OGH 3Ob104/16i

OGH3Ob104/16i14.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Martin Aringer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, vertreten durch Mag. Simon P. Weikinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. März 2016, GZ 47 R 18/16v‑20, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 16. September 2015, GZ 76 C 10/15f‑14 (verbunden mit 76 C 9/15h), bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00104.16I.0614.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.411,20 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 235,20 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 18. November 2014 schloss die Klägerin (dort: beklagte Partei) mit der Beklagten (dort: klagenden Partei) vor dem Handelsgericht Wien folgenden Vergleich:

„1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, der klagenden Partei zu Handen des KV EUR 30.957,97 samt 4 % Zinsen seit 27. 1. 2014 sowie Kosten in Höhe von EUR 8.252,82 an die klagende Partei … binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Die beklagte Partei kann sich von der Verpflichtung unter Punkt 1. befreien, wenn sie EUR 10.000 bis zum 31. 12. 2014 (Einlangen) und weitere EUR 10.000 bis zum 28. 2. 2015 (Einlangen) an die klagende Partei zu Handen des Klagevertreters bezahlt.

3. Der Vergleich wird rechtswirksam, sofern er nicht von der klagenden Partei bis zum 10. 12. 2014 (Einlangen) widerrufen wird.“

Ein Widerruf des Vergleichs erfolgte nicht.

Die Klägerin zahlte die erste Rate fristgerecht.

Der damalige Vertreter der klagenden (hier: beklagten) Partei im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien (in der Folge: Beklagtenvertreter) verließ nach Vergleichsabschluss seine bisherige Kanzleigemeinschaft und verlegte seinen Kanzleisitz. Zugleich änderte er sein Einzahlungskonto (Anderkonto) von der R*****bank ***** auf ein Konto bei der E*****. Das ursprüngliche Konto, auf das die Klägerin die erste Vergleichsrate bezahlt hatte und das im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien auf den vorbereitenden Schriftsätzen des Beklagtenvertreters ersichtlich war, wurde von der früheren Kanzleigemeinschaft des Beklagtenvertreters als Anderkonto weitergeführt.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2015 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter unter Angabe der Geschäftszahl des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien Folgendes mit:

„Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich gebe bekannt, dass ich meinen Kanzleisitz verlegt habe. Meine neuen Kontaktdaten und meine neue Kontoverbindung entnehmen Sie bitte dem Briefpapier.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen ...“

Im Briefkopf des Schreibens wurde die neue Kontoverbindung des Beklagtenvertreters angegeben, wobei allerdings die letzte Ziffer des IBAN nur zur Hälfte ersichtlich war.

Am 18. Februar 2015 sandte der Beklagtenvertreter unter Angabe der Geschäftszahl des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien ein weiteres Schreiben an den Klagevertreter. Dieses Schreiben lautet wie folgt:

„Sehr geehrter Herr Kollege!

Aufgrund eines 'technischen Versehens' wurde in meinem an Sie gerichteten Schreiben vom 12. 2. 2015 der Briefkopf teilweise nicht vollständig abgebildet. Meine (nunmehr vollständigen) Kontaktdaten und Kontoverbindung entnehmen Sie bitte diesem Briefpapier. Mit freundlichen kollegialen Grüßen ...“

Im Briefkopf des Schreibens war nunmehr auch der IBAN der neuen Bankverbindung vollständig angegeben.

Trotz dieser Bekanntgabe zahlte die Klägerin die zweite Vergleichsrate Ende Februar 2015 auf das ursprüngliche Anderkonto des Beklagtenvertreters. Auf diesem Konto wurde der Betrag am 27. Februar 2015 gutgeschrieben.

Mit Schreiben vom 9. März 2015 informierte ein Mitglied der früheren Kanzleigemeinschaft des Beklagtenvertreters den Klagevertreter darüber, dass ein Betrag in Höhe von 10.000 EUR mit der Widmung „Vergleich“ unter Bekanntgabe der Geschäftszahl des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien auf seinem Anderkonto eingegangen sei. Dabei handle es sich um einen Akt seines ehemaligen Kanzleikollegen, welcher Anfang Februar einen Kanzleiwechsel vorgenommen habe. Es werde um Bekanntgabe ersucht, ob der Betrag an den Beklagtenvertreter weiterzuleiten sei.

