Spruch:
Der Berufung wegen Nichtigkeit wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis, das sonst unberührt bleibt, in der Subsumtion der Taten als Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung (§ 1 Abs 1 erster Fall DSt), somit auch im Strafausspruch aufgehoben.
Im Übrigen wird der Berufung wegen Nichtigkeit nicht Folge gegeben.
Für die ihm weiterhin zur Last liegenden Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt wird über den Disziplinarbeschuldigten eine Geldbuße von 3.500 Euro verhängt.
Mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Disziplinarbeschuldigte auf die Kassation des diesbezüglichen Ausspruchs verwiesen.
Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinarbeschuldigte der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt. Danach hat er
1./ in einem Serienbrief vom 25. November 2013, gerichtet an ca 1.000 Personen, die zumindest überwiegend nicht seine Mandanten waren, somit zur Akquisition von Mandatsverhältnissen und damit zu Werbezwecken, den zeitnahen Abschluss von Übergabsverträgen bis spätestens 31. Dezember 2013 mit der unrichtigen Behauptung empfohlen, dass ab 1. Jänner 2014 die Einheitswerte für landwirtschaftliche Flächen erheblich erhöht würden und es dadurch zu einer massiven Erhöhung der Grunderwerbssteuer und der gerichtlichen Eintragungsgebühr käme, wobei er den angesprochenen Personen zusicherte, die Übergabe des Hofes schnell und effizient zu erledigen, dies unter der unrichtigen Behauptung, die Adressaten würden sich hiedurch bis zu 30 % an Steuern und Gebühren ersparen und unter der weiteren unrichtigen Behauptung, dass ihnen das landwirtschaftliche Anwesen vom Staat nicht mehr weggenommen werden könne, falls sie pflegebedürftig und in ein Pflegeheim kommen würden, woraus den Nachkommen eine Ersparnis von bis zu 2.000 Euro erwachse, dies alles entgegen § 45 Abs 2 RL‑BA 1977, wonach Werbung insbesondere wahr zu sein hat;
2./ sich in dem zu 1./ genannten Serienbrief, somit wieder zu Werbezwecken, als den Problemspezialisten für Haus‑ und Hofübergaben in Oberösterreich bezeichnet, dies entgegen dem sich aus § 45 Abs 3 lit a RL‑BA 1977 ergebenden Verbot der Selbstanpreisung durch marktschreierische Werbung:
3./ in der Zeitschrift „Hallo Landl Nr. 248/23. Jahrgang ‑ März 2014“ auf Seite acht in einer Einschaltung mit dem Titel „Sonderseite Birek ‑ Werbung“, somit zu Werbezwecken, die weitere unrichtige Behauptung aufgestellt, dass die Fünfjahresfrist im Sinne des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes hinfällig und der Rückgriff auf übergebenes Vermögen immer möglich wäre, wenn in einem Übergabsvertrag eine „Pflegeklausel“ enthalten sei, sowie darüber hinaus weiters unrichtig behauptet, durch die wahrscheinliche Erhöhung der Grunderwerbssteuer mit 1. Jänner 2014 sei die begünstigte Weitergabe von Immobilien innerhalb der Familie, insbesondere an Kinder und Enkel, Eltern und Großeltern, Stief‑, Wahl‑ und Schwiegerkinder sowie Ehegatten und Partner gefährdet und spare eine rasche Übergabe daher bares Geld, dies alles § 45 Abs 2 RL‑BA 1977 zuwider, wonach jegliche Werbung jedenfalls wahr zu sein hat.
Der Disziplinarbeschuldigte wurde gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt zur Disziplinarstrafe einer Geldbuße in der Höhe von 5.000 Euro verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die (entgegen der Ansicht des Kammeranwalts nicht verspätete ‑ § 84 Abs 1 Z 5 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit (nominell § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) sowie des Ausspruchs über die Strafe.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung. Die vom Beschwerdeführer angestrebte rechtliche Konsequenz ist nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS‑Justiz RS0116565, RS0116569, RS0118429, RS0117321, RS0099810, RS0117247, RS0099724; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584, 588, 593; § 285d Rz 18).
