OGH 1Ob193/99k

OGH1Ob193/99k25.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sparkasse N***** Aktiengesellschaft, *****vertreten durch Dr. Heimo Fürlinger und Mag. Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Alwin K*****, vertreten durch Dr. Günter Geusau, Rechtsanwalt in Wels, wegen 400.000 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. März 1999, GZ 4 R 54/99k, 55/99g-40, womit das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 30. November 1998, GZ 3 Cg 120/95p-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die vorinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 400.000 S samt 10,25 % Zinsen seit 1. Dezember 1994 zu zahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 143.266,20 S (darin 23.877,70 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit 39.842,80 S (darin 4.873,80 S Umsatzsteuer und 10.600 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 30.800 S (darin 2.925 S Umsatzsteuer und 13.250 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Bank-Aktiengesellschaft gewährte dem Beklagten, einem in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen deutschen Staatsangehörigen, am 14. Juni 1991 einen in Monatsraten von 30.000 S abzustattenden Hypothekarkredit zur Anschaffung einer Liegenschaft, zu dessen Besicherung auf dieser Liegenschaft ein Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 3,6 Mio S einverleibt wurde, sowie einer später in Konkurs geratenen Gesellschaft mbH (im folgenden nur Gesellschaft), bei der der Sohn des Beklagten tätig war, einen Rahmenkredit; für diesen räumte der Beklagte der klagenden Partei auf seiner Liegenschaft die Sachhaftung ein.

Am 4. Oktober 1993 schlossen die Streitteile im Rechtsstreit über die auf Zahlung von 90.400 S sA gerichtete Hypothekarklage der hier klagenden Bank - in welchem die Fälligstellung des Hypothekarkredits wegen Nichtzahlung von Raten vorgebracht und vom Beklagten u.a. mangelnde Fälligkeit eingewendet worden war - nachstehenden gerichtlichen Vergleich:

"1.) Die beklagten Parteien (Anm.: Beklagter des vorliegenden Verfahrens und ein hier nicht belangter Dritter) verpflichten sich zur ungeteilten Hand, der klagenden Partei den Betrag von S 90.000 zuzüglich der mit S 18.581,37 verglichenen Prozesskosten binnen 14 Tagen ... zu bezahlen.

2.) Falls die beklagten Parteien sämtliche bisher auf den Kreditrahmen aushaftenden Beträge binnen 14 Tagen zur Einzahlung bringen, verpflichtet sich die klagende Partei, das Kreditverhältnis fortzusetzen. Unter den offenen Beträgen sind die rückständigen Raten seit März 1993 sowie die im Punkt 1.) genannten Prozesskosten zu verstehen.

3.) Falls die klagende Partei aufgrund der Säumigkeit der beklagten Parteien das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der Liegenschaft ... einleitet, verpflichten sich die beklagten Parteien, sämtliche auflaufenden Exekutionskosten (einschließlich Ediktal- und Schätzungskosten) binnen 14 Tagen nach Vorschreibung bzw gerichtlicher Festsetzung auch über den Haftungshöchstbetrag von 3,6 Mio S zu bezahlen bzw zu ersetzen.

4.) Soferne die beklagten Parteien ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Kosten gemäß Vergleichspunkt 1.) und 3.) nachkommen, erklärt die klagende Partei, die beklagten Parteien mit Beendigung des Versteigerungsverfahrens aus der Haftung aus sämtlichen abgeschlossenen Kreditverträgen zu entlassen."

Beim Vergleichsabschluss wurden die einzelnen Punkte erörtert; nachdem Punkt 4.) diktiert worden war, wurden nochmals erörtert, ob dieser Vergleichspunkt umformuliert werden und auch darin die 14tägige Zahlungsfrist Aufnahme finden sollte. Die Vergleichsparteien erachteten dies nicht als notwendig, weil dies ohnehin klar hervorgehe.

