OGH 9Ob44/16k

OGH9Ob44/16k18.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Gitschthaler sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé, Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, gegen die beklagte Partei G***** G*****, vertreten durch Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 39.691,60 EUR sA (Revisionsinteresse 33.433,97 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. April 2016, GZ 15 R 50/16g‑41, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00044.16K.0818.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht wies das Begehren der Klägerin, den Beklagten zur Zahlung des restlichen Werklohns für die Errichtung eines Einfamilienhauses zu verpflichten, wegen einer Reihe von der Fälligkeit entgegenstehender Mängel ab. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Die Klägerin meint, der Beklagte sei hinsichtlich der im Werkvertrag vereinbarten Teilzahlungen auf den Werklohn vorleistungspflichtig, weshalb ihm kein Leistungsverweigerungsrecht zustehe.

Richtig ist zwar, dass Teilzahlungen auf den Werklohn vor der Fertigstellung des Werks, die nicht bestimmte Teilleistungen abgelten sollen, als Vorschuss zu qualifizieren sind (RIS‑Justiz RS0021417 [T3]) und bei Fälligkeit auch eingeklagt werden können; ein Leistungsverweigerungsrecht wegen behaupteter Mängel besteht dabei aufgrund des Vorleistungscharakters nicht (RIS‑Justiz RS0021417 [T4]; RS0019881). Hier hat die Klägerin die Arbeiten aus ihrer Sicht aber bereits abgeschlossen und dafür Schlussrechnung gelegt, wodurch (Teil‑)Zahlungen kein Vorleistungscharakter mehr zukommen könnte. Warum dem Beklagten danach keine Mängeleinrede zustehen sollte, ist nicht ersichtlich (vgl RIS‑Justiz RS0019635).

2. Die Fälligkeit des Werklohns kann so lange hinausgeschoben werden, als ein Verbesserungsanspruch besteht und die Verbesserung im Interesse des Bestellers liegt. Fällt dieses Interesse weg, besteht kein Bedürfnis nach Gewährung eines gänzlichen Leistungsverweigerungsrechts mehr (RIS‑Justiz RS0019929). Das Berufungsgericht hat ausführlich und in Würdigung des Vorbringens des Beklagten dargelegt, warum seine Aufrechnungseinrede keinen Verzicht auf einen Verbesserungsanspruch darstellte (Berufungsurteil S 14 f). Diesen Erwägungen hält die Revision nichts entgegen, das die Ansicht des Berufungsgerichts korrekturbedürftig erscheinen ließe.

3. Dem Vorbringen der Klägerin zur mangelnden Kooperation des Beklagten und zu seiner Vereitelung der Verbesserung steht die Feststellung entgegen, dass die Klägerin nach Wiedereinbau des Bauschlosses die Arbeiten im Dezember 2013 fortführte.

4. Der Einwand der Klägerin, die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts sei schikanös, lässt die diesbezügliche Erwägung des Berufungsgerichts außer Acht, wonach die lediglich aus prozessualer Vorsicht vorgenommene Verringerung der Werklohnforderung ohne Anerkennung eines konkreten Preisminderungsanspruchs und ohne Anspruchsverzicht bei der Gegenüberstellung der wechselseitigen Interessen hier nicht zu berücksichtigen sei. Das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen dem Interesse des Werkunternehmers am Werklohn und jenem des Werkbestellers an der Leistungsverweigerung (vgl RIS‑Justiz RS0021872 [T4, T9]) wurde aber auch angesichts der Art der fortbestehenden Mängel in vertretbarer Weise verneint.

5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.

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