlüsse wirksam zustande gekommen seien, gehe das Unterlassungsbegehren ins Leere, weil die Erklärung gegenüber dem Betriebsinhaber, die dem Beklagten untersagt werden solle, nach dem Klagsvorbringen bereits erfolgt sei. Für die Anordnung einer Beschlussfassung des Personalausschusses durch das Gericht gebe es überhaupt keine gesetzliche Grundlage, darüber hinaus sei auch kein unmittelbar drohender Schaden bescheinigt worden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die im außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers enthaltenen Rechtsausführungen beziehen sich durchwegs auf die vom Rekursgericht verneinte Anspruchsbescheinigung in der Hauptsache; ein Eingehen auf diese Ausführungen ist für die hier allein gegenständliche Entscheidung im Provisorialverfahren aber aus den folgenden Erwägungen nicht erforderlich.

Die strittige Rechtsfrage, ob der angefochtene Beschluss vom 25. 4. 2016 überhaupt formal wirksam zustande gekommen ist, betrifft die Entscheidung über das Feststellungsbegehren, das nicht Gegenstand des Provisorialverfahrens ist.

Zur Sicherung von nicht in Geldforderungen bestehenden Ansprüchen können nach § 381 EO einstweilige Verfügungen getroffen werden, wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs vereitelt oder erheblich erschwert werden würde, oder wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen.

Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 381 Z 2 2. Fall EO setzt die Behauptung und Bescheinigung von Umständen voraus, die die Annahme eines drohenden unwiederbringlichen Schadens rechtfertigen. Wenn durch die einstweilige Verfügung der Erfolg in der Hauptsache vorweggenommen werden soll, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen einer solchen einstweiligen Verfügung ein strenger Maßstab anzulegen (RIS‑Justiz RS0005295 [T2]).

Unter den Begriff des Schadens fallen Nachteile an Vermögen, Rechten oder Personen ( E. Kodek in Angst/Oberhammer ³ § 381 EO Rz 11). Bei der Beurteilung, ob ein Schaden dieser Art droht, ist zu bedenken, dass eine abstrakte oder theoretische Möglichkeit eines Schadenseintritts nicht genügt (RIS‑Justiz RS0005275 [T21]).

Ein Schaden ist dann unwiederbringlich, wenn eine Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Geldersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung eines Geldersatzes dem Schaden nicht völlig adäquat ist (RIS‑Justiz RS0005270; E. Kodek aaO § 381 EO Rz 11).

In seinem Rekurs hat der Antragsteller die Rechtsauffassung des Erstgerichts, das die Voraussetzungen einer Gefahrenbescheinigung im Anlassfall verneint hat, mit dem einzigen Argument bekämpft, es sei für eine ungerechtfertigte Nichtfreistellung als Personalvertretungsorgan kein nachträglicher adäquater Ausgleich möglich, weil der einmal eingetretene Zeitverlust unumkehrbar und nicht restituierbar sei.

Dies mag abstrakt zutreffen. Ob eine theoretisch mögliche, aber gar nicht näher konkretisierte zeitliche Überlastung des Klägers als Schaden iSd § 381 EO zu beurteilen wäre, muss aber hier nicht weiter diskutiert werden, weil der Kläger nach eigenen Angaben von seiner Dienstgeberin auf unbestimmte Zeit dienstfrei gestellt ist. Aufgrund dieser Dienstfreistellung, die im Zusammenhang mit einem erstinstanzlich anhängigen Verfahren auf Zustimmung zu seiner Entlassung steht, unterliegt er derzeit keiner Arbeitspflicht und kann er sich schon aus diesem Grund ganztägig seinen Personalvertretungsaufgaben widmen. Dass in nächster Zeit mit einem Widerruf der arbeitsvertraglichen Dienstfreistellung zu rechnen wäre, hat der bescheinigungspflichtige Antragsteller nicht vorgebracht.

Der Revisionsrekurs enthält überhaupt keine Ausführungen zur Gefahrenbescheinigung mehr, sodass er insgesamt keine Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO aufzeigt.

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