Diesen Anforderungen wird das sub C erstattete Rechtsmittelvorbringen in keiner Weise gerecht und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu allen drei Schuldsprüchen sub B) der Berufung Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, ignoriert sie die Erkenntnispassagen (S 4, 10, 11), aus denen fahrlässiges Verhalten des Disziplinarbeschuldigten herauszulesen (Ratz, WK‑StPO § 281 Abs 1 Rz 19) ist.
Unter Zugrundelegung von § 467 Abs 3 StPO bleibt (vor allem zu den Bedeutungsinhalten der Angaben des Berufungswerbers) anzumerken:
Zum Schuldspruch 1./ wird im angefochtenen Erkenntnis auf Grundlage des in wörtlicher Wiedergabe des festgestellten Inhalts des vom Disziplinarbeschuldigten an rund 1.000 von ihm aus öffentlichen Adressdateien erhobenen Empfängern gerichteten Serienbriefs vom 25. November 2013 sowie vollständiger Wiedergabe der darin angesprochenen Gesetzesbestimmungen in hinreichender Deutlichkeit dargelegt und begründet, dass mit den beim empfohlenen Aufruf zur raschen Kontaktaufnahme mit dem Disziplinarbeschuldigten zwecks Unterfertigung eines Übergabevertrags noch vor dem 31. Dezember 2013 („am 01. 01. 2014 kann es zu spät sein“) als Begründung angeführten bevorstehenden Gesetzesänderungen vom Genannten eine Falschinformation erteilt wurde, die dem Wahrheitsgebot des § 45 Abs 2 RL‑BA 1977 widerstreitet. Dies gilt gleichermaßen für die dem Wahrheitsgebot zuwider stehenden, vom Disziplinarbeschuldigten dazu als akquisitorischer Anreiz noch gemachten unrichtigen Angaben über die Ersparnis von „bis zu 30 % an Steuern und Gebühren“ und die im Serienbrief enthaltene undifferenzierte, nicht näher begründete unsachliche Information vom Erzielen einer Kostenersparnis „bis zu 2.000,- Euro“.
Dem dazu vom Disziplinarbeschuldigten erhobenen Einwand einer Unzumutbarkeit der Eruierung der entsprechenden Rechtslage und eines ihm infolge diverser Publikationen, etwa durch den Bauernbund und andere Fachleute, unterlaufenen Rechtsirrtums, steht entgegen, dass ihm gerade mangelnde Sorgfalt bei der Recherche als Fahrlässigkeit vorgeworfen wurde (ES 10).
Aus diesen Erwägungen kommt auch den weiteren Ausführungen, wonach es sich bei der Ersparnis von bis zu 30 % an Steuern und Gebühren um eine lediglich auf der Unrichtigkeit des Datums der Erhöhung der Einheitswerte beruhende Fehlangabe handle, die ebenso wie die unrichtige Aussage hinsichtlich der 5‑Jahresfrist auf einer unrichtigen irrtümlichen Fehleinschätzung der Erhöhung der Einheitswerte beruhe, keine Berechtigung zu.
Die Berufung versagt weiters unter Bezug auf die mit Schuldspruch 1./ inkriminierte Behauptung im Serienbrief, wonach eine Beratung durch den Disziplinarbeschuldigten auch den Nutzen hätte, dass im Fall der Pflegebedürftigkeit und einem Wechsel in ein Pflegeheim das landwirtschaftliche Anwesen vom Staat nicht mehr weggenommen werden könne. Sie verkennt nämlich, dass die konstatierte Unrichtigkeit der Angaben aus der zum Ausdruck gebrachten, indes unzutreffenden generellen Verhinderbarkeit folgt. Zudem steht die Angabe im Kontext mit der falschen Behauptung bevorstehender Gesetzesänderungen und stellt insoweit eine sinnwidrige und dem Gebot der Wahrheit und Sachlichkeit widersprechende Information dar.
