OGH 14Os37/16x

OGH14Os37/16x24.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richters Mag. Einberger als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Kurt K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 19. Februar 2016, GZ 64 Hv 95/15v‑32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Kurt K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 14. November 2015 in S***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, beruht

1) die Polizeibeamten Alexander G*****, Fabian M***** und Michael W***** mit Gewalt an seiner Festnahme zu hindern versucht, indem er mit einem etwa 30 cm langen Hammer wuchtig gezielt in Richtung der Köpfe der beiden Erstgenannten schlug, Michael W***** mit einem Schlüsselbund einen Schlag gegen die Nase versetzte und den Genannten durch eine ruckartige Bewegung zu Fall brachte, wodurch dieser eine Prellung des Nasenrückens, eine Schulterzerrung und eine Schürfwunde am rechten Knie erlitt;

2) durch die zu Punkt 1 angeführten wuchtigen Hammerschläge Alexander G***** und Fabian M***** absichtlich eine schwere Körperverletzung zuzufügen versucht und

3) durch die zu Punkt 1 angeführten, gegen Michael W***** gerichteten Gewalthandlungen eine Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) an einem Polizeibeamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben und der Erfüllung seiner Pflichten begangen,

und dadurch das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (1), die Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2015/112 (2) und das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB (3) begangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a und 9 lit b StPO des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen verfehlt ihr Ziel.

Die eingangs der Mängelrüge als „unrichtig“, „aus dem Beweisverfahren nicht gedeckt“ und in sich widersprüchlich bezeichneten Feststellungen (zum ursprünglichen Grund für den Polizeieinsatz [US 3], weiters zur Frage ob „die Polizeibeamten“ [oder bloß einer] den Fuß in die Türe des Beschwerdeführers setzten, um ihn am Schließen derselben zu hindern, sowie dazu, ob auch Fabian M***** oder nur die übrigen Beamten den Hammer in der Hand des Betroffenen sofort wahrnehmen konnten [US 4]) entziehen sich als nicht entscheidend für die Schuld- und Subsumtionsfrage der Anfechtung aus Z 5.

Die Ableitung der Urteilsannahmen zum eigentlichen Tathergang, konkret jenen, wonach die einschreitenden Polizeibeamten die wuchtigen, mit einem 30 cm langen Hammer von oben nach unten gezielt in Richtung der Köpfe von Alexander G***** und Fabian M***** geführten Schläge des Beschwerdeführers abwehren mussten, Alexander G***** dem Betroffenen aufgrund dieses Verhaltens und dessen weiterer heftiger Gegenwehr mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzte, worauf die Festnahme erfolgte, ein Angriff von Seiten der Beamten demgemäß nicht vorlag (US 4 f), aus den insoweit übereinstimmenden Aussagen der für glaubwürdig erachteten Zeugen Michael W*****, Alexander G*****, Fabian M*****, Bettina Ga*****, Viktor P***** und Corinna L***** (US 7 f) entspricht sowohl den Gesetzen

logischen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart ‑ entgegen dem weiteren Einwand der Mängelrüge ‑ aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116732).

Soweit die Beschwerde behauptet, diesen Konstatierungen würden Depositionen der Zeugen Alexander G***** und Fabian M*****, nach denen Erstgenannter „sofort nach Aufdrücken der Türe mit der rechten Hand einen kräftigen Schlag gegen das Gesicht des Kurt K***** ausgeführt hat [um ihn ruhig zu stellen]“ sowie eine Aussage des Alexander G*****, wonach „alles rasend schnell ging und er eben zugeschlagen hätte, um Gegenwehr zu verhindern“, entgegenstehen, verabsäumt sie die Bezeichnung entsprechender Fundstellen in den Akten (vgl RIS‑Justiz RS0124172; vgl demgegenüber die ‑ den Urteilsannahmen entsprechenden ‑ Angaben der Genannten ON 11 S 13 ff, S 21 ff, ON 31 S 9 ff, S 13 ff, S 18 ff).

Soweit die Beschwerde das Vorbringen der Mängelrüge pauschal auch unter dem Aspekt der Z 5a erstattet, wird dieser ‑

wesensmäßig verschiedene (RIS‑Justiz RS0115902) ‑ Nichtigkeitsgrund nicht deutlich und bestimmt bezeichnet. Gleiches gilt für das daran anschließende Vorbringen, es sei „nicht nachvollziehbar, warum das gewaltsame Eindringen der Beamten in die Wohnung des Kurt K***** nicht rechtswidrig gewesen sein soll“, zumal eine Befragung des Betroffenen durch die geschlossene Türe, dessen Ladung zur „Wachstube“ oder das Festhalten der Inanspruchnahme seines „Aussageverweigerungsrechts“ „durchaus möglich gewesen wäre“, mit dem die Rüge weder konkret auf eine ihrer Ansicht erheblich bedenkliche Feststellung noch auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse Bezug nimmt.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit b, nominell verfehlt auch Z 5) vermisst ‑ großteils auf Basis urteilsfremder Überlegungen ‑ Feststellungen zur Rechtswidrigkeit des (in dieser Form gar nicht konstatierten) Eindringens der Polizeibeamten in die Wohnung des Betroffenen sowie zum Vorliegen einer „Notwehrsituation“ (§ 3 StGB). Dass die Beamten zu einer solchen Amtshandlung (§ 269 Abs 3 StGB) ihrer Art nach nicht berechtigt gewesen wären oder diese gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte (§ 269 Abs 4 StGB), behauptet sie nicht und unterlässt solcherart auch den ‑ bei Geltendmachung eines diesbezüglichen Feststellungsmangels gebotene

n ‑ Hinweis auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO), welche entsprechende Feststellungen (im letztgenannten Fall konkret zu den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen einer durch die Amtshandlung begründeten strafbaren Handlung; vgl dazu Danek in WK² StGB § 269 Rz 74 ff) indizieren würden. Aus welchem Grund aber hier der Einsatz von Gewalt gegen eine (bloß) rechtswidrige Amtshandlung ungeachtet der (das Notwehrrecht einschränkenden) Bestimmung des § 269 Abs 4 StGB gerechtfertigt „oder zumindest entschuldigt“ sein sollte, erklärt sie nicht (vgl dazu Danek in WK² StGB § 269 Rz 68 ff, 83 ff; Kienapfel/Schmoller, StudB BT III² Vor §§ 269 ff Rz 13 ff; Hochmayr/Schmoller SbgK § 269 Rz 66 ff).

Soweit die Beschwerde behauptet, der Betroffene habe sich bloß gegen einen (notwehrfähigen) rechtswidrigen Angriff gegen seine „körperliche Integrität“ und „seinen Besitz“ gewehrt, geht sie zudem prozessordnungswidrig nicht von den ‑ mit der Mängelrüge erfolglos bekämpften ‑ Urteilsannahmen aus, nach denen die Beamten ‑ unmittelbar nachdem sie versucht hatten, den Betroffenen am Schließen der von ihm selbst geöffneten Türe zu hindern ‑ ihrerseits dessen mehrfache, teils mit einem Hammer ausgeführte Angriffe abwehren mussten (US 4 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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