European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00020.16H.0330.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag auf Anberaumung einer Revisionsverhandlung wird abgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Auslegung von Prozessvorbringen begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0042828). Wenn das Berufungsgericht den im Rahmen einer Berufung enthaltenen Satz, die teilweise Zurückweisung des Klagebegehrens sei „hinfällig“, als nicht gesetzmäßige Ausführung eines Rekurses gegen den in das Ersturteil aufgenommenen Zurückweisungsbeschluss qualifiziert hat, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
2.1. Es kommt für den Ausschluss der Anfechtung wegen laesio enormis nicht auf die bloße formelhafte Erklärung an, den wahren Wert zu kennen. Entscheidend ist vielmehr, dass dem Verkürzten der wahre Wert tatsächlich bewusst war; dafür ist der andere Teil beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0087574). Dies ändert aber nichts daran, dass eine Vertragspartei bewusst einen die Grenzen der laesio enormis weit übersteigenden Verlust hinnehmen (3 Ob 50/14w) und ‑ wie hier ‑ eine Schenkung vereinbaren kann. Die Revisionsausführungen zur angeblichen Verfassungswidrigkeit von § 935 Satz 4 ABGB gehen schon deshalb ins Leere, weil diese Bestimmung die Anfechtung wegen laesio enormis zwischen Verwandten oder Freunden nicht generell ausschließt, sondern lediglich eine Beweiserleichterung vorsieht. Demnach lässt ein entsprechendes Naheverhältnis zwischen den Beteiligten (enge Freundschaft, Verwandtschaft) auf teilweisen Schenkungswillen schließen; diese Vermutung ist jedoch widerleglich. Im vorliegenden Fall ist ein Rückgriff auf diese Vermutung jedoch gar nicht erforderlich, enthält doch der Kaufvertrag ausdrücklich die Vereinbarung, dass dann, wenn der Verkehrswert die Gegenleistung übersteigen sollte, der übersteigende Betrag als dem Käufer geschenkt gelten solle. Einen vom klaren Wortlaut des Vertrags abweichenden Willen der Parteien haben die Vorinstanzen nicht festgestellt.
2.2. Im Übrigen begründet die Frage, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0042936 ua).
3.1. Außerhalb der Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG kann die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses nur unter Vorliegen der Voraussetzungen des § 228 ZPO festgestellt werden ( Koppensteiner/Rüffler GmbHG 3 § 41 Rz 18 mwN).
3.2. In der Auffassung des Berufungsgerichts, dem Kläger fehle das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit eines mehrere Monate nach Abschluss des klagsgegenständlichen Kaufvertrags gefassten Gesellschafterbeschlusses über die Bewertung der „Firma“, ist keine im Interesse der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zu erblicken.
3.3. Im Übrigen ist der Abschluss eines Schenkungsvertrags nicht schon deshalb sittenwidrig, weil der Geschenkgeber damit allenfalls auch die Absicht verfolgt, den seinen Nachkommen verbleibenden Erbteil zu schmälern. Hiefür bietet vielmehr der Schenkungspflichtteil bzw die Schenkungsanrechnung nach § 785 ABGB ein ausreichendes Korrektiv.
3.4. Dass denjenigen, der die (absolute) Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses behauptet, dafür die Beweislast trifft, entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach derjenige, der eine bestimmte Rechtsfolge behauptet, für das Vorliegen der diese begründenden Tatsachen beweispflichtig ist (RIS‑Justiz RS0109832, RS0039939).
4.1. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.
4.2. Diese Entscheidung konnte in nichtöffentlicher Sitzung ergehen; ein Recht des Revisionswerbers auf Abhaltung der von ihm beantragten Revisionsverhandlung besteht nicht (RIS‑Justiz RS0043689, RS0043679).
5. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung war gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abzuweisen.
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