Auch die zum Schuldspruch 2./ erhobene Berufung verfehlt ihr Ziel. Den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechend wird ‑ entgegen den Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten ‑ mit der Berühmung als „der Problemspezialist“ im Serienbrief („Informieren sie sich bei mir, dem [sic] Problemspezialisten für Haus‑ und Hofübergabe in Oberösterreich“) in Verbindung mit „über 500 erfolgreichen durchgeführten Übergaben“ nicht allein auf besondere Erfahrungen im Bereich der Haus‑ und Hofübergaben verwiesen. Zum Ausdruck gebracht wird vielmehr im Sinne der Ausführungen des Disziplinarrats eine Sonderstellung im Vergleich zu anderen Rechtsberatern in der Region des angesprochenen Verkehrskreises in Form einer Allein‑ und Spitzenstellung. Dessen Beurteilung als verbotene, § 45 Abs 3 lit a RL‑BA 1977 widerstreitende marktschreierische Selbstanpreisung steht im Einklang mit der Rechtsprechung zu diesem standesrechtlichen Werbeverbot (Feil/Wennig, Anwaltsrecht7, § 45 RL‑BA 1977 Rz 2; AnwBl 2004/7920).
Dem Schuldspruch 3./ hält die Berufung bloß entgegen, dass dem Disziplinarbeschuldigten die mehrfach konstatierten Unrichtigkeiten nicht anzulasten wären, weil er keinen Korrekturabzug der Werbeeinschaltung erhalten hätte. Nach den Feststellungen des Disziplinarrats fehlte es an jeglichem Hinweis zu einem Überprüfungsvorhaben und einem dahingehenden Interesse des Disziplinarbeschuldigten. Vielmehr entsprechen die mehrfachen rechtlichen Unrichtigkeiten der Einschaltung dem Inhalt nach weitgehend jenen des zur Mandantenwerbung versandten Serienbriefes, zu der der Disziplinarbeschuldigte im Sinne unzureichender Recherche geständig war (ES 4, 10). Die Einschaltung in der Zeitschrift erfolgte somit ebenso fahrlässig wie die Versendung des Serienbriefs, was für disziplinäre Haftung ausreicht (RIS‑Justiz RS0120395).
Im bisher erörterten Umfang war dem Rechtsmittel sohin kein Erfolg zuzuerkennen.
Im Recht ist die Berufung wegen Nichtigkeit (dSn Z 10) jedoch mit den Ausführungen sub Punkt A), mit denen die Qualifikation der Tathandlungen aller drei Schuldsprüche auch als Berufspflichtverletzung bekämpft wird. Der Beschuldigte war bei den ihm zur Last gelegten Werbeaktionen nicht in Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt und Parteienvertreter, sondern in „eigener Sache“ tätig (RIS‑Justiz RS0123543; AnwBl 2010, 318).
Daraus folgt die Aufhebung dieses Teils der Schuldsprüche sowie folglich des Strafausspruchs.
Bei der deshalb notwendigen Strafneubemessung war erschwerend die große (und zum Teil stark negative) Breitenwirkung der erheblich standeswidrigen Werbung, mildernd das Geständnis und das Vorleben des Disziplinarbeschuldigten.
Vor allem aus präventiven Gründen verbot sich eine Anwendung der §§ 3, 39 DSt. Vielmehr entspricht eine Geldbuße im spruchgemäßen Ausmaß Unrechts‑ und Schuldgehalt der Verfehlungen sowie der (leicht unterdurchschnittlichen) Einkommenssituation des Disziplinarbeschuldigten.
Zeiten längerer behördlicher Inaktivität (§ 34 Abs 2 StGB; RIS‑Justiz RS0121404, RS0114926 [T2, T8]) sind dem Berufungsvorbringen entgegen fallbezogen nicht auszumachen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 54 Abs 5 DSt.
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