Die klagende Partei belastete das bei ihr geführte Kreditkonto des Beklagten am 25. Oktober 1993 mit 18.581,37 S (Kosten laut Vergleichspunkt 1.). Mangels Zahlung iSd Vergleichspunkte 1.) und 2.) bewilligte das zuständige Exekutionsgericht über Antrag der klagenden Partei vom 27. Oktober 1993 mit Beschluss vom 8. November 1993 die Zwangsversteigerung der Liegenschaft des Beklagten. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1993 ersuchte der Klagevertreter den Beklagtenvertreter, dessen Mandanten zu veranlassen, den Kostenvorschuss von 30.000 S zuzüglich der mit Beschluss vom 8. November 1993 bestimmten Kosten von 3.922,21 S binnen 14 Tagen zu überweisen. Schon am 3. Dezember 1993 belastete aber die klagende Partei das Kreditkonto des Beklagten mit 30.000 S. Am 7. Dezember 1993 langte bei der klagenden Partei bereits der vom Beklagten gezahlte Betrag von 30.000 S (Kostenvorschuss) ein. Die klagende Partei erlegte den Kostenvorschuss beim Exekutionsgericht.

Der Beklagte unterstellte, dass nicht der gesamte Kostenvorschuss durch Barauslagen aufgezehrt werden würde, und merkte sich deshalb in der Folge die ihm bekannt gegebenen Exekutionskosten vor. Beim Versteigerungstermin am 17. November 1994 wurde die Liegenschaft dem Ersteher um das Meistbot von 3,22 Mio S zugeschlagen.

Mit Schreiben vom 29. November 1994 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, dass weder dessen Mandant noch der im Vergleich ferner verpflichtete Dritte in der Zwischenzeit die laufenden Exekutionskosten innerhalb der vorgesehenen 14tägigen Frist beglichen hätten, weshalb beide aus aus ihrer Verpflichtung aufgrund der seinerzeitigen Kreditverträge nicht entlassen werden könnten. Da aber noch nicht feststehe, welcher Betrag aus der Versteigerung der klagenden Partei zukommen werde, sei er noch nicht in der Lage, die Forderung ziffernmäßig zu präzisieren; es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass der Differenzbetrag zwischen dem Haftungshöchstbetrag von 3,6 Mio S und dem zugewiesenen Betrag zuzüglich der Verfahrenskosten andererseits geltend gemacht werde, wobei die Summe in der Größenordnung von 500.000 S liegen dürfte. Im Zeitraum zwischen dem Schreiben des Klagevertreters vom 1. Dezember 1993 und dessen Schreiben vom 29. November 1994 ergingen an den Beklagten weder Zahlungsaufforderungen noch Mahnungen: "Die Klägerin wollte nämlich die Beendigung des Zwangsversteigerungsverfahrens abwarten. Es war nämlich nicht abzuschätzen, welcher Versteigerungserlös erzielt wird und ob dann noch eine Restforderung überhaupt offen ist".

Noch ehe der Beklagte vom Schreiben des Klagevertreters vom 29. November 1994 Kenntnis erlangt hatte, überprüfte er sämtliche Kosten und Barauslagen und gelangte zum Ergebnis, dass einschließlich der Kosten von 18.581,37 S laut Vergleichspunkt 1.) und unter Bedachnahme auf den von ihm als Kostenvorschuss überwiesenen Betrag von 30.000 S noch 20.744,36 S offen seien; er übermittelte dem Klagevertreter deshalb einen Verrechnungsscheck über diesen Betrag, der bei diesem am 5. Dezember 1994 einlangte. An Überweisungsspesen waren 161,86 S entstanden, um welche der klagenden Partei weniger überwiesen wurde. Dem Beklagten war dieser Umstand nicht bekannt. Der Beklagte hatte in seiner Aufstellung die Kosten des Vollstreckungsorgans für die Schätzung am 22. März 1994 von 217 S nicht berücksichtigt, die nach Zustellung der gerichtlichen Zahlungsaufforderung an den Klagevertreter am 31. März 1994 bei der klagenden Partei eingehoben wurden. Das Exekutionsgericht überwies mit Beschluss vom 8. Februar 1995 den nicht verbrauchten Kostenvorschuss von 4.553 S an den Klagevertreter zurück und bestimmte mit Beschluss vom 15. März 1995 - dem Beklagten am 21. März 1995 zugestellt - die Kosten des Klagevertreters für die Beteiligung am Versteigerungstermin vom 17. November 1994 mit 3.809,70 S sowie die Kosten seines Antrags vom 5. Oktober 1994 mit 2.793,78 S. Das Exekutionsgericht wies das Meistbot von 3,22 Mio S zuzüglich der Meistbotszinsen von 11.399,51 S zur Gänze der klagenden Partei zu. Der Beklagte überwies am 29. März 1995 den Betrag von 6.603,48 S an den Beklagtenvertreter, der ihn am 5. April 1995 an den Klagevertreter weiterleitete.