Der Klagevertreter rief darauf den Beklagtenvertreter an, der ihm mitteilte, dass er die Beklagte nicht mehr vertrete. Der Klagevertreter telefonierte in der Folge mit einem Partner der neuen Beklagtenvertreterin, einer OG. Dieser, der nunmehrige Beklagtenvertreter, gab dem Klagevertreter mit E‑Mail vom 10. März 2015 bekannt, dass die Beklagte seit 6. März 2015 von der OG vertreten werde. Die Weiterleitung des überwiesenen Betrags könne an die OG veranlasst werden. Allerdings gehe die Beklagte davon aus, dass es zu einem Terminsverlust gekommen sei. Sie habe daher ihren Vertreter mit Betreibungsmaßnahmen beauftragt.

Der Klagevertreter ersuchte das Mitglied der früheren Kanzleigemeinschaft des ursprünglichen Beklagtenvertreters um Weiterleitung des Betrags von 10.000 EUR auf das Konto der neuen Beklagtenvertreterin. Dort langte das Geld am 12. März 2015 ein.

Soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich ‑ die Klageabweisung in dem in erster Instanz mit diesem Verfahren (76 C 9/15h) verbundenen Verfahren 76 C 10/15f gegen eine Nebenintervenientin im Prozess vor dem Handelsgericht Wien bezüglich ihres Kostenanspruchs aus dem Vergleich erwuchs ebenso in Rechtskraft wie die Klagestattgebung, die sich auf eine Exekutionsführung wegen der (letztlich gezahlten) zweiten Rate über 10.000 EUR bezieht ‑ begehrt die Klägerin (noch) den Ausspruch, dass der exekutiv betriebene (Zusatz‑)Anspruch aus dem (Prämien‑)Vergleich in Höhe von 10.957,97 EUR samt kapitalisierten Zinsen und Kosten (insgesamt: 21.536,34 EUR) erloschen sei.

Die Klägerin habe die Ratenzahlungen, wie im Prämienvergleich vereinbart, auf das ihr bekannt gegebene Einzahlungskonto des Beklagtenvertreters überwiesen. Auf diesem Konto sei auch die zweite Rate vollständig und rechtzeitig eingelangt. Sie habe daher den Prämienvergleich erfüllt. Der Wechsel des Einzahlungskontos und die Weiterleitung des Vergleichsbetrags an den neuen Beklagtenvertreter sei nicht in der Sphäre der Klägerin gelegen. Die Bankverbindung des damaligen Beklagtenvertreters habe sich im Februar 2015 geändert. Die durch diese Änderung bewirkte Gefahr ‑ bei einer Änderung der Bankverbindung typischerweise eine Verzögerungsgefahr - also genau jene Gefahr, die sich im vorliegenden Fall verwirklicht habe, trage gemäß § 907a Abs 1 ABGB der Gläubiger. Im Sinne der im redlichen Geschäftsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche hätte die Klägerin darauf hingewiesen werden müssen, dass sich die Bankverbindung und später auch die Rechtsvertretung geändert habe. Im Übrigen sei bei einer geringfügigen Überschreitung der Leistungsfrist bei der Vergleichserfüllung der Eintritt der Verzugsfolgen nach Lehre und Rechtsprechung nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte wendet ein, sie habe die Klägerin rechtzeitig über einen verkehrsüblichen Bankverbindungs-wechsel informiert. Dennoch habe die Klägerin die zweite Vergleichsrate nicht auf das neue Bankkonto gezahlt. Dadurch sei Terminsverlust eingetreten. Der betriebene Anspruch bestehe somit zu Recht. Die neue Kontoverbindung sei dem Klagevertreter schriftlich unter Angabe der Geschäftszahl des Titelverfahrens und damit ausdrücklich bekanntgegeben worden. Durch die am 27. Februar 2015 veranlasste Überweisung auf die alte Kontoverbindung habe die Klägerin nicht schuldbefreiend geleistet. Eine Gefahrenerhöhung beim Gläubiger sei nicht eingetreten. Die Mitteilung von der Änderung der Bankverbindung sei bereits 16 Tage vor Fälligkeit der zweiten Rate erfolgt. Von einem bloß geringfügigen Überschreiben der Leistungsfrist könne keine Rede sein.

