OGH 1Ob9/16d

OGH1Ob9/16d31.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** I*****, vertreten durch Mag. Roland Seeger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die zweitbeklagte Partei S***** D*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Wörgetter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 9.340 EUR sA, und Feststellung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 2. Dezember 2015, GZ 4 R 172/15y‑33, mit dem über Rekurs der zweitbeklagten Partei der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 24. September 2015, GZ 10 Cg 140/14z‑29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00009.16D.0331.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Dem Zweitbeklagten war die Klage am 21. 11. 2014 zugestellt worden. Nach ungenütztem Ablauf der Frist für die Erstattung einer Klagebeantwortung erließ das Erstgericht über Antrag des Klägers am 14. 1. 2015 (auch) ihm gegenüber ein Versäumungsurteil. Rechtzeitig innerhalb der Frist zur Erhebung des Widerspruchs, beantragte der damals als Angestellter beschäftigte Zweitbeklagte unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars (ZPForm 1), ihm die Verfahrenshilfe zur Erhebung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil im Umfang der Beigebung eines Verfahrenshilfeanwalts zu bewilligen.

Den ihm am 13. 2. 2015 zugestellten Beschluss, mit dem das Erstgericht diesen Antrag mangels ersehbarer Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts abwies, bekämpfte der Zweitbeklagte nicht.

Binnen 14 Tagen ab dessen Rechtskraft brachte er neuerlich einen (allerdings weder unterfertigten noch vollständig ausgefüllten) Verfahrenshilfeantrag (wiederum unter Verwendung des ZPForm 1) ein, in dem er unter Beilage einer Bestätigung seines ehemaligen Arbeitgebers über die Auflösung des Dienstverhältnisses und der Leistungsbescheinigung des AMS über den Bezug von Arbeitslosengeld darlegte, er sei (nun) Arbeitssuchender.

Nach rechtzeitiger Verbesserung (durch Unterfertigung und weitere Erklärungen sowie Bescheinigungen ua zum Kontostand und zur Zahlung von Kostgeld an seine Mutter) bewilligte das Erstgericht dem Zweitbeklagten die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 3 ZPO.

Der Verfahrenshelfer erhob binnen 14 Tagen ab Zustellung des Versäumungsurteils und des Bescheids, mit dem er bestellt worden war, an ihn namens des Zweitbeklagten Widerspruch gegen das Versäumungsurteil.

Diesen Widerspruch wies das Erstgericht als verspätet zurück; den mittlerweile gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erstattung des Widerspruchs wies es ab. Für die Verspätung des Widerspruchs berief sich das Erstgericht auf § 73 Abs 3 ZPO und führte aus, mit dieser Bestimmung solle ein Verbot neuerlicher Unterbrechungen des Ablaufs einer schon einmal unterbrochenen Frist bewirkt werden. Zur Wiedereinsetzung führte es aus, es sei kein nur durch einen minderen Grad des Versehens unvorhergesehenes oder unabwendbares Hindernis vorgelegen.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluss (ersatzlos) auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens mit dem Zweitbeklagten auf. Anders als das Erstgericht kam es zum Ergebnis, dass durch den zweiten Verfahrenshilfeantrag wegen der geänderten Umstände die Frist zur Erhebung des Widerspruchs noch einmal unterbrochen worden sei. Es habe die Widerspruchsfrist zum Zeitpunkt der Rechtskraft des den ersten Verfahrenshilfeantrag abweisenden Beschlusses neu zu laufen begonnen, sodass der zweite Verfahrenshilfeantrag binnen offener Frist gestellt worden sei. Bei diesem habe es sich um keinen wegen des Fehlens der Darlegung von geänderten Verhältnissen prozessual unzulässigen Antrag gehandelt. Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 102/15d vermeinte das Rekursgericht ableiten zu können, dass der erste Senat im damals gegebenen Anlassfall, einem zweiten innerhalb einer laufenden Frist gestellten Verfahrenshilfeantrag entgegen dem reinen Wortlaut des § 73 Abs 3 ZPO fristunterbrechende Wirkung zubillige, wenn eine Änderung der für die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag maßgeblichen Umstände aufgezeigt werde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, um eine Klarstellung der Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Frage einer neuerlichen Fristunterbrechung durch einen „zweiten“ Verfahrenshilfeantrag innerhalb derselben laufenden Frist bei Aufzeigen von geänderten, für die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag wesentlichen Umständen zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Klägers, der auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 73 Abs 3 ZPO verweist, ist zulässig und berechtigt.