Die klagende Partei klagte nun die durch das Meistbot nicht gedeckte Restkreditforderung in einem Teilbetrag von 400.000 S s.A. gegen den Beklagten ein.

Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang das Klagebegehren mit der Begründung ab, die im Vergleichspunkt 4.) vereinbarte Entlassung des Beklagten aus der Haftung - auf die sich dieser berief - sei wirksam geworden. Die klagende Partei hätte, nachdem der Beklagte mit seiner Leistung in Verzug geraten sei, gemäß § 918 ABGB auf Erfüllung bestehen oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten müssen. Sie habe dementgegen die verspätete Leistung angenommen und bis zum Abschluss der Zwangsversteigerung geschwiegen, sodass der Eindruck entstanden sei, die klagende Partei habe sich die Haftung des Beklagten für den Fall sozusagen reservieren wollen, dass die Zwangsversteigerung nicht den gewünschten Erfolg zeitige; dies widerspreche Treu und Glauben. Mit dem Vergleich sei angestrebt worden, dass der Beklagte die Prozess- und Exekutionskosten trage, sodass sie nicht auch noch aus dem Versteigerungserlös bestritten werden müssten. Es sei somit gewiss der Erstattung dieser Kosten größere Bedeutung beigemessen worden als der exakten Einhaltung der Zahlungsfrist. Wäre dieser jener Stellenwert zugemessen worden, den ihr nun die klagende Partei beimessen wolle, so hätte sie den Beklagten darauf jedenfalls hinweisen und dies hätte auch im Vergleich deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dies sei nicht geschehen; der Beklagte habe sämtliche Kosten bezahlt.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf. Der Beklagte sei seinen Verpflichtungen zur Zahlung der Kosten gemäß den Vergleichspunkten 1.) und 3.) nicht zur Gänze und nicht innerhalb der vereinbarten 14tägigen Frist nach Vorschreibung bzw gerichtlicher Festsetzung nachgekommen. Die Scheckzahlung sei nach dem Inhalt des Vergleichs nicht vereinbart gewesen, eine entsprechende Vereinbarung außerhalb dieses Vergleichs sei vom Beklagten nicht behauptet worden. Im Zweifel gelte ein Scheck bloß als zahlungshalber gegeben, sodass Erfüllung erst eintrete, wenn der Gläubiger den Gegenwert des Schecks erhalte. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten und in Übereinstimmung mit den von ihm angestellten Berechnungen den Vergleich dahin auslege, dass die 14tägigen Zahlungsfristen erst mit dem Tag der Zuschlagserteilung zu laufen begonnen hätten, sei die Zahlung mittels Verrechnungsschecks, über den der Klagevertreter erstmals am 5. Dezember 1994 habe verfügen können, außerhalb dieser Frist und damit verspätet erfolgt.

Im zweiten Rechtsgang gaben die Vorinstanzen dem Klagebegehren statt, weil sie - soweit hier von Bedeutung - die Einwendung des Beklagten, er habe sämtliche Kosten beglichen, nicht als stichhältigen Grund für seine Entlassung aus der Haftung gemäß Punkt 4.) des Vergleichs beurteilten.

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Kollisionsrechtliche Fragen stellen sich in diesem Rechtsstreit nicht. Schon im ersten Rechtsgang vertrat das Berufungsgericht zutreffend die Auffassung, dass auf den streitwesentlichen Sachverhalt nach dem Grundsatz der stärksten Beziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) österreichisches Recht anzuwenden sei.

Der gerichtliche Vergleich hat gleichermaßen den Charakter eines zivilrechtlichen Vertrages und einer Prozesshandlung (SZ 40/115, SZ 54/14, SZ 70/120 uva). Streitigkeiten über die Frage, ob ein gerichtlicher Vergleich (nach seinem richtigen materiellrechtlichen Verständnis, hier also, ob nach seinem Inhalt sämtliche Voraussetzungen für die Entlassung des Beklagten aus der Haftung für alle offenen Kreditverbindlichkeiten vorliegen) eingehalten wurde, sind als Streit über die materiellrechtliche Hauptfrage mit Urteil in einem neuen selbständigen Rechtsstreit zu entscheiden (6 Ob 641/86). Der Vergleich vom 4. Oktober 1993 stellt inhaltlich einen "Prämienvergleich" dar, in dem als Bedingung für die Entlassung des Beklagten aus seiner Haftung für sämtliche Kreditverbindlichkeiten an die klagende Partei gemäß Punkt 4.) die fristgerechte Zahlung der bereits bestimmten Kosten des Verfahrens, in dem der Vergleich geschlossen worden war, und der erst zu bestimmenden Kosten des künftigen Liegenschaftsexekutionsverfahrens festgelegt wurde.

