OGH 15Os147/15d

OGH15Os147/15d11.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Genrich A***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 12. August 2015, GZ 61 Hv 75/15f‑10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, sowie des Angeklagten, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00147.15D.1111.000

 

Spruch:

Der gemeinsam mit dem Urteil verkündete Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 12. August 2015, GZ 61 Hv 75/15f‑10, auf Absehen vom Widerruf der zu AZ 30 Hv 126/14a des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre verletzt § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Der Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs der Verlängerung der Probezeit ersatzlos aufgehoben.

Gründe:

Mit seit 17. April 2015 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 13. April 2015, GZ 30 Hv 126/14a‑47, wurde Genrich A***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und mehrerer Vergehen schuldig erkannt und hiefür zu einer (Zusatz‑)Freiheitsstrafe verurteilt. Diese wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit rechtskräftigem Urteil desselben Gerichts vom 12. August 2015, GZ 61 Hv 75/15f‑10, wurde der Genannte wegen einer am 1. März 2015 begangenen, dem Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB unterstellten Tat schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. April 2015, AZ 30 Hv 17/15y, zu einer (Zusatz‑)Strafe in Form einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, im Fall deren Uneinbringlichkeit zu 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Unter einem fasste die Einzelrichterin den Beschluss, gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO vom Widerruf der im Verfahren AZ 30 Hv 126/14a des Landesgerichts Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Auch diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit ‑ abgesehen von den hier nicht aktuellen Ausnahmen des § 53 Abs 1 letzter Satz StGB ‑ nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht.

Da die der angefochtenen Beschlussfassung zugrunde liegende Straftat nicht während der am 17. April 2015 begonnenen Probezeit, sondern bereits vor deren Beginn, nämlich am 1. März 2015, verübt worden war, verletzt die Entscheidung § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB (vgl RIS‑Justiz RS0092019).

Dieser Beschluss hat sich hinsichtlich der Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre für den Verurteilten nachteilig ausgewirkt und war (nur) in diesem Umfang (ersatzlos) zu beseitigen (§ 292 letzter Satz StPO; vgl 15 Os 35/15h, 14 Os 54/15w).

Bemerkt wird, dass der Strafausspruch des Urteils des Landesgerichts Salzburg vom 12. August 2015 gegen § 43a Abs 2 StGB verstößt, weil die Anwendung dieser Bestimmung eine hypothetische Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten voraussetzt, die Einzelrichterin jedoch ‑ wie die Zusammenrechnung der (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe und der (an die Stelle der Geldstrafe tretenden) Ersatzfreiheitsstrafe zeigt ‑ insgesamt nur eine fünfmonatige Freiheitsstrafe ausmaß (vgl 15 Os 131/12x), obwohl auch im Fall der Verhängung einer Zusatzstrafe ausschließlich diese ‑ und nicht die unter Einrechnung der im früheren Urteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe sich ergebende hypothetische Gesamtstrafe ‑ maßgebend ist (RIS‑Justiz RS0115528 [T1]). Die Feststellung einer diesbezüglichen Gesetzesverletzung (§ 292 fünfter Satz StPO) kam infolge Anfechtung ausschließlich des Beschlusses nach § 494a StPO nicht in Betracht (vgl Ratz , WK‑StPO § 292 Rz 39 f; zur regelmäßigen Annahme des Fehlens eines Nachteils des Verurteilten in einem solchen Fall s RIS‑Justiz RS0117846).

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