OGH 13Os131/15m

OGH13Os131/15m13.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Margreiter, als Schriftführerin in der Strafsache gegen Arthur K***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen, AZ 35 HR 114/13m des Landesgerichts Eisenstadt, über den Antrag des Prof. Mag. Rudolf S***** auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00131.15M.0413.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit Beschluss vom 13. Mai 2015, AZ 18 Bs 112/15z, bestimmte das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht die vom Sachverständigen Prof. Mag. S***** in seiner Gebührennote vom 9. September 2014 angesprochenen Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften (§ 30 GebAG) rechtskräftig mit 30.744 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der mit Bezug auf diese Entscheidung erhobene Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens des Prof. Mag. S***** ist unzulässig.

Wird in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eine Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichts festgestellt, so ist gemäß § 363a Abs 1 StPO das Strafverfahren auf Antrag insoweit zu erneuern, als nicht auszuschließen ist, dass die Verletzung einen für den hievon Betroffenen nachteiligen Einfluss auf den Inhalt einer strafgerichtlichen Entscheidung ausüben konnte.

Die Judikatur versteht § 363a Abs 1 StPO dahin, dass es eines Erkenntnisses des EGMR als Voraussetzung für eine Erneuerung des Strafverfahrens nicht zwingend bedarf, vielmehr auch eine vom Obersten Gerichtshof selbst (aufgrund eines entsprechenden Antrags) festgestellte Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines untergeordneten Strafgerichts dazu führen kann (RIS‑Justiz RS0122228).

In jedem Fall ist der Rechtsbehelf des § 363a StPO auf die Erneuerung des Strafverfahrens gerichtet (so schon die Überschrift zu §§ 363a bis 363c StPO), welchen Rahmen der gegenständliche Antrag verlässt.

Das Verfahren zur Entscheidung über den Gebührenanspruch eines Sachverständigen ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre gerade nicht Teil des jeweiligen Hauptverfahrens (hier: Strafverfahrens), sondern ein von diesem unabhängiges, weitgehend einem eigenen Zivilprozess nachgebildetes Zwischenverfahren (14 Os 36/00; EvBl 2000/195, 815; 9 Ob 67/03y, RdW 2005, 30; RIS‑Justiz RS0113541; Krammer/Schmidt , SDG‑GebAG 3 § 38 GebAG Anm 2; Krammer in Fasching/Konecny 2 Anh § 365 ZPO Rz 26 f, 32).

Der Antrag war daher gemäß § 363b Abs 1 und 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung als unzulässig zurückzuweisen.

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