OGH 14Os26/16d

OGH14Os26/16d24.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richters Mag. Einberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Claudia W***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (idF vor BGBl I 2015/112) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. Juni 2015, GZ 033 Hv 129/14a‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00026.16D.0524.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Claudia W***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (ersichtlich gemeint [US 20 f]:) erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (idF vor BGBl I 2015/112) schuldig erkannt.

Danach hat sie in W***** und andernorts mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über ihre Identität, ihre Rückzahlungswilligkeit und ‑fähigkeit sowie über ihre Eigenschaft, eine zahlungswillige und ‑fähige Gastronomin zu sein, „teilweise unter Verwendung falscher Beweismittel“ (gemeint [US 20 f]: Urkunden) zur Überweisung und Ausfolgung nachstehend genannter Beträge und zur Überlassung des Lokals „Restaurant F***** KG“ und der darin befindlichen Waren, mithin zu Handlungen verleitet, welche die Genannten in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten, und zwar

A./ zwischen 26. September 2007 und 9. September 2013 Günter Fa***** zur wiederholten Übergabe von Bargeld und zur Vornahme von Überweisungen im Gesamtwert von 245.527,36 Euro (nach den Feststellungen [US 5 ff] 182.888,60 Euro), „wobei sie die Taten teils beging, indem sie zur Täuschung falsche Urkunden, und zwar Übernahmebestätigungen lautend auf 'Maria S*****' verwendete“;

B./ am 3. August 2011 Dr. Harald R***** nach Abschluss eines Kaufvertrags zur Überlassung des Superädifikats „F*****“ und der Nutzung der in diesem befindlichen Räume samt der zugehörigen Lokaleinrichtung des Restaurants F***** KG, „wodurch die Restaurant F***** KG im Zeitraum August 2011 bis März 2012 zumindest in Höhe des Kaufpreises von 300.000 Euro und der während diesem Zeitraum anfallenden Mietzahlungen sowie weiterer Gebühren und der sonstigen Gebühren für das Superädifikat, die von der Angeklagten getragen hätten werden müssen, und der Höhe des Werts der derelinquierten Lokaleinrichtung im nicht mehr festzustellenden Betrag“ am Vermögen geschädigt wurde;

C./ im Sommer 2011 (vgl US 13 f) Stefan P***** zum Abschluss eines Ablösevertrags anlässlich der Beendigung seines Mietvertrags mit dem Restaurant F***** KG und zur Überlassung von im Lokal befindlicher Waren, wodurch dieser in einem nicht mehr feststellbaren, 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Undeutlichkeit, Widersprüchlichkeit und das Fehlen einer Begründung reklamierende Mängelrüge (Z 5 erster, dritter und vierter Fall) zu A./ zeigt weder mit den Verweisen einerseits auf die Verantwortung der Angeklagten und andererseits auf behauptete Angaben des Zeugen Günter Fa*****, noch mit den daraus abgeleiteten eigenen Sachverhaltsannahmen ein Begründungsdefizit im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes auf.

Entgegen der Beschwerde hat das Erstgericht für die Annahme, sämtliche schadenskausale Täuschungs-handlungen seien von der Angeklagten gesetzt worden, keine Scheinbegründung angeführt, sondern die dazu getroffenen Feststellungen ‑ logisch und empirisch einwandfrei (RIS‑Justiz RS0108609) ‑ auf die teils geständige Verantwortung der Angeklagten, die Ergebnisse einer Kontoöffnung, die Angaben des Zeugen Günter Fa***** und auf dessen Aufzeichnungen gestützt (US 17 f).

Mit der Überlegung, es stehe nicht fest, dass die auf das Konto einer Verwandten der Angeklagten überwiesenen Gelder Letzterer zugeflossen seien, und den Behauptungen, die Angeklagte habe nur aufgrund ihrer Tätigkeit bei einer Sexhotline falsche Namen gegenüber dem Opfer verwendet und müsste dies Letzterem auch bekannt gewesen sein, wird kein Begründungsmangel geltend gemacht sondern in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Erstgerichts bekämpft. Gleiches gilt für das ‑ ausdrücklich die subjektive Tatseite in Abrede stellende ‑ Vorbringen, das Opfer habe der Angeklagten „nur helfen wollen“, ihr die übergebenen Geldbeträge geschenkt und „mit einem gewissen Realitätssinn“ nicht von deren Rückgabe ausgehen können, weshalb die Angeklagte nicht über ihre Zahlungswilligkeit und -fähigkeit getäuscht habe.

