OGH 14Os52/16b

OGH14Os52/16b28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Dragan N***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. März 2016, GZ 115 Hv 110/15m‑91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00052.16B.0628.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dragan N***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB (I/A) sowie der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB (I/B) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II/A und B) schuldig erkannt.

Danach hat er

(I) am 24. Dezember 2014 in W*****

(A) Franz D***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz eine Kellnerbrieftasche, 400 Euro Bargeld und ein Mobiltelefon mit Gewalt gegen seine Person weggenommen, indem er ihn von hinten niederschlug und ihm mehrere Faustschläge versetzte, wodurch der Genannte eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich einen offenen Trümmerbruch der Nase, Brüche der Kieferhöhlenwände des Oberkiefers, eine Rissquetschwunde im Bereich der linken Augenbraue und des Nasenrückens, eine Gehirnerschütterung sowie eine Einblutung in den rechten Hinterhauptslappen, erlitt;

(B) im Anschluss an die zu I/A geschilderte Tathandlung den PKW Mercedes des Alfred P*****, sohin ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei er in weiterer Folge gegen ein Verkehrszeichen fuhr, wodurch ein Schaden in Höhe von 4.000 Euro am Fahrzeug entstand;

(II) vorschriftswidrig „Suchtmittel“ für den persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar am 24. Dezember 2014 1,7 Gramm Cannabiskraut mit dem Wirkstoff THC (A) und am 26. März 2015 17,6 Gramm Marihuana mit dem Wirkstoff THC, 17,3 Gramm Heroin mit dem Wirkstoff Diacetylmorphin und 2,7 Gramm Crystal Meth mit dem Wirkstoff Metamphetamin (B).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Der die Schuldsprüche I/A und B betreffende Einwand unvollständiger, offenbar unzureichender und aktenwidriger (Schein‑)Begründung (Z 5 zweiter, vierter und fünfter Fall) trifft nicht zu.

Mit Divergenzen zwischen den Aussagen des Zeugen Sami J***** vor der Polizei und jenen in der Hauptverhandlung hat sich das Erstgericht ausführlich auseinandergesetzt und die Sicherstellung von DNA‑Spuren des Genannten auf einem Besenstiel, mit dem er das Tatopfer (nach den Urteilsannahmen zusätzlich zu den Faustschlägen des Beschwerdeführers) attackierte, in seine Erwägungen einbezogen (US 4, 7).

Dass Franz D***** zunächst nur von einem – übrigens dem Erscheinungsbild des Angeklagten entsprechenden (US 6) – Täter berichtete (ON 2 S 145), bedurfte mit Blick auf seine weiteren Depositionen (wonach er bereits nach dem ersten Angriff die Hände schützend vor den Kopf hob und dann bewusstlos zu Boden stürzte; ON 27 S 9 f) und die Urteilsannahmen, nach denen Sami J***** erst in das Geschehen eingriff, als das Tatopfer bereits am Boden lag (US 4), unter dem Aspekt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) keiner gesonderten Erörterung.

Die Feststellungen zum objektiven Tathergang und ihre Überzeugung von der Täterschaft des Beschwerdeführers stützten die Tatrichter vor allem auf die Aussagen der Zeugen Franz D***** und Sami J***** anlässlich deren polizeilicher Vernehmungen, eine Videoaufzeichnung aus dem Casino H*****, die Sicherstellung von dem Angeklagten zuzuordnenden DNA‑Anhaftungen am Türgriff und am Zündschloss des Fahrzeugs des Alfred P*****, die Angaben der Zeugen Vojislav Pe***** und Darko Do***** sowie eine Reihe weiterer Indizien und legten ausführlich dar, aus welchen Gründen sie der umfassend erörterten leugnenden Verantwortung des Angeklagten keinen Glauben schenkten (US 6 bis 9).

Diese Erwägungen entsprechen dem Beschwerdestandpunkt zuwider sowohl den Gesetzen logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und sind damit

aus dem Blickwinkel der

Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116732).

Nominell geltend gemachte Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei (erheblicher) unrichtiger Wiedergabe des Inhalts von Beweismitteln vor (RIS‑Justiz RS0099431), was die Mängelrüge gar nicht behauptet.

Mit eigenen Erwägungen zu den dargestellten Verfahrensergebnissen bekämpft sie vielmehr insgesamt bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die Diversionsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10a), die zu den Schuldsprüchen wegen § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II/A und B) die Anwendung des § 35 Abs 1 iVm §

37 SMG reklamiert, schlägt ebenfalls fehl.

Gesetzmäßige Ausführung einer

Diversionsrüge erfordert – soweit hier wesentlich – eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen (RIS‑Justiz RS0124801, RS0119092; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 658 ff). Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerde, indem sie der aus mehreren Faktoren abgeleiteten – ein diversionelles Vorgehen nach § 35 Abs 1 (§ 37) SMG ausschließenden (vgl § 35 Abs 6

SMG; für viele: 14 Os 33/14a) – Urteilskonstatierung fehlender

Bereitschaft des Beschwerdeführers, sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme zu unterziehen (US 11 f), lediglich die Behauptung entgegensetzt, aus der Nichtannahme früherer Diversionsangebote ergebe sich keinesfalls, dass „der Angeklagte nunmehr nicht den Aufforderungen der Behörde nachkommen würde“.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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