OGH 8Ob127/15g

OGH8Ob127/15g29.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. H*****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger, Mag. Jürgen Brandstätter und Mag. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. H*****, und 2. Mag. S*****, beide vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen 64.225,20 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 25. Juni 2015, GZ 11 R 94/15x‑53, mit dem das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 27. März 2015, GZ 31 Cg 73/13d‑46, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00127.15G.0329.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird dem Erstgericht vorbehalten.

 

Begründung:

Die Beklagten beauftragten den Kläger mit der Planung, der Erstellung eines Einreichplans, der örtlichen Bauaufsicht und der Baukoordination für die Errichtung eines Geschäftshauses. In diesem sollten unter anderem eine Apotheke, eine Bankfiliale, ein Café sowie Ordinations‑ und Seminarräume untergebracht werden.

Das am 12. April 2010 vom Kläger verfasste Honoraranbot enthält einleitend die Formulierung „ Honorarberechnung gemäß HOB, Ausgabe 2000 (gilt einvernehmlich als vereinbart)“ . Ferner wird darauf verwiesen, dass die Honorarberechnung aufgrund des (näher definierten) Herstellungspreises erfolge, wobei die Berechnungsgrundlage vorläufig mit Grob-Nettoherstellungskosten von 2,4 Mio EUR angenommen werde. In weiterer Folge werden die (in Tabellenform) vom Kläger im Einzelnen für das Projekt zu erbringenden Leistungen und die für diese Leistungen angesetzten Honorarbeträge angeführt. Auf das sich daraus ergebende Gesamthonorar gewährte der Kläger in seinem ursprünglichen Anbot einen Nachlass von 25 %. Ob die HOB (Honorarordnung der Baumeister) dem Angebot auch tatsächlich ‑ wie im Text erwähnt ‑ als Beilage angeschlossen war, steht nicht fest. Die Parteien besprachen am 21. April 2010 dieses Angebot und vereinbarten, dass derzeit von Nettoherstellungskosten in Höhe von 2,4 Mio EUR ausgegangen werde, dass dies aber lediglich eine Schätzung sei und sich daher die Honorare des Klägers um zehn bis 20 % nach oben oder unten verändern könnten. Der Kläger erhöhte sodann den von ihm gewährten Nachlass vom errechneten Honorar auf insgesamt 35 %.

Gegenüber dem zum Anbotszeitpunkt vorliegenden Vorentwurf vom April 2010 kam es in weiterer Folge zu mehrfachen Flächenänderungen und ‑ wegen kurz nach Baubeginn aufgetretener Finanzierungsprobleme ‑ zu einem vorübergehenden Baustopp. Im Juni 2011 informierte der Kläger die Beklagten über eine Steigerung der Nettoherstellungskosten auf rund 2,94 Mio EUR.

Im Jahr 2012 verschlechterte sich das persönliche Verhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten. Die Baukosten erhöhten sich auf rund 3,1 Mio EUR, „dies unter anderem durch Sonderwünsche der Beklagten, aber auch durch eine Vergrößerung der Außenanlagen und des Garagenbereichs“; andere Gründe dafür konnten nicht festgestellt werden, ebensowenig Planungsfehler des Klägers. Im April 2012 nahm der Kläger im Hinblick auf die nunmehr erhöhten Nettoherstellungskosten entsprechende Änderungen des ursprünglichen Honoraranbots vor und legte das geänderte Anbot den Beklagten vor. Weder kann festgestellt werden, dass sich die Beklagten, die bis dahin 13 Abschlagsrechnungen gezahlt hatten, gegen die Erhöhung aussprachen, noch kann festgestellt werden, dass sie ihr zustimmten. In der Folge kam es zu erheblichen Differenzen zwischen den Streitteilen, wobei die Beklagten die Honorarerhöhung bemängelten und weitere Zahlungen verweigerten. Am 28. Juni 2012 wurde das Gebäude feierlich eröffnet (die Arbeiten waren allerdings noch nicht völlig fertiggestellt). Am 13. Juli 2012 erklärte der Erstbeklagte dem Kläger, ihn zu kündigen, und forderte ihn auf, die Baustelle nicht mehr zu betreten und die Schlüssel abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt waren noch Baumängel vorhanden.