Das Erstgericht wies das den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende (restliche) Oppositionsbegehren ab. Solange der Klägerin ein Vertreterwechsel nicht bekanntgegeben worden sei, habe sie schuldbefreiend an den ursprünglichen Beklagtenvertreter leisten können. Gemäß § 907a Abs 1 ABGB sei eine Geldschuld am Wohnsitz oder an der Niederlassung des Gläubigers zu erfüllen, und zwar durch Übergabe des Geldbetrags oder durch Überweisung auf ein vom Gläubiger bekanntgegebenes Bankkonto. Das Einzahlungskonto sei der Klägerin schon durch Aufdruck der Kontoverbindung auf den Schriftsätzen des früheren Beklagtenvertreters bekannt gegeben worden. Die erste Rate sei daher vergleichskonform bezahlt worden. Durch das Ausscheiden des Beklagtenvertreters aus der früheren Kanzleigemeinschaft habe sich seine Bankverbindung geändert. Sowohl diesen Umstand als auch die Verlegung des Kanzleisitzes habe der frühere Beklagtenvertreter dem Klagevertreter rechtzeitig mitgeteilt. Zwar trage gemäß § 907a Abs 1 zweiter Satz ABGB der Gläubiger im Fall einer Änderung der Bankverbindung nach Entstehen der Forderung die dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten der Erfüllung. Im vorliegenden Fall sei jedoch rechtzeitig und unzweifelhaft eine neue, gleichwertige und verkehrsübliche Kontoverbindung bekannt gegeben worden. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht des früheren Beklagtenvertreters sei nicht ersichtlich. Eine Gefahrenerhöhung habe nicht stattgefunden. Der Einwand, dass die Leistungsfrist nur geringfügig überschritten worden sei, gehe ins Leere. Zwar sei die Geltendmachung eines vereinbarten Terminsverlusts wegen Nichterfüllung eines Prämienvergleichs bei bloß geringfügiger Überschreitung der Leistungsfrist nicht gerechtfertigt. Eine Verzögerung von 12 Tagen könne jedoch nicht mehr als geringfügig angesehen werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und erklärte die Revision für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 907a Abs 1 ABGB, insbesondere zur Frage der Gefahrenerhöhung bei nachträglicher Änderung der Bankverbindung, vorliege.

Mit ihrer Revision strebt die Klägerin erkennbar eine Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Umfang der Abweisung der Oppositionsklage bezüglich eines Begehrens von 10.957,97 EUR samt Zinsen und Kosten im Sinne einer Klagestattgebung an.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt die Auffassung, aus dem Wortlaut des § 907a Abs 1 Satz 2 ABGB sei zweifelsfrei abzuleiten, dass jede Änderung einer Bankverbindung mit einer Gefahrenerhöhung, für die der Gläubiger ‑ hier die Beklagte ‑ die Verzögerungsgefahr trage, verbunden sei. Ferner hält die Revision daran fest, dass es sich um ein bloß geringfügiges Überschreiten der Zahlungsfrist handle, das den Eintritt des Terminsverlusts nicht rechtfertige. Die Klägerin habe im Übrigen ohnedies auf das ihr bekannt gegebene Konto geleistet.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Einzahlung der zweiten Rate auf das ursprünglich bekannt gegebene Konto des früheren Beklagtenvertreters nicht schuldbefreiend war.

1.1 Schon nach der Rechtslage vor dem Zahlungsverzugsgesetz (ZVG; BGBl I 2013/50) entsprach es Lehre und Rechtsprechung, dass der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung bei Einverständnis des Gläubigers auf ein bestimmtes Konto überweisen kann. Ein Einverständnis des Gläubigers liegt vor allem bei Mitteilung der Kontonummer vor, sei es durch Bekanntgabe auf Geschäftspapieren, Rechnungen, Übersendung von Erlagscheinen etc (Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 907a Rz 15 mwN).

1.2 Zwischen den Parteien ist daher gar nicht strittig, dass die Klägerin durch die Bekanntgabe der Kontoverbindung des früheren Beklagtenvertreters auf seinem Briefpapier ermächtigt wurde, die im Prämienvergleich festgelegten Raten auf dieses Konto zu überweisen. Daraus folgt ‑ ebenfalls unstrittig ‑ dass die erste Rate, die auf dieses bekannt gegebene Konto überwiesen wurde, fristgerecht gezahlt wurde.

1.3 Aus § 907a Abs 1 Satz 2 ABGB in der hier anzuwendenden Fassung des ZVG, das die Zahlungsverzugs‑RL 2011/7/EU umsetzt (vgl dazu Stabentheiner, Die Neuregelung der Geldschuld durch das Zahlungsverzugsgesetz, JBl 2013, 205 [206]), ist abzuleiten, dass der Gläubiger seine Bankverbindung bis zur Erfüllung jederzeit ändern kann, selbst wenn im Vertrag mit dem Schuldner ein bestimmtes Konto als Zahlungsziel festgelegt ist (Binder/Kolmasch in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 907a Rz 23).

