European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00053.16G.0627.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eduard M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 21. Juni 2015 in E***** Sieglinde K***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich des Analverkehrs genötigt, indem er „sie auf das Bett warf, auf den Bauch drehte, ihr Hose und Unterhose herunterriss und sie gewaltsam am Bett niederdrückte, während er den Analverkehr an ihr vollzog, wobei er androhte, er werde einen mitgebrachten Gegenstand in ihren Anus einführen und sie 'ausdehnen', wenn sie nicht 'herhalte', und ihr unter der weiteren Androhung, diese zuzuziehen, wenn sie nicht aufhöre zu schreien, eine Eisenkette mit großen Gliedern um den Hals schlang“, wobei die Tat eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung (Anpassungsstörung) der Sieglinde K***** zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Der Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs‑ und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht ermöglicht (RIS‑Justiz RS0119583).
Indem die Tatsachenrüge die Angaben der Zeugin K***** zum unmittelbaren Tatgeschehen gegenüber den Polizeibeamten (ON 4 S 49 ff; ON 9 S 9 ff) jenen in ihrer kontradiktorischen Vernehmung (ON 12) gegenüberstellt und – ohne die Kritik zu konkretisieren – als widersprüchlich und „praktisch nicht wirklich nachvollziehbar“ bezeichnet, zielt sie auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Schöffengerichts außerhalb der oben dargestellten Sonderfälle ab, ohne damit erhebliche Bedenken im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes erwecken zu können. Mit dem – gleichfalls relevierten – Umstand, dass der medizinische Sachverständige die vom Tatopfer geschilderten Blutmengen (auf dem Bett) als unwahrscheinlich bezeichnet hat (ON 41 S 17), haben sich die Tatrichter zudem ausdrücklich auseinandergesetzt (US 8; der Sache nach auch Z 5 zweiter Fall).
Zu Unrecht erblickt die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB) darin, dass die Tatrichter bei einem Schuldspruch nach § 201 Abs 2 erster Fall StGB zusätzlich „die im Zuge der Vergewaltigung erlittene/n Verletzung und Schmerzen“ als erschwerend gewertet haben. Denn bestimmend (§ 32 Abs 2 StGB) für die qualifizierte Strafdrohung („schwere Körperverletzung“) war die „als Folge dieser Vergewaltigung erlittene länger als 24 Tage andauernde Anpassungsstörung im Sinn eines ausgeprägten Zustands von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung“ (US 5), nicht jedoch der unmittelbar im Zuge des Tatgeschehens erlittene Schleimhauteinriss im Analbereich und die dabei erlittenen Schmerzen (US 4 f). Dieser – eine besonders rücksichtslose Tatausführung manifestierende – Umstand durfte daher erschwerend in Anschlag gebracht werden (vgl auch RIS‑Justiz RS0090945).
Auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Strafschärfung nach § 39 StGB hat das Erstgericht zutreffend erkannt (US 3), denn der Angeklagte wurde zuletzt am 22. Oktober 2010 aus einer (rückfallbegründenden) Freiheitsstrafe entlassen (ON 35), sodass die Tatbegehung am 21. Juni 2015 – entgegen der Kritik der Rüge (Z 11 erster Fall) – innerhalb des vom Gesetz geforderten Zeitraums von 5 Jahren (§ 39 Abs 2 StGB) lag. Auf das erstmals mit der Äußerung zum Croquis der Generalprokuratur in Richtung § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erstattete Vorbringen war nicht einzugehen (RIS‑Justiz RS0100152). Amtswegig aufzugreifende Mängel (§ 290 Abs 1 StPO) haften der Entscheidung nicht an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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