Der Kläger begehrte von den Beklagten näher aufgeschlüsselte, der rechnerischen Höhe nach nicht strittige Honorarbeträge für seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Bauprojekt. Er habe seine Leistungen vereinbarungsgemäß erbracht. Laut Vertrag und den vereinbarten HOB sei das Honorar für seine Tätigkeiten an die Nettoherstellungskosten des Bauvorhabens gekoppelt.

Die Beklagten wendeten (soweit für das Revisionsverfahren noch maßgebend) primär ein, dass die HOB nicht wirksam vereinbart worden sei, zumal sie zum Zeitpunkt der Vereinbarung aufgrund der Entscheidung 16 Ok 45/05 nicht mehr in Geltung gestanden sei. Die Bindung des Honorars an die Herstellungskosten sei überhaupt bedenklich. Die im Laufe des Projekts eingetretene Kostensteigerung habe der Kläger selbst zu vertreten; er habe die Beklagten darüber auch nicht informiert. Außerdem habe der Kläger die von ihm geschuldete Bauaufsicht nicht ordnungsgemäß ausgeübt, was zu zahlreichen Mängeln und zu großen Verzögerungen des Baus geführt habe. Die Beklagten wendeten eine Gegenforderung (insgesamt 169.000 EUR) aus dem Titel des Schadenersatzes ein (für geringere vermietbare Flächen als geplant, Mehrkosten für eine vom Kläger zu früh veranlasste Generalreinigung, Kosten der Ersatzvornahme für die Fertigstellungsanzeige, Zinsschaden wegen Kostenüberschreitung und die Sanierung zahlreicher Werkmängel).

Das Erstgericht stellte die Klageforderung als mit 55.909,47 EUR sA zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest; das Mehrbegehren des Klägers (8.315,73 EUR sA) wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und änderte die Entscheidung aufgrund der Berufung des Klägers dahin ab, dass es die gesamte Klageforderung als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend feststellte und daher dem Klagebegehren zur Gänze stattgab.

Die Revision ließ das Berufungsgericht mit Hinweis auf die als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erachtete Frage zu, ob die Geltung der HOB ungeachtet der Entscheidung 16 Ok 45/05 zwischen Personen, die an diesem Kartellverfahren nicht beteiligt waren, wirksam vereinbart werden könne.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde, in eventu, die Gegenforderungen bis zur Höhe des Klagsanspruchs zuzusprechen. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ‑ nicht zulässig.

1.  In der Entscheidung 16 Ok 45/05 hat der Oberste Gerichtshof den vom Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht erlassenen Auftrag an die Bundesinnung Bau bestätigt, die im Kartellregister eingetragene unverbindliche Verbandsempfehlung HOB ‑ Honorarordnung der Baumeister 2000 in allen ihren Fassungen den Empfängern gegenüber ausdrücklich zu widerrufen. Bei der HOB handle es sich zwar um kein Empfehlungskartell sondern um eine unverbindliche Verbandsempfehlung iSd § 31 KartG idF des damals anzuwendenden KartG 1988. Sie verstoße allerdings gegen Art 81 Abs 1 EG (nunmehr Art 101 AEUV), weil sie zumindest geeignet sei, ausländischen Anbietern den Marktzutritt zu erschweren und damit den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen.

Diesem Auftrag ist die Bundesinnung Bau auch nachgekommen.

Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob die im hier maßgebenden Zeitpunkt somit rechtlich nicht mehr existente HOB wirksam zum Bestandteil des Vertrags gemacht werden konnte, stellt sich unter den hier gegebenen Umständen von vornherein nicht:

Es trifft zwar zu, dass das dem Vertrag zugrunde liegende Anbot des Klägers die Formulierung „Honorarberechnung gemäß HOB, Ausgabe 2000 (gilt einvernehmlich als vereinbart)“ enthält; der weitere Inhalt des Anbots macht aber deutlich, dass mit diesem Vermerk inhaltlich lediglich die Kalkulationsgrundlage für die ohnedies im Einzelnen im Anbot detailliert aufgeschlüsselten Leistungen und Honorarpositionen offengelegt wurde, wobei aber die so ermittelten Beträge gegenüber den Ansätzen der HOB letztlich um 35 % reduziert wurden. Auch die von den Revisionswerbern bemängelte Honorarbemessung auf Grundlage der Herstellungskosten war ausdrücklich Gegenstand des Anbots und wurde damit auch zum Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags. Dass die dergestalt zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung in irgendeiner Form wettbewerbswidrig bzw unangemessen hoch sein soll, wird von den Revisionswerbern in keiner Weise dargelegt.

Da die Parteien hier ohnedies die Grundlagen für die Bemessung des Honorars und die einzelnen Honoraransätze explizit vereinbart haben, kommt auch der Frage, ob den Beklagten der Text der HOB beim Vertragsabschluss vorlag, keine Bedeutung zu.

2.  Entgegen den Ausführungen der Revisionswerber hat der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen weder bei Vertragsabschluss noch in einem späteren Stadium des Projekts eine verbindliche Schätzung der Herstellungskosten abgegeben. Auch die Behauptung, der Kläger habe die Kostensteigerung zu verantworten, findet im festgestellten Sachverhalt keine rechtfertigende Grundlage. Als Ursachen für die Kostensteigerungen konnten nur Sonderwünsche der Beklagten und die Vergrößerung der Außenanlagen sowie des Garagenbereichs festgestellt werden, während Planungsfehler des Klägers und andere Ursachen für die höheren Herstellungskosten nicht feststellbar waren.

3.  Die Revisionswerber streben nach wie vor eine (allerdings nie konkretisierte) Kürzung des Honorars des Klägers für die Bauaufsicht an. Dazu vertreten sie wie bisher die Auffassung, dass allein ihre Behauptungen über zahlreiche, teils vom Kläger nicht gerügte Mängel des Bauvorhabens hinreichend belegen, dass der Kläger die Bauaufsicht nicht bzw nur grob mangelhaft wahrgenommen habe.

Schon das Berufungsgericht hat dazu darauf verwiesen, dass der Träger der Bauaufsicht weder für eine mangelfreie Ausführung des Werks noch für die Einhaltung technischer Vorschriften im Zuge der Bauausführung haftet. Er darf sich grundsätzlich auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten verlassen und hat nur dort einzuschreiten, wo für ihn Fehler erkennbar werden (6 Ob 136/99i; SZ 70/198; RIS‑Justiz RS0108535). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass allein durch die Behauptungen der Beklagten, das Bauwerk habe viele Mängel aufgewiesen, eine Verletzung der vom Kläger im Rahmen der Bauaufsicht übernommenen Pflichten nicht schlüssig dargelegt wird, ist daher keineswegs unvertretbar. Auch die Behauptung, dass ein Großteil der Mängel nicht bzw nicht rechtzeitig gerügt worden sei, vermag daran nichts zu ändern, dies umso mehr, als das Vorbringen der Beklagten zu den Mängeln und zur Frage ihrer Rüge (insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass der Kläger ab der Kündigung durch die Beklagten die Baustelle nicht mehr betreten durfte) weitestgehend unkonkretisiert blieb. Zu allfälligen konkreten Nachteilen aus einzelnen Mängeln bzw aus unterbliebenen Rügen fehlt ebenfalls jegliches Vorbringen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die Verfahrensergebnisse keine Grundlage für eine Reduzierung des Honorars (in welchem Ausmaß?) bieten, ist daher nicht zu beanstanden. Auch von einem Feststellungsmangel kann mangels entsprechender Behauptungen der Beklagten keine Rede sein.

4.  Auf die ursprünglich eingewendete(n) Gegenforderung(en) kommen die Beklagten in ihrer Revision inhaltlich nicht mehr zurück.

5.  Eine Kostenentscheidung hatte im Hinblick auf den Kostenvorbehalt des Erstgerichts nach § 52 Abs 1 ZPO zu unterbleiben (§ 52 Abs 3 ZPO).

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