OGH 12Os48/16z

OGH12Os48/16z16.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Janisch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jozef S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 13. Jänner 2016, GZ 35 Hv 82/15f‑145, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00048.16Z.0616.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Konfiskation aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen – auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden – Urteil wurde Jozef S***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren, durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall StGB (A./) und des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ im einverständlichen Zusammenwirken mit unbekannten Mittätern (I./, IV./, VI./ VII./) und mit dem gesondert abgeurteilten Lukas H***** (II./, III./, V./) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert von insgesamt 195.800 Euro weggenommen, indem er in Lagerplätze einbrach und Sperrvorrichtungen aufbrach, wobei er die Taten in der Absicht ausführte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Einbruchsdiebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel handelte, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, und von Beginn an zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hatte, und zwar

I./ am 29. September 2014 in Z***** Gerhard U***** einen Anhänger samt darauf abgestelltem Minibagger im Gesamtwert von 26.000 Euro, indem sie nach gewaltsamem Öffnen des Einfahrtstores zum eingefriedeten Lagerplatz des Firmengeländes durch Aushebeln aus der Bodenverankerung das Vorhängeschloss der Deichselhüllensicherung des Anhängers mit einem Schneidwerkzeug durchtrennten,

II./ nachts zum 10. Oktober 2014 in W***** Gewahrsamsträgern der W***** GmbH einen Minibagger, Baggerzubehör und einen Anhänger im Gesamtwert von 34.000 Euro, indem sie das Schiebetor des eingefriedeten Lagerplatzes aufbrachen,

III./ zwischen 24. und 26. Oktober 2014 in G***** Gewahrsamsträgern der W***** GmbH in zwei Angriffen zunächst einen Bagger samt Anhänger und Zubehör, indem sie das Vorhängeschloss des Einfahrtstores zum Lagerplatz aufbrachen und beim Maschendrahtzaun eine Zutrittsöffnung aufzwickten, sowie am darauffolgenden Tag weiteres Zubehör in einem Gesamtwert von zumindest 35.000 Euro,

IV./ zwischen 4. und 6. November 2014 in W***** Gewahrsamsträgern der H***** GmbH & Co KG einen Minibagger im Wert von 25.000 Euro und einen Anhänger im Wert von 2.800 Euro, indem sie das Vorhängeschloss des Einfahrtstores zum Lagerplatz aufzwickten,

V./ nachts zum 7. November 2014 in U***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens M. ***** einen Minibagger samt Böschungslöffel im Gesamtwert von 15.000 Euro, indem sie den Maschendrahtzaun der Lagerplatzeinfriedung aufschnitten,

VI./ am 16. Dezember 2014 in G***** Gewahrsamsträgern der W***** GmbH einen Bagger samt Zubehör im Gesamtwert von 27.000 Euro, indem sie den Zaun zur Einfriedung des Betriebsgeländes aufzwickten,

VII./ am 9. Jänner 2015 in W***** Gewahrsamsträgern der W***** GmbH einen Bagger samt Löffel im Wert von zumindest 31.000 Euro, indem sie das Einfahrtstor zum Firmengelände aufbrachen,

B./ zwischen 25. April und 26. August 2015 in S***** Lukas H***** dazu bestimmt, als Zeuge vor Gericht im gegenständlichen Strafverfahren (35 Hv 82/15f des Landesgerichts St. Pölten) zur Sache falsch auszusagen, indem er ihn aufforderte, seine bisherigen Angaben zu widerrufen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Schöffengericht die zum Schuldspruch A./ getroffenen Feststellungen logisch und empirisch einwandfrei aus einer vernetzten Betrachtung der Verfahrensergebnisse abgeleitet, wobei es sich insbesondere auf die Auswertung der Standortdaten eines beim abgesondert abgeurteilten Lukas H***** sichergestellten Mobiltelefons, auf dessen Angaben sowie jene der Zeugen Martin K*****, Radomir N***** und Hugo No*****, die Sicherstellung eines Teils der Beute und den modus operandi stützte (US 12 bis 26). Indem der Beschwerdeführer mit eigenständig beweiswürdigenden und spekulativen Erwägungen die Glaubwürdigkeit der Zeugen Lukas H***** und Martin K***** bezweifelt sowie aus einzelnen – vom Schöffengericht als belastend eingestuften – Verfahrensergebnissen andere, für seinen Standpunkt günstigere Schlüsse zieht, bekämpft er die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Die weitere Beschwerdekritik (Z 5 zweiter Fall) übersieht, dass sich die Tatrichter ohnedies mit den Angaben des angeblichen „Alibizeugen“ Roman Ho***** und mit den vom Verteidiger vorgelegten Bautagebüchern auseinandergesetzt haben (US 25 f). Dass der Schöffensenat diesen Beweismitteln aber nicht den gewünschten Beweiswert zuerkannt hat, ist einer Anfechtung aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO entzogen.

Aus welchem Grund die Konstatierungen zum Schuldspruch A./IV./ in Bezug auf entscheidende Tatsachen undeutlich (Z 5 erster Fall) sein sollen, gibt die Beschwerde nicht bekannt.

Soweit die Rüge (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) „eindeutige“ Feststellungen zum Schuldspruch B./, insbesondere zur Bestimmungshandlung vermisst, geht sie prozessordnungswidrig an den Konstatierungen vorbei, wonach der Angeklagte Lukas H***** zum Widerruf seiner belastenden Angaben aufforderte und dieser Zeuge in der Hauptverhandlung am 26. August 2015 eine dementsprechend wahrheitswidrige Aussage ablegte (US 11 f).

Von wem die von Lukas H***** unterschriebene, vom Verteidiger vorgelegte „Widerrufserklärung“ (Beilage ./A) stammt, betrifft keine für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache. Die Kritik am Unterbleiben amtswegiger Ermittlungen zu diesem Schriftstück im Wege eines Sachverständigen (der Sache nach Z 5a unter dem Aspekt einer Aufklärungsrüge) legt nicht dar, wodurch der Angeklagte an einer entsprechenden Beweisantragstellung in der Hauptverhandlung gehindert worden sein soll (vgl RIS‑Justiz RS0115823).

Mit Spekulationen über die Möglichkeit der Kontaktaufnahme von Untersuchungshäftlingen erschöpft sich die Beschwerde neuerlich in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.

Die gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit (A./) gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Feststellungen zur konkreten Planung von zumindest zwei weiteren Einbruchsdiebstählen (§ 70 Abs 1 Z 2 StGB) mit der Behauptung, die Tatrichter hätten (nur) festgestellt, dass dem Angeklagten „die zukünftigen Einbruchsobjekte vermutlich schon bekannt waren“. Diese Argumentation gibt die betreffende Urteilspassage unvollständig und sinnentstellt wieder, weil der Schöffensenat die angesprochene Vermutung auf den Ursprung des Wissens des Angeklagten um die Tatobjekte und nicht auf die konkrete Planung selbst bezog (vgl US 25: „Einbruchsobjekte […] vermutlich aus seiner vorangegangenen Tätigkeit als Bauunternehmer in Österreich bekannt“). Solcherart verlässt die Beschwerde, die zudem auch die Konstatierungen ignoriert, wonach der Angeklagte bereits einige Monate vor den Tathandlungen Mitarbeiter für die jeweiligen Einbruchsdiebstähle akquirierte und die konkreten Tatorte auskundschaftete (US 5 f, 24), den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Aufgrund der damit erfolglos in Frage gestellten Voraussetzungen des § 70 Abs 1 Z 2 StGB erübrigt sich – mit Blick auf die als Alternativen angelegten Gewerbsmäßigkeitskriterien des § 70 Abs 1 Z 1 bis 3 StGB – ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen zu fehlendem Einsatz besonderer Mittel und Fähigkeiten (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) von der Nichtigkeit des Konfiskationsausspruchs (US 4), die zum Nachteil des Angeklagten ausschlägt (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO).

Gemäß § 19a Abs 1 StGB sind (unter anderem) vom Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendete Gegenstände zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung erster Instanz in dessen (Allein-)Eigentum (vgl 15 Os 189/15f) stehen. Die dazu getroffenen Urteilsannahmen, wonach Lukas H***** die bei ihm sichergestellten Mobiltelefone und Tatwerkzeuge vom Angeklagten erhalten hatte (US 12) und „die von S***** übergebenen Handys auch schon zuvor, soweit sie in Österreich in Verwendung fanden, im Besitz des Angeklagten S***** waren“ (US 18), wird – auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz bezogen – Alleineigentum des Angeklagten nicht zum Ausdruck gebracht.

Da sich die Berufung des Angeklagten nur gegen die verhängte Freiheitsstrafe (§ 294 Abs 2 vierter Satz StPO) richtet, ist dem Berufungsgericht die amtswegige Wahrnehmung einer das Konfiskationserkenntnis betreffenden Nichtigkeit – zufolge Beschränkung seiner Entscheidung auf die der Berufung unterzogenen Punkte (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO) – verwehrt (RIS-Justiz RS0130617).

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war dieser Teil des Sanktionsausspruchs daher aufzuheben und dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Über die Berufung des Angeklagten wird (zunächst) das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO. Die amtswegige Maßnahme ist davon nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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