1. Tatsächlich hat sich der Oberste Gerichtshof noch nicht ausdrücklich mit der Frage befasst, ob nach schon einmal eingetretener Unterbrechung einer Notfrist durch einen in der Folge abgewiesenen Verfahrenshilfeantrag, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts begehrt worden war, der durch die Rechtskraft dieses Beschlusses ausgelöste neuerliche Fristenlauf noch einmal (oder mehrfach) unterbrochen werden kann, wenn im neuerlichen Antrag geänderte Verhältnisse dargelegt werden. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts, auf die sich auch der Zweitbeklagte in seiner Revisionsrekursbeantwortung stützt, kann aus der Entscheidung 1 Ob 102/15d auf die Zulässigkeit mehrmaliger Unterbrechungen derselben Frist durch aufeinander folgende (zulässige) Verfahrenshilfeanträge nicht geschlossen werden. Im genannten Fall war der „zweite“ gestellte Verfahrenshilfeantrag durch das Erstgericht mangels Darlegung geänderter Verhältnisse (nach Ablauf der Berufungsfrist) zurückgewiesen, die danach folgende Zurückweisung eines weiteren gestellten („dritten“) Antrags vom Rekursgericht bestätigt und die knapp vier Wochen später eingebrachte Berufung als verspätet zurückgewiesen worden. Der Oberste Gerichtshof bestätigte damals die Zurückweisung der Berufung. Der erkennende Senat erwiderte in dieser Entscheidung der Einwendung des damaligen Klägers, in seinem „zweiten“ Antrag habe er bei richtiger Betrachtung geänderte Verhältnisse behauptet, dass selbst eine solche Annahme keine andere Beurteilung nach sich ziehen hätte können. Eine Unterbrechung habe durch den „dritten“ Antrag nicht herbeigeführt werden können, da zu diesem („dritten“ Antrag) geänderte Verhältnisse nicht behauptet worden seien und ein Antrag ohne Dartuung geänderter Verhältnisse zu keiner Fristunterbrechung führe. Daraus lässt sich aber ‑ schon mangels Auseinandersetzung mit dieser Frage (wie auch aus den weiteren vom Revisionsrekursgegner zitierten Entscheidungen 2 Ob 41/07d, [42/07a], 1 Ob 199/11p und 1 Ob 82/08b [nach denen zudem nicht dieselbe Frist betroffen war]) ‑ nicht der Umkehrschluss ziehen, hintereinander gestellte Verfahrenshilfeanträge könnten dieselbe Notfrist mehrmals unterbrechen, wenn der Antragsteller nur geänderte Verhältnisse behauptet.

2. Gemäß § 73 Abs 1 ZPO berechtigt weder der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe noch ein anderer nach diesem Titel (nämlich dem siebenten über die Verfahrenshilfe) zulässiger Antrag die Parteien, die Einlassung in den Rechtsstreit oder die Fortsetzung der Verhandlung zu verweigern oder die Erstreckung von Fristen oder die Verlegung von Tagsatzungen zu begehren.

Hat die beklagte Partei vor Ablauf der Frist, innerhalb deren sie ua den Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil einzubringen hätte, die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, so beginnt die Frist zu dessen Einbringung frühestens mit der Zustellung des Bescheids, mit dem der Rechtsanwalt bestellt wird, beziehungsweise mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts versagt wird (§ 73 Abs 2 ZPO).

Wird nach dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts versagt wird, von derselben Partei neuerlich ein Antrag gestellt, ihr einen Rechtsanwalt kostenlos beizugeben, so bleibt hievon der weitere Ablauf der schon einmal nach § 73 Abs 2 ZPO unterbrochenen Frist unberührt (§ 73 Abs 3 ZPO).

3. Der Absatz 3 leg cit wurde mit der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997, BGBl I Nr 1997/140) § 73 ZPO nach den Materialien deswegen hinzugefügt, weil sich in der Praxis gezeigt hatte, dass Parteien nicht unerhebliche Verfahrensverzögerungen auch dadurch herbeiführten, dass sie nach der rechtskräftigen Abweisung ihres Verfahrenshilfeantrags einen solchen (gleich) neuerlich stellten, wodurch die Rechtsmittelfrist wiederum unterbrochen werden sollte. Nach der Rechtsprechung (RZ 1987/9) könne ein neuer Verfahrenshilfeantrag die Frist zwar nicht verlängern, zur Klarstellung der Rechtslage solle aber diese Rechtsprechung festgeschrieben werden (ErläutRV 898 BlgNR XX. GP , 41).

Die Erläuterungen nehmen dabei auf die Entscheidung 8 Ob 625/85 (= RZ 1987/9, 45) Bezug. Dieser lag eine zweimalige Antragstellung auf Verfahrenshilfe auch im Umfang der Beigebung eines Rechtsanwalts nach Zustellung des Berufungsurteils zu Grunde. Dem damaligen Beklagten war vorerst die Verfahrenshilfe vom Erstgericht verweigert, nach seinem Rekurs vom Erstgericht selbst aber bewilligt und erst vom Rekursgericht über den dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin wieder versagt worden. Daraufhin beantragte der Beklagte (sofort nach Zustellung des Beschlusses des Rekursgerichts) neuerlich beim Erstgericht unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang, die ihm vom Erstgericht auch bewilligt wurde. Der (wiederum) von der Klägerin erhobene Rekurs blieb (diesmal) erfolglos. Schon wenige Tage nach Zustellung des Bescheids an den Verfahrenshelfer und schon einen Tag nach Zustellung auch der Ausfertigung des Berufungsgerichts brachte der Verfahrenshelfer die Revision beim Erstgericht ein, die der Oberste Gerichtshof als verspätet zurückwies.

Der achte Senat begründete die Zurückweisung mit der Bestimmung des § 464 Abs 3 ZPO (die inhaltlich der Anordnung des § 73 Abs 2 ZPO für die Berufungs‑ oder Berufungsbeantwortungsfrist entsprach) und unterstrich, dass sich diese Vorschrift ihrem eindeutigen Sinngehalt nach nur auf den Fall beziehe, dass eine Partei während der ihr offen stehenden ursprünglichen Rechtsmittelfrist die im § 64 Abs 1 Z 3 ZPO normierte Begünstigung in Anspruch nehme; nur unter dieser Voraussetzung könne es zu den im § 464 Abs 3 ZPO normierten Rechtsfolgen kommen. Werde aber ein im Sinne dieser Gesetzesstelle rechtzeitig gestellter Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts rechtskräftig abgewiesen, dann werde damit der Lauf der Rechtsmittelfrist endgültig in Gang gesetzt. Diese Rechtsfolge könne nicht dadurch umgangen werden, dass die Partei während des Laufes dieser ‑ neuerlichen ‑ Rechtsmittelfrist wiederum die Beigebung eines Rechtsanwalts beantrage, weil es damit die Partei in der Hand hätte, den Eintritt der Rechtskraft eines Urteils ad infinitum zu verzögern. Ein derartiger Sinngehalt könne aber der Vorschrift des § 464 Abs 3 ZPO vernünftigerweise nicht unterstellt werden. Die Stellung eines neuerlichen gleichartigen Antrags habe damit den Ablauf der mit der rechtskräftigen Abweisung des ersten Antrags beginnenden (neuerlichen) Revisionsfrist nicht mehr verhindern und die Stattgebung des zweiten Antrags nicht dazu führen können, dass iSd § 464 Abs 3 ZPO die Revisionsfrist für die den Beklagten erst mit der Zustellung des Bescheids und der Urteilsausfertigung an den auf Grund des zweiten Antrags bestellten Rechtsanwalts begonnen habe, weil der zweite Antrag erst lange nach Ablauf der ursprünglichen Rechtsmittelfrist gestellt worden sei.

4. Dieser Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, ob beim neuerlichen Antrag geänderte Umstände dargetan worden waren. Ganz grundsätzlich ist nämlich für die hier bedeutsame Fragestellung bei einem neuerlichen Verfahrenshilfeantrag ‑ gleich, ob er während desselben Verfahrens etwa während verschiedener Fristen oder unmittelbar aufeinanderfolgend mit dem Ziel der Ergreifung desselben Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs gestellt wird ‑ immer zwischen einem zulässigen und einem unzulässigen weiteren Antrag zu unterscheiden. Ein neuerlicher Verfahrenshilfeantrag ist wegen des Eingriffs in die Rechtskraft eines schon im selben Verfahren darüber absprechenden Beschlusses überhaupt nur dann zulässig, wenn der Antragsteller die maßgebliche Veränderung entscheidender Umstände im Verfahren über die Verfahrenshilfe darlegt. Dazu gehören insbesondere die finanziellen Verhältnisse und die Grundlagen für eine Prognose über die noch zu erwartenden Verfahrenskosten. Strebt der Antragsteller lediglich eine von der Vorentscheidung abweichende Neubeurteilung eines unveränderten Sachverhalts an, ist ein solcher Verfahrenshilfeantrag unzulässig (vgl 1 Ob 82/08b = RIS‑Justiz RS0123516). Bei einem solchen unzulässigen Verfahrenshilfeantrag tritt von vornherein eine Fristunterbrechung gemäß § 73 Abs 2 bzw § 464 Abs 3 ZPO nicht ein (RIS‑Justiz RS0123515), ist er doch auch nicht ab-, sondern zurückzuweisen.

Die Unterbrechungswirkung mit der Folge, dass die Frist neuerlich zu laufen beginnt, knüpft schon nach dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmungen (nur) an einen die Verfahrenshilfe abweisenden Beschluss oder an die einen bewilligenden Beschluss voraussetzende Zustellung des Bestellungsbescheids an den Verfahrenshelfer an. Ein Antrag, in dem geänderte Verhältnisse gar nicht behauptet werden, kann daher schon deswegen keinen neuerlichen Fristenlauf nach § 73 Abs 2 ZPO bzw § 464 Abs 3 ZPO bewirken, weil einem solchen Antrag eine Zurückweisung, aber weder eine zur Zustellung des Bestellungsbescheids führende Bewilligung noch eine Abweisung zu folgen hat.

5. Wenn § 73 Abs 3 ZPO (auf den auch § 464 Abs 3 ZPO verweist) ausdrücklich normiert, dass der weitere Ablauf der schon einmal nach Abs 2 leg cit unterbrochenen Frist bei neuerlichem Antrag unberührt bleibt, käme eine solche neuerliche Unterbrechung in Zusammenschau mit § 73 Abs 2 ZPO nur bei Darlegung veränderter Umstände überhaupt in Frage. Der Anordnung in Abs 3 leg cit hätte es damit gar nicht bedurft, unterstellte man den ihren Wortlaut einschränkenden Sinngehalt, Anträge mit der Behauptung geänderter Verhältnisse seien davon nicht umfasst.

6. Bei einer solchen Auslegung wäre auch dem in der Entscheidung 8 Ob 625/85 ‑ auf die sich der Gesetzgeber bei Einführung des § 73 Abs 3 ZPO aber bezogen hatte ‑ herangezogenen Zweck, Verzögerungen „ad infinitum“ zu begegnen, nicht entsprochen. Die Behauptung geänderter Verhältnisse führt nämlich dazu, dass der neuerliche Antrag (vorerst) als zulässig und inhaltlich zu behandeln und zu beurteilen ist. Demnach ist das Vorliegen solcher Veränderungen im Verfahren über die Verfahrenshilfe zu überprüfen, was häufig (wie auch im vorliegenden Fall) mit notwendigen Verbesserungen einhergeht. Schon daraus und auch im Zusammenspiel mit dem Rechtsmittelverfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe selbst ergibt sich ein erhebliches Verzögerungspotential (vgl Fucik , Bewilligung der Verfahrenshilfe, ÖJZ 2012, 197 ff, 201 [„en masse!“]).

Auch dann, wenn sich nach einer Prüfung herausstellte, dass sich die Umstände jedenfalls nicht soweit änderten, dass sich dadurch nun eine nun positive Beurteilung des Verfahrenshilfeantrags ergäbe, käme es zu einem neuerlichen Fristenlauf nach Rechtskraft des einen zweiten oder allenfalls dritten Verfahrenshilfeantrag abweisenden Beschlusses.

Thienel (Der Verfahrenshilfeanwalt ‑ ein Menschenrecht auch im Zivilprozess, in FS Matscher und Machacek, [2008], 931 [934]) weist völlig zu Recht darauf hin, dass die Gesetzgebung die Verfahrenshilfe von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen darf, wenn sie nicht den Wesenskern der Garantie beeinträchtigen, ein legitimes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Er nennt ua dabei als Kriterien die Beschleunigung des Verfahrens oder die Rechte Dritter.