1.4 Entgegen der Auffassung der Revision hatte das Schreiben des früheren Beklagtenvertreters vom 12. Februar 2015, mit welchem er seine neue Kontoverbindung bekanntgab, und das Schreiben vom 18. Februar 2015, mit welchem eben diese Kontoverbindung um die letzte Zahl des IBAN präzisiert wurde, keinen erkennbaren anderen Zweck als die Bekanntgabe einer Änderung der Kontoverbindung.

1.5 Daraus folgt aber, dass die Klägerin ab Bekanntgabe der neuen Kontoverbindung mit schuldbefreiender Wirkung nur noch entweder durch Barzahlung an den früheren Beklagtenvertreter (die im Prämienvergleich nicht ausgeschlossen wurde) oder durch Überweisung auf das neue Konto leisten konnte.

2. Den Vorinstanzen ist auch darin zu folgen, dass sich im konkreten Fall durch die Änderung der Kontoverbindung eine zu Lasten des Gläubigers gehende Gefahrenerhöhung nicht verwirklichte.

2.1 Im neuen Regelungsgefüge des § 907a ABGB wurde die Geldschuld als Bringschuld ausgestaltet (zur Entstehungsgeschichte ErlRV 2111 BlgNR 24. GP  10 f). Im hier vorliegenden Fall eines im Vorhinein bestimmten Fälligkeitstermins ist somit ‑ dem Inhalt des Vergleichs entsprechend ‑ bei Erteilung eines Überweisungsauftrags die Gutschrift (Wertstellung) auf dem Gläubigerkonto für die Rechtzeitigkeit der Zahlung maßgeblich (Stabentheiner, JBl 2013, 205 [215]).

2.2 § 907a Abs 1 ABGB lautet wörtlich:

„Eine Geldschuld ist am Wohnsitz oder an der Niederlassung des Gläubigers zu erfüllen, indem der Geldbetrag dort übergeben oder auf ein vom Gläubiger bekanntgegebenes Bankkonto überwiesen wird. Haben sich nach der Entstehung der Forderung der Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers oder dessen Bankverbindung geändert, so trägt der Gläubiger eine dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten für die Erfüllung.“

 

2.3 Der hier maßgebende zweite Satz des neu eingefügten § 907a Abs 1 ABGB übernimmt die frühere Regelung des § 905 Abs 2 Satz 2 ABGB aF, wonach bei einer nachträglich (nämlich nach Entstehung der Geldforderung) eintretenden Änderung von Wohnsitz oder Niederlassung des Gläubigers dieser eine dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten für die Erfüllung zu tragen hat, und er erweitert diese besondere Risikotragungsregel um den Fall einer nachträglichen Änderung der Bankverbindung des Gläubigers (Stabentheiner, JBl 2013, 205 [211 f]).

2.4 Die Materialien begründen diese Erweiterung der früher in § 905 Abs 2 zweiter Satz ABGB angesiedelten Regelung damit, dass die Änderung der Bankverbindung mit einer zusätzlichen Erschwernis einhergehen kann, wenn etwa der Gläubiger bei Vertragsabschluss seine Bankverbindung bei einem inländischen Geldinstitut zur Erfüllung der Verbindlichkeit bekannt gegeben hat, diese dann jedoch etwa auf die Cayman Islands verlegt (ErlRV 2111 BlgNR 24. GP  14).

2.5 Im vorliegenden Fall besteht, anders als gemäß § 6a Abs 1 KSchG und § 15 Abs 3 MRG, keine Verpflichtung des Gläubigers, eine verkehrsübliche Bankverbindung (grundsätzlich jede Bankverbindung in einem EU‑Mitgliedstaat ‑ vgl Stabentheiner, JBl 2013, 205 [221]) anzugeben. Die Auffassung der Klägerin, die Bezugnahme auf eine durch die Änderung der Bankverbindung bewirkte Gefahrenerhöhung mache keinen Sinn, schränke man den Fall einer „Gefahrenerhöhung“ nur auf die Bekanntgabe einer nicht verkehrsüblichen Bankverbindung ein, ist daher nicht zutreffend.

