Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 8.370 S (darin 1.395 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
In mehreren Wohnungen des Hauses Wien 1, B*****, fanden Umbauarbeiten statt, wobei Setzungen und Risse bedingt durch nichtfachgerechte Auskeilung und Pölzung auftraten. Die Bauherrin hatte die A***** mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten und die Beklagte mit der Planung und örtlichen Bauaufsicht beauftragt. Die Klägerin ist Betriebshaftpflichtversicherer der A***** und liquidierte die aufgetretenen Schäden im Gesamtbetrag von 466.500 S.
Die Klägerin nimmt nun die Beklagte im Regreßweg in Anspruch und begehrt - unter Anrechnung eines Eigenverschuldens ihrer Versicherungsnehmerin von zwei Dritteln - Ersatz eines Drittels der geleisteten Entschädigungszahlungen. Der Statiker habe Mängel in der Ausführung der Pölzung und Unterfangung des Mauerwerkes festgestellt und die Beklagte davon unterrichtet. Diese habe sein Schreiben (bloß) an die Baufirma weitergegeben, obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, die erforderlichen Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Absicherung der Wände und Decken zu veranlassen. Sie hafte daher dem Geschädigten zur ungeteilten Hand mit der Baufirma. Nach Zahlung des begehrten Schadenersatzbetrages seien die Regreßansprüche der Baufirma auf die Klägerin als deren Haftpflichtversicherer übergegangen.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Die aufgetretenen Schäden seien allein auf mangelhafte Bauführung zurückzuführen, wofür sie nicht einzustehen habe. Aufgabe der von ihr übernommenen Bauaufsicht sei es, die Einhaltung der Regeln der Technik im Sinn der fertiggestellten Leistung zu überwachen, nicht jedoch die handwerkliche Ausführung zur Erreichung dieser Leistung zu beaufsichtigen. Die Herstellung von Unterfangungen zähle zu Tätigkeiten, die in ihrer handwerklichen Durchführung von einer Baufirma ohne weiters erwartet werden könnten. Im übrigen sei die Beklagte dem Ersuchen des Statikers nachgekommen und habe sein Schreiben vom 18. 10. 1994 (das die fehlerhafte Pölzung aufgezeigt habe) an die Baufirma weitergeleitet. Die Beklagte hafte aber auch deshalb nicht, weil die Bauaufsicht nur im Interesse des Auftraggebers, nicht aber jenem des Werkunternehmers durchzuführen sei. Im Falle einer Verletzung der Bauaufsicht könne der bauausführende Werkunternehmer daher mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges kein seine Haftung minderndes Verschulden geltend machen.
Der vom Erstgericht beigezogene Bausachverständige vertrat die Auffassung, die Beklagte sei ihren Verpflichtungen als Bauaufsichtsorgan durch Übermittlung des Statikerschreibens vom 18. 10. 1994 an die Baufirma nachgekommen, sie hätte nur dann weitere Anordnungen treffen müssen, wenn zwischen dieser ersten Warnung und der Durchführung der Arbeiten ein längerer Zeitraum verstrichen wäre, in dessen Verlauf sie die Baustelle mehrmals besucht hätte; nur in einem solchen Fall hätte anläßlich mehrerer Baustellenbesuche auffallen müssen, daß die Warnung gegebenenfalls nicht berücksichtigt wurde. Die Klägerin brachte daraufhin ergänzend vor, die Schäden seien erst Wochen nach dem 18. 10. 1994 eingetreten, die Beklagte habe die Bauaufsicht nicht mit der nötigen Sorgfalt wahrgenommen und habe für diese Schäden einzustehen. Ein Vorbringen, wonach die Beklagte im Zuge von Baustellenbesuchen zwischen 18. 10. 1994 und Schadenseintritt hätte erkennen müssen, daß der von ihr weitergegebenen Beanstandung des Statikers nicht entsprochen wurde, weshalb sie zu weiteren Maßnahmen verpflichtet gewesen wäre, die den Schadenseintritt auch verhindert hätten, hat sie jedoch nicht erstattet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, die Beklagte sei im Rahmen der ihr übertragenen örtlichen Bauaufsicht nach Erhalt des Statikerschreibens zur Warnung verpflichtet gewesen. Sie habe diese Warnpflicht durch Weiterleitung des Schreibens an die Baufirma erfüllt. Es könne nicht festgestellt werden, wann die Unterfangungsarbeiten fertiggestellt wurden. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Beklagte sei ihrer Warnpflicht durch Übermittlung des Statikerschreibens nachgekommen. Daß zwischen Weiterleitung des Schreibens und Beendigung der Arbeiten ein längerer Zeitraum verstrichen sei, habe nicht festgestellt werden können, die Klägerin habe zur Verantwortlichkeit der Beklagten in diesem Zeitraum nichts vorgebracht.
Das Klagebegehren wäre aber auch dann nicht berechtigt, wenn eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten zum Tragen käme. Aufgabe der Bauaufsicht sei es, den Bauherrn vor Fehlern zu schützen und nicht die bauausführenden Unternehmen von ihrer Verantwortung zu entlasten. Der einzelne Werkunternehmer könne daher mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges Sorgfaltsverletzungen der Bauaufsicht nicht als seine Haftung minderndes Mitverschulden geltend machen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die Klägerin sei ihrer Warnpflicht durch Weiterleitung des Statikerschreibens nachgekommen. Daß zwischen diesem Warnschreiben und der Beendigung der Arbeiten bzw dem Schadenseintritt ein längerer Zeitraum verstrichen sei, in dem die Beklagte die Baustelle wiederholt besucht habe und die fehlende Realisierung der Warnung hätte erkennen können, aber nichts zur Verhinderung des Schadens unternommen habe, sei im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht worden. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin in der Berufung sei als Neuerung unbeachtlich. Der Oberste Gerichtshof habe überdies bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Bauüberwachung nur im Interesse des Auftraggebers, nicht auch in jenem der Werkunternehmer erfolge, weshalb bei Verletzungen dieser Verpflichtung der bauausführende Werkunternehmer kein seine Haftung minderndes Mitverschulden geltend machen könne. Eine (Mit-)Haftung der Beklagten scheide daher auch dann aus, wenn sie ihre gegenüber der Bauherrin übernommene Sorgfaltspflicht verletzt hätte.
Das Berufungsgericht ließ - in Abänderung seines Zulassungsausspruches - die ordentliche Revision aus der Erwägung zu, zur Frage, ob auch eine Rückgriffsforderung des Werkunternehmers gegen den Träger der örtlichen Bauaufsicht ausscheide, fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Die Bauaufsicht, deren Aufgabe es unter anderem ist, die Herstellung des Werkes auf Übereinstimmung mit der Planung und auf Einhaltung der technischen Regeln zu überwachen, soll den Bauherrn (der hiefür das Organ der Bauaufsicht auch gesondert zu entlohnen hat) vor Fehlern schützen, die in den Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Unternehmer fallen, nicht aber letztere von deren Verantwortung entlasten oder deren Verantwortung mindern. Die Bauüberwachung erfolgt damit ausschließlich im Interesse des Auftraggebers und nicht in jenem der Werkunternehmer, so daß der bauausführende Werkunternehmer bei Verletzung einer damit verbundenen Verpflichtung mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges kein seine Haftung minderndes Mitverschulden geltend machen kann (SZ 70/198; ecolex 1998, 125; RdW 1997, 394; RIS-Justiz RS0108535 und RS0107245).
Ob dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz auch im Fall einer Rückgriffsforderung des Werkunternehmers gegen den Träger der örtlichen Bauