OGH 8Nc9/16i

OGH8Nc9/16i4.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Dornbirn anhängigen Sachwalterschaftssache der Betroffenen D***** A*****, über den Delegierungsantrag der Betroffenen den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080NC00009.16I.0504.000

 

Spruch:

Der Antrag, die Sachwalterschaftssache an ein im Sprengel des Oberlandesgerichts Graz gelegenes Bezirksgericht zu delegieren, wird abgewiesen.

 

Begründung:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 6. Dezember 2013 wurde Mag. S***** H***** zum Sachwalter der Betroffenen bestellt. Sein Aufgabenbereich umfasst unter anderem die Vertretung der Betroffenen vor Gerichten, Behörden und Ämtern sowie die Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten.

Die Betroffene ist nach dem Tod ihrer Mutter (am 8. Dezember 2010) deren Alleinerbin. Aufgrund eines mit ihrem Bruder abgeschlossenen Pflichtteilsübereinkommens vom 21. Juni 2011 ist sie zur Zahlung von 53.800 EUR samt Nebengebühren verpflichtet. Dazu wurde ein notarielles Schuldanerkenntnis abgegeben. Zudem bestehen weitere Schulden. Nach den Angaben des Sachwalters war es nicht möglich, die Forderungen der Gläubiger ohne (Teil‑)Veräußerung der der Betroffenen (außerbücherlich) gehörenden Liegenschaft zu befriedigen. Auf seinen Antrag hin wurde der ‑ von der Betroffenen abgelehnte ‑ Kaufvertrag über die Veräußerung eines Teils ihrer Liegenschaft (des neu geschaffenen Grundstücks 1*****) pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Die Betroffene ist mit der Tätigkeit des Sachwalters unzufrieden. Dementsprechend hat sie einen Antrag auf Umbestellung des Sachverwalters gestellt. Die Kritik der Betroffenen richtet sich auch gegen die mit ihren Angelegenheiten befassten Richter. Aus diesem Grund hat sie auch schon Ablehnungsanträge gestellt.

Am 16. März 2016 stellte die Betroffene den Antrag auf Delegierung ihrer Sachwalterschaftssache an ein im Sprengel des Oberlandesgerichts Graz gelegenes Bezirksgericht. Sie habe zu den Richtern in Vorarlberg und im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck kein Vertrauen mehr. Ihr Scheidungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß abgelaufen. Auch mit der Führung des Sachwalterschaftsverfahrens sei sie nicht einverstanden.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Diese Möglichkeit besteht auch im außerstreitigen Verfahren (RIS‑Justiz RS0046292). Eine Delegierung soll jedoch nur den Ausnahmefall darstellen. Ohne besondere Gründe darf es nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen (RIS‑Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen kann die Delegierung daher vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung des Verfahrens oder eine erhebliche Kostenersparnis erwarten lässt (8 Nc 27/13g; 3 Ob 25/16x).

Die Voraussetzungen für eine Delegierung sind im Anlassfall nicht gegeben. Relevante Zweckmäßigkeitsgründe liegen nicht vor. Ein Delegierungsantrag kann weder auf Ablehnungsgründe noch auf für die Partei ungünstige Entscheidungen gestützt werden (RIS‑Justiz RS0114309). Dementsprechend kann die Delegierung nicht etwa dazu dienen, bisher erfolglose Ablehnungsanträge einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen. Vielmehr hat sich die Beurteilung auf die Frage der Zweckmäßigkeit nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, der Kostenersparnis und der Erleichterung des Zugangs zu Gericht für die Beteiligten zu beschränken (RIS‑Justiz RS0046333; 5 Nc 36/15m).

Der Delegierungsantrag der Betroffenen war daher abzuweisen.

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