Nach der Rechtsprechung (SZ 38/49; ÖBA 1988, 163; jüngst wieder 9 ObA 38/99z) können die für den Terminsverlust vereinbarten Folgen regelmäßig schon bei verhältnismäßig geringfügigen Verzögerungen geltend gemacht werden, wenn dem Schuldner im Vergleichsweg ein Nachlass für den Fall gewährt wurde, dass er seinen im Vergleich übernommenen Verpflichtungen fristgerecht nachkommt.

Demgegenüber vertritt die Lehre (Stanzl in Klang2, IV/1 698; Mayrhofer in Ehrenzweig3, SchR AT 377; Binder in Schwimann, ABGB2 § 904 Rz 4) den Standpunkt, der Gläubiger verstoße gegen Treu und Glauben, wenn er auf dem Terminsverlust beharre, obgleich dem Schuldner bei Erbringung der Leistung bloß geringfügige Ungenauigkeiten bzw Verzögerungen unterlaufen sind; Terminsverlust trete daher nicht ein. Auch für den deutschen Rechtsbereich wird die Auffassung vertreten, es wäre Rechtsmissbrauch, wenn an einen geringfügigen, letztlich folgenlos gebliebenen Verstoß weitreichende Folgen geknüpft würden (Roth in MünchK BGB3 § 42 Rz 438; Heinrichs in Palandt, BGB59 § 242 Rz 53 mwN).

Der Oberste Gerichtshof schloss sich (in RdW 1989, 301) dieser Ansicht an: Der Terminsverlust wäre eine unangemessene Sanktion, sei es etwa nur wegen Differenzen in der Auslegung der Vereinbarung zum Zahlungsverzug mit einem verhältnismäßig geringen Wertsicherungsbetrag gekommen. Von vergleichbaren Erwägungen ist auch die Entscheidung JBl 1988, 108, getragen, nach der der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen ist, wenn nur noch ein ganz unwesentlicher Teil der Leistung des Verkäufers ausständig ist.

In jüngster Zeit beurteilte der Oberste Gerichtshof im Fall eines Prämienvergleichs, in dem - ebenso wie hier - mangels Vereinbarung von Teilleistungen kein Terminsverlust vorlag, die Ausnutzung einer ganz geringfügigen, auf einen Rechenfehler zurückzuführenden Minderzahlung, die sogleich nach dessen Bekanntwerden nachgeholt worden war, durch den Gläubiger als unzulässig (SZ 70/165): Auch wenn eine § 242 BGB, nach dem der Schuldner verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie dies Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern, entsprechende Bestimmung im österreichischen Recht nicht unmittelbar positiviert sei, seien doch die gesetzlichen Wertungen in vergleichbaren Fällen zur Beurteilung heranzuziehen. So schließe § 39a VersVG die in den §§ 38 und 39 VersVG an den Prämienverzug geknüpfte Leistungsfreiheit des Versicherers aus, wenn der Versicherungsnehmer bloß mit nicht mehr als 10 % der Jahresprämie, höchstens aber mit 800 S in Verzug ist; schon vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (BGBl 1994/509) sei von der Rechtsprechung die Leistungsfreiheit bei geringfügigem Prämienverzug nicht generell bejaht worden. Auch § 53 Abs 4 AO und § 156 Abs 4 KO, nach welchen Bestimmungen bei Verzug des Schuldners eine qualifizierte Mahnung erforderlich ist, könne die gesetzliche Wertung entnommen werden, dass ein geringfügiger Verzug im allgemeinen noch nicht zu so weitreichenden Rechtsfolgen für den Schuldner führen solle. Es könne grundsätzlich nicht angenommen werden, dass die Parteien der Vereinbarung für den Fall geringfügiger Abweichungen von der danach gebotenen Erfüllung andere als dem Gesetz zu entnehmende Wertungen zugrunde gelegt hätten.