In der Begrenzung auf eine einmalige Unterbrechungswirkung, nämlich bloß in Ansehung der ursprünglich ausgelösten Notfrist, liegt ein ausgewogener Interessenausgleich zwischen den Bedürfnissen einer raschen Verfahrenserledigung ohne ungebührliche Verzögerungen als Anliegen der einen Partei und eines effektiven Zugangs zu Gericht trotz nicht ausreichender finanzieller Mittel der Gegenseite. Selbst dann, wenn eine Partei tatsächlich nicht (mehr) über ausreichende Mittel verfügt, etwa weil sie erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für die Beschlussfassung über die schon einmal beantragte Verfahrenshilfe zur Beigebung eines Rechtsanwalts für ein auszuführendes Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf arbeitslos wird, wären dem Antragsteller entweder zuvor ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden, um das angestrebte Rechtsmittel oder den Rechtsbehelf selbst zu finanzieren, oder die Bewilligung wäre an nicht fristgerechter Verbesserung und/oder unzureichender Bescheinigung gescheitert. In beiden Fällen besteht kein Bedarf an einer Korrekturmöglichkeit zu Lasten des Gegners. Eine Bewilligung der Verfahrenshilfe pro futuro wird dadurch nicht gehindert.

Fucik (in Rechberger 4 § 73 ZPO Rz 3) ist daher darin, dass diese Bestimmung nur, aber eben für Anträge mit Neuerungen normativen Inhalt habe, zuzustimmen.

7. Nur der erste binnen einer Notfrist nach § 73 Abs 2 ZPO oder § 464 Abs 3 ZPO gestellte Verfahrenshilfeantrag unterbricht (einmalig) diese ursprüngliche Frist. Mit der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem der „erste“ binnen dieser Frist gestellte Antrag abgewiesen wird (oder mit der Zustellung des Bestellungsbescheids an den Verfahrenshelfer) wird der Lauf dieser Rechtsmittelfrist endgültig in Gang gesetzt. Einer weiteren Fristunterbrechung derselben Frist durch einen neuerlichen Verfahrenshilfeantrag steht § 73 Abs 3 ZPO auch dann entgegen, wenn darin die Veränderung von für die Verfahrenshilfe bedeutsamen Umständen behauptet wird.

Stellt der Verfahrenshilfewerber einen solchen weiteren Verfahrenshilfeantrag nachdem die Frist infolge der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses erneut zu laufen begonnen hat, kann zwar die Verfahrenshilfe bewilligt werden; eine weitere Fristunterbrechung kommt aber nicht in Betracht.

8. Im vorliegenden Fall hätte es (nur) der Aufbringung der Mittel für die Einbringung des Widerspruchs bedurft. Die später gewährte Verfahrenshilfe nahm dem Zweitbeklagten die Last der Finanzierung der eigenen Kosten für das weitere Verfahren ab. Der Vorwurf des Zweitbeklagten, die Vorinstanzen hätten seinen zweiten Verfahrenshilfeantrag unrichtig nicht als bereits erhobenen Widerspruch gedeutet, der einer Verbesserung zu unterziehen gewesen wäre, ist nicht berechtigt, hat er doch unter Vorlage des ZPForm 1 allein Verfahrenshilfe beantragt, ohne (damals) einen Widerspruch einzubringen. Ein solcher ist auch nicht aus der im Formular zu Pkt 6.2. vorgesehenen Angabe der Begründung der Bestreitung des Anspruchs des Verfahrensgegners abzuleiten.

9. Kam es aber nicht mehr zu einer nochmaligen Fristunterbrechung, lief die vierzehntägige Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil für den Zweitbeklagten mit 13. 3. 2015 ab. Der erst am 5. 5. 2015 eingebrachte und damit außerhalb dieser Frist erhobene Widerspruch ist ‑ ohne Berücksichtigung einer Wiedereinsetzung ‑ demnach verspätet.

10. Bisher entschied das Rekursgericht nicht über den Rekurs gegen die Abweisung der beantragten Wiedereinsetzung, erachtete es doch den Widerspruch als rechtzeitig erstattet. Es führte dazu nur aus, dass deswegen ein Wiedereinsetzungsfall gar nicht vorgelegen und der Rekurs gegen den Beschluss über den Antrag auf Wiedereinsetzung ohnehin nur eventualiter gestellt worden sei. Da der am 5. 5. 2015 eingebrachte Widerspruch aber nicht rechtzeitig erhoben wurde, wird das Rekursgericht nun unter Berücksichtigung des in eventu erhobenen Rekurses des Zweitbeklagten gegen den Beschluss über den Wiedereinsetzungsantrag neuerlich zu entscheiden haben (vgl RIS‑Justiz RS0036635).

11. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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