2.6 Hat nun der Gläubiger ein verkehrsübliches Bankkonto bekannt gegeben und änderte er die Bankverbindung später in ein ebenfalls verkehrsübliches Bankkonto, so ist jedenfalls hinsichtlich des Untergangs der Leistung keine Gefahrenerhöhung eingetreten. Eine Verzögerungsgefahr ist jedoch auch bei Bekanntgabe einer verkehrsüblichen neuen Bankverbindung nicht generell ausgeschlossen (vgl Reischauer in Rummel/Lukas ABGB4 § 907a Rz 48).

Der Revision ist daher zuzugestehen, dass das in den Materialien genannte plakative Beispiel (Verlegung der Bankverbindung zu einem Bankinstitut auf die Cayman Islands) keine Aussage darüber trifft, ob § 907a Abs 1 Satz 2 ABGB nicht auch Fälle einer Verzögerungsgefahr umfasst, die bei Bekanntgabe einer verkehrsüblichen neuen Bankverbindung auftreten können. Eine in diesem Sinn maßgebliche Gefahrenerhöhung könnte etwa dann vorliegen, wenn dem Schuldner die Änderung der Kontoverbindung knapp vor dem Fälligkeitstag mitgeteilt wurde und er die für die Durchführung der Überweisung zuständige Abteilung seines Unternehmens seinerseits noch informieren muss.

2.7 Auf eine derartige Verzögerungsgefahr kann sich jedoch die Klägerin nicht berufen:

Ihr wurde die Änderung der Bankverbindung bereits mit Schreiben vom 12. Februar 2015, präzisiert hinsichtlich des neuen IBAN mit Schreiben vom 18. Februar 2015, somit auch unter Einrechnung des Postlaufs so rechtzeitig bekanntgegeben, dass sie noch problemlos durch Überweisung auf das neue Konto hätte disponieren können. Überdies hätte sie auch von der Ermächtigung zur Einzahlung auf das bekannt gegebene Konto nicht Gebrauch machen müssen. Sie hätte auch Barzahlung wählen können (Reischauer in Rummel/Lukas ABGB4 § 907a Rz 20).

Tatsächlich wurde die Verspätung der Zahlung aber gerade nicht dadurch ausgelöst, dass sich die Erteilung eines Überweisungsauftrags an die neue Bank wegen der Knappheit der Bekanntgabe nicht mehr „ausgegangen“ wäre, sondern beruhte erkennbar darauf, dass der Klägerin die Änderung der Bankverbindung entweder von ihrem Vertreter nicht bekannt gegeben wurde, oder sie diese Änderung trotz ihrer Bekanntgabe nicht zur Kenntnis nahm. Darauf, dass der Klagevertreter die Klägerin nach Abschluss des Vergleichs nicht mehr vertreten hat und daher die Bekanntgabe der Kontoverbindung an die Klägerin selbst hätte erfolgen müssen, hat sich die Klägerin in ihrer Oppositionsklage nicht gestützt. Ebenso wenig hat sie behauptet, dass die Verzögerung wäre darauf zurückzuführen gewesen, der Klagevertreter die Bekanntgabe der Änderung der Bankverbindung erst an die zahlungspflichtige Klägerin weiterleiten musste.

2.8 Der hier von der Klägerin thematisierte Vertreterwechsel bei der Beklagten steht mit der Verzögerung der Zahlung in keinem Zusammenhang: Auch ohne Vertreterwechsel wäre die Weiterleitung verspätet erfolgt.

3. Zutreffend ist auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass keine bloß geringfügige Überschreitung der Leistungsfrist vorliegt (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs führen geringfügige Verzögerungen oder Ungenauigkeiten bei der Leistungserbringung wegen des sonstigen Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht zum Terminsverlust bei einem Prämienvergleich (vgl RIS‑Justiz RS0108837).

Mit den bisher von der Rechtsprechung noch als geringfügig erachteten Überschreitungen (zB 1 Ob 193/99k und 4 Ob 259/02w ‑ Verzögerung von vier Tagen; 3 Ob 226/12z ‑ Verzögerung von einem Tag) lässt sich eine Verzögerung von immerhin 12 Tagen nicht vergleichen. Es handelt sich auch nicht um eine geringfügige Minderzahlung (vgl 3 Ob 2212/96g SZ 70/165). Vielmehr wurde die gesamte zweite Rate des innerhalb von zwei Monaten in zwei Raten zu erfüllenden Prämienvergleichs um 12 Tage verspätet gezahlt.

4. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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