Diese Überlegungen, denen der erkennende Senat uneingeschränkt beitritt, können auch im vorliegenden Fall, in dem es allerdings nicht um eine Zahlung geht, mit der die Schuldtilgung um ein Geringfügiges verfehlt wurde, sondern um eine geringfügige Überschreitung der bedungenen Leistungsfrist, angesichts der gleichen Interessenlage fruchtbar gemacht werden:

Die in diesem Rechtsstreit allein zu beurteilende Zahlungspflicht des Beklagten erstreckte sich einerseits auf die (schon bekannten) Kosten jenes Streitverfahrens, in dem der Vergleich zustande gekommen war (Vergleichspunkt 1.), und zum anderen auf die Kosten des einzuleitenden Zwangsversteigerungsverfahrens (Vergleichspunkt 3.). Vergleichspunkt 1 verpflichtete den Beklagten zur Zahlung der Kosten des Rechtsstreits von 18.581,37 S binnen 14 Tagen. Diese Leistungsfrist hielt der Beklagte zwar nicht ein, die klagende Partei belastete indes das bei ihr geführte Kreditkonto des Beklagten wenige Tage später mit diesem Betrag, ohne daraus weitere Konsequenzen abzuleiten, sodass ihr Verhalten in diesem Zusammenhang bei sachgerechter Deutung nur so verstanden werden kann, dass sie diese "Zahlung" als rechtzeitig ansah. Sie erblickte auch in ihrem Schreiben vom 29. November 1994 darin keinen Anlass dafür, den Beklagten deshalb nicht aus seiner Haftung zu entlassen.

Im Vergleichspunkt 3. verpflichtete sich der Beklagte, die in dem - augenscheinlich als nicht vermeidbar angesehenen - Zwangsversteigerungsverfahren auflaufenden Kosten "binnen 14 Tagen nach Vorschreibung bzw gerichtlicher Festsetzung auch über den Haftungshöchstbetrag von 3,6 Mio S zu bezahlen bzw zu ersetzen". Mit Schreiben vom 1. Dezember 1993 forderte die klagende Partei den Beklagten zur Zahlung eines ihr aufgetragenen Kostenvorschusses von 30.000 S sowie mittlerweile bestimmter Exekutionskosten von 3.922,21 S binnen 14 Tagen auf, belastete indes schon zwei Tage später das Kreditkonto des Beklagten mit S 30.000, obwohl die im Vergleich bzw der Zahlungsaufforderung genannte Frist noch nicht abgelaufen war (sofern sie überhaupt schon in Gang gesetzt war). Wenige Tage später überwies der Beklagte auch den zum Erlag des Kostenvorschusses eingeforderten Betrag, ohne dass festgestellt wäre, die klagende Partei habe deshalb das Kreditkonto des Beklagten dementsprechend entlastet. Der Beklagte durfte im Übrigen davon ausgehen, dass er - trotz des Wortlauts des Vergleichspunktes 3. - zur unmittelbaren Erstattung der Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens erst dann verhalten sein sollte, wenn feststand, dass die betriebene Forderung einschließlich dieser Kosten das erzielte Meistbot übersteigt; das war erst nach Erteilung des Zuschlags im Versteigerungstermin vom 17. November 1994 möglich, bei dem der Beklagte anwesend war. Das ergibt sich letztlich bei interessengerechter Deutung schon aus dem Brief des Klagevertreters vom 29. November 1994, mit dem dieser dem Beklagtenvertreter eröffnete, die klagende Partei sei - selbst bereits zwölf Tage nach dem Versteigerungstermin - noch immer nicht in der Lage, ihre Ansprüche zu präzisieren, vor allem aber aus dem Verhalten der klagenden Partei, indem sie das Kreditkonto des Beklagten ganz offenkundig in der Absicht, die Zahlungen des Beklagten bis zur Feststellung ihres Ausfalls bei der Versteigerung auf diese Weise zu bewerkstelligen, jeweils mit den aufgelaufenen Kosten belastete. Dieser Schluss wird noch dadurch bekräftigt, dass die klagende Partei den Beklagten in der Zeit zwischen dem Schreiben vom 1. Dezember 1993 und vom 29. November 1994 niemals zur Zahlung aufforderte, mahnte oder darauf aufmerksam machte, dass er sich bereits in vergleichsrelevantem Zahlungsverzug befindet (vgl Ersturteil, S 7).

