OGH 14Os31/16i

OGH14Os31/16i24.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richters Mag. Einberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerd B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (idF vor BGBl I 2015/112) und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 14. Dezember 2015, GZ 61 Hv 68/15a‑34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00031.16I.0524.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Punkt 1 des Schuldspruchs, in der zum Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch im Strafausspruch und in dem den Privatbeteiligten Thomas F***** betreffenden Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerd B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (idF vor BGBl I 2015/112) schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ soweit für die aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde getroffene Entscheidung von Bedeutung (zu Punkt 1 des Schuldspruchs) ‑ im Juni 2014 in K***** und an anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Thomas F***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit, „zur Anschaffung eines Motorbootes inklusive Sonderausstattung im Gesamtwert von EUR 38.874,00“, verleitet.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nicht ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde, die zurückzuweisen war, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das Urteil (zu Punkt 1 des Schuldspruchs) nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a) zum Nachteil des Angeklagten aufweist, die von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).

Dieser Teil des Schuldspruchs basiert im Wesentlichen auf folgenden Feststellungen (US 4 f):

Der Angeklagte habe anlässlich der Besichtigung eines bestimmten Bootsmodells sein Kaufinteresse gegenüber Thomas F***** bekundet. Dieser habe ein Angebot an den Angeklagten übermittelt, der sich sodann zur Zahlung des gesamten Kaufpreises vor Lieferung des Bootes verpflichtet habe. Thomas F***** habe Boot samt Anhänger bestellt und geliefert bekommen. Zur Übergabe an den Angeklagten sei es mangels Zahlung nicht gekommen. Thomas F***** habe das Boot zunächst in einer Halle lagern müssen und nach längerer Zeit (zu einem geringeren als mit dem Angeklagten vereinbarten Preis) verkaufen können. Eine bestimmte Schadenshöhe wurde nicht festgestellt.

Bei einem ‑ nach dem Urteilssachverhalt indizierten ‑ mehrstufigen Tatgeschehen, bei welchem also nach dem Tatplan eine Mehrheit von Täuschungsakten zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung führen soll, ist das Stadium strafbaren Versuchs erst erreicht, sobald der Täter den (für die Selbstschädigung des Opfers) entscheidenden Täuschungsakt (oder eine diesem unmittelbar vorangehende Handlung [§ 15 Abs 2 StGB]) setzt (13 Os 44/14s; 12 Os 6/14w; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 124 ff; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 241 ff). Angesichts der vereinbarten Vorauszahlungspflicht des Angeklagten wären Feststellungen zu einem weiteren Täuschungsakt (etwa der Behauptung der Zahlung des gesamten Kaufpreises), der Thomas F***** tatplangemäß zur Übergabe des Motorbootes (oder von Zubehör) ungeachtet des Nichterhalts einer Gegenleistung hätte verleiten sollen, erforderlich gewesen. Der vom Erstgericht zur subjektiven Tatseite getroffenen Annahme, der Angeklagte habe (bei den Verkaufsgesprächen und der Rücksendung des unterzeichneten Angebots) mit dem Vorsatz gehandelt, Thomas F***** (bloß) durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit zur diesen schädigenden Vermögensverfügung zu verleiten und „sich durch dieses Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern“ (vgl zum Begriff der „Stoffgleichheit“ RIS‑Justiz RS0094140, RS0094215; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 6; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 230), fehlt daher der (ausreichende) Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090).

Dieser Rechtsfehler erforderte die Aufhebung von Punkt 1 des Schuldspruchs und der zu diesem gebildeten Subsumtionseinheit sowie demgemäß auch des Strafausspruchs und des den Privatbeteiligten Thomas F***** betreffenden Anspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche.

Darauf war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO; sie erstreckt sich nicht auf das amtswegige Vorgehen ( Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 12).

Im zweiten Rechtsgang wird die zerschlagene Subsumtionseinheit neu zu bilden sein. Dabei ist zu beachten, dass ein Günstigkeitsvergleich (§ 61 StGB) mit Blick auf die zwischenzeitige Gesetzesänderung (BGBl I 2015/112 [StRÄG 2015]) hinsichtlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils (Punkte 2 und 3) des Schuldspruchs (in der Subsumtion nach dem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB [idF vor dem StRÄG 2015]) nicht anzustellen ist (14 Os 106/15t, 107/15i; vgl RIS‑Justiz RS0087462). Wird Strafbarkeit der von der (teilweisen) Urteilsaufhebung (Punkt 1 des Schuldspruchs) betroffenen Tat wegen Betrugs (auf Basis der für diese Prüfung heranzuziehenden Rechtslage idF des StRÄG 2015) bejaht, ist auch diese in die ‑ zum Zweck der Strafrahmenbildung (zur Rechtsnatur des § 29 StGB vgl Ratz in WK 2 StGB § 29 Rz 7 und WK‑StPO § 281 Rz 403) ‑ nach der alten Rechtslage zu bildenden Subsumtionseinheit einzubeziehen (vgl RIS‑Justiz RS0116734 [T1]).

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