OGH 15Os59/16i

OGH15Os59/16i27.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Turpal S***** und weitere Angeklagte wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB, AZ 39 Hv 148/15h des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die von der Generalprokuratur gegen einen Beschluss in diesem Verfahren erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00059.16I.0627.000

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 39 Hv 148/15h des Landesgerichts Wiener Neustadt verletzt der gemeinsam mit dem Urteil verkündete Beschluss vom 13. Jänner 2016 auf Absehen vom Widerruf der Lema A***** mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 5. April 2012, AZ 43 Hv 1/12s, gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 5. April 2012, AZ 43 Hv 1/12s, rechtskräftig mit 11. April 2012, wurde Lema A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren nach § 43a Abs 3 StGB bedingt nachgesehen wurde (ON 86). Der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe wurde in der Zeit vom 25. Juni bis 25. September 2012 vollzogen.

Mit – in gekürzter Form ausgefertigtem – Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 13. Jänner 2016, GZ 39 Hv 148/15h‑94, wurde – unter anderem – Lema A***** des am 16., 18., 19. und 20. November 2015 begangenen Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Unter einem fasste das Landesgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO den Beschluss, vom Widerruf der Lema A***** mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 5. April 2012, AZ 43 Hv 1/12s, gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (ON 94 S 9).

Dieser Beschluss steht ‑ wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt ‑ mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Straffälligkeit gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht verbunden mit einer Verlängerung der Probezeit – abgesehen von der aktuell nicht relevanten Ausnahme des § 53 Abs 1 letzter Satz StGB – nur bei einer Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS‑Justiz RS0112811; RS0092019).

Vorliegend endete die mit dem seit 11. April 2012 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt gewährte dreijährige Probezeit ausgehend vom Vollzug des dreimonatigen unbedingt verhängten Teils der Freiheitsstrafe während der Probezeit mit Ablauf des 10. Juli 2015 (§§ 49, 68 StGB). Jene strafbaren Handlungen, derer Lema A***** mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 13. Jänner 2016 schuldig erkannt wurde, wurden jedoch im Zeitraum von 16. bis 20. November 2015, sohin nach Ablauf der Probezeit begangen. Der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 13. Jänner 2016 auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit verletzt daher § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Dieser Beschluss hat sich hinsichtlich der Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre für den Verurteilten nachteilig ausgewirkt. Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, ihn in diesem Umfang (ersatzlos) zu beseitigen (§ 292 letzter Satz StPO; vgl 15 Os 147/15d).

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