Durch die Überweisung eines Betrags von 30.000 S durch den Beklagten an die klagende Partei entstand auch für diesen ein Guthaben, in welchem die weiteren Kosten (3.922,21 S, 161,86 S und 217 S) schon vor Fälligkeit der Erstattungsforderung der klagenden Partei Deckung fanden.

Dem Beklagten war nach dem Vergleich eine bestimmte Zahlungsweise nicht aufgegeben: Die Zahlung mittels Verrechnungsschecks (Art 39 SchG) war ihm nicht verboten. Der Scheck dient dem Zahlungsverkehr, ist jedoch kein gesetzliches Zahlungsmittel (Harrer/Heidinger in Schwimann aaO § 1413 Rz 7 mwN). Er muss daher vom Geldgläubiger zur Schuldtilgung nicht angenommen werden (WBl 1987, 313 ua). Auch gilt der Scheck im Zweifel als bloß zahlungshalber gegeben, sodass die Erfüllung erst dann eintritt, wenn der Gläubiger den Gegenwert des Schecks erhält (SZ 53/74, SZ 61/59; zuletzt ÖBA 1998, 304). Die klagende Partei hat indes den Scheck durch ihren Rechtsfreund angenommen; das muss sie - selbst wenn es sich um einen Verechnungsscheck handelte - gegen sich gelten lassen, zumal der Scheck durch die Einlösungsverpflichtung der bezogenen Bank ohnedies gedeckt war (vgl dazu SZ 61/59).

Die lediglich durch die vom Beklagten gewählte, aber von der klagenden Partei akzeptierte Zahlungsweise ausgelöste Verzögerung der Vergleichserfüllung (im Ausmaß von vier Tagen) war derart geringfügig, dass es - iSd zitierten Rechtsprechung - nicht gerechtfertigt erschiene, die weiteren, dem Beklagten überaus abträglichen, an den Verzug geknüpften Rechtsfolgen eintreten zu lassen, zumal der Beklagte mehr, als er in der Tat schuldete, gezahlt hat, ist doch der klagenden Partei vom erlegten Kostenvorschuss ein nicht verbrauchter Rest von 4.553 S rücküberwiesen worden. Wenn auch Vereinbarungen, mit welchen dem Schuldner ein Nachlass gewährt wird, streng auszulegen sind, so sind im vorliegenden Fall bei Bedachtnahme auf die gesetzlichen Wertungen doch jene Voraussetzungen eingetreten, bei deren Vorliegen die klagende Partei den Beklagten aus der Haftung aus sämtlichen Kreditverträgen iSd Vergleichspunkt 4. zu entlassen hat. Allein deshalb kann dem Klagebegehren kein Erfolg bestimmt sein.

Die Frage, ob der Rücktritt von einem gerichtlichen Vergleich zulässig sei, wenn sich die Parteien dieses Recht nicht ausdrücklich oder konkludent vorbehalten haben (vgl dazu Harrer/Heidinger aaO § 1380 Rz 46 mwN), muss deshalb hier nicht gelöst werden, weil es der Nachfristsetzung nach § 918 ABGB dann nicht bedarf, wenn auf der Erfüllung des Vertrags bestanden wird. Auch die vorinstanzliche Vertragsauslegung, die bloße unrichtige Bezeichnung des der Gesellschaft eingeräumten Rahmenkredits im Hypothekarkreditvertrag schade aus im einzelnen angeführten Gründen nicht, und die klagende Partei sei berechtigt gewesen, mit dem Meistbotserlös zuerst den der Gesellschaft gewährten Rahmenkredit abzudecken, bedarf deshalb keiner näheren Überprüfung, ganz abgesehen davon, dass der Beklagte diese Frage in seinem Rechtsmittel gar nicht mehr aufwarf.

Es erübrigt sich auch, auf die vom Beklagten in seinen eigenen, anwaltlich nicht gefertigten, direkt an den Obersten Gerichtshof gerichteten und dort erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingelangten Eingaben vom 20. Juli 1999, 12. November 1999 und 25. November 1999 einzugehen; dies wäre dem Obersten Gerichtshof schon aus formellen Gründen (Einmaligkeit des Rechtsmittels) versagt (stRspr; zuletzt wieder 3 Ob 78/99p).

Aus den voranstehenden Erwägungen ist der Revision des Beklagten Folge zu geben und sind die Entscheidungen der Vorinstanzen im klageabweisenden Sinn abzuändern.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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