Der zu B./ erhobene Einwand (Z 5 vierter und fünfter Fall), das Erstgericht sei „seiner Begründungspflicht in keinster Weise nachgekommen“ und habe Feststellungen getroffen, „die aktenwidrig sind“, weil der über den Kauf des Superädifikats abgeschlossene Vertrag „wieder storniert“ und „das Objekt an eine andere Person veräußert“ worden sei, bringt den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht zur Darstellung ([neuerlich] RIS‑Justiz RS0108609, RS0099547). Unter dem Aspekt der Geltendmachung eines Feststellungsmangels zum Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue (§ 167 StGB) vernachlässigt die Rüge im Übrigen schon die der Annahme einer vollständigen Schadensgutmachung (§ 167 Abs 2 Z 1 StGB) entgegenstehenden Feststellungen (US 15; RIS‑Justiz RS0099810).

Indem die Mängelrüge (Z 5) zu B./ und C./ behauptet, die Schadensberechnungen des Erstgerichts seien nicht nachvollziehbar, bezieht sie sich mit Blick auf die bereits durch die zu A./ genannten Taten erfüllte Qualifikation eines 50.000 Euro übersteigenden Schadens (§ 147 Abs 3 StGB) und das Unterlassen der Bestreitung einzelner rechtlich selbständiger Taten nicht auf entscheidende Tatsachen (RIS‑Justiz

RS0099497, RS0117996).

Der ebenfalls zu B./ und C./ vorgebrachte Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung der Angeklagten und ihre „Hörigkeit“ zu ihrem damaligen Lebensgefährten verbleibt im Bereich einer unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung (US 19 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Bleibt zu A./ anzumerken, dass die Feststellungen, wonach die Angeklagte am 15. Dezember 2009 „im Zuge der Übergabe“ von 13.050 Euro, am 3. November 2010 bei der Übernahme von 5.860 Euro sowie am 10. Dezember 2010 bei einer solchen von 5.500 Euro jeweils eine „von Günter Fa***** vorgelegte Übergabebestätigung mit Maria S*****“ unterfertigte (US 7 f), und wonach die Angeklagte „zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt“ Günter Fa***** „zur Aufrechterhaltung des Vertrauens bezüglich Rückzahlungs-willigkeit“ eine von ihr mit dem Namenszug „Chantal K*****“ unterfertigte, „auch den Namenszug Dr. Saskia H***** aufweisende“ Erklärung übergab, der zufolge „Chantal K***** eine Abfertigung von 130.000 erhält, sobald die Besitzrechte der Firma Ho***** geklärt sind“ (US 8), ferner die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, wonach die Angeklagte „bei Unterfertigung der Übernahmebestätigungen“ wusste, dass sie nicht Maria S***** oder Chantal K***** ist und die Erklärung „August 2008“ „nicht von einer Dr. Saskia H***** stammt und auch deren Inhalt unrichtig ist“ (US 13), die Subsumtion nach § 147 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB nicht tragen. Diese Qualifikation ist vielmehr nur anzunehmen, wenn die falschen Urkunden nicht bloß anlässlich, sondern zum Zweck der für den Betrug tatbestandsmäßigen Täuschung ‑ also der zur Herbeiführung der für die selbstschädigende Handlung des Tatopfers kausalen Irreführung ‑ benützt wurden (RIS‑Justiz RS0094405; Kirchbacher in WK2 StGB § 147 Rz 11).

Für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand kein Anlass, weil die verfehlte Subsumtion auf den Strafrahmen keinen Einfluss hatte und bei der Strafbemessung die Wertung der „mehrfachen Qualifikation“ als erschwerend (US 21) schon mit Blick auf die Erfüllung der Qualifikationen nach § 147 Abs 3 StGB und nach § 148 zweiter Fall StGB (jeweils idF vor BGBl I 2015/112) berechtigt war (RIS‑Justiz RS0117057). Damit ist eine konkrete Benachteiligung der Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus nicht gegeben (RIS‑Justiz RS0113957; Ratz , WK‑StPO § 290 Rz 22 ff). An die fehlerhafte Subsumtion ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870; Ratz , WK‑StPO § 290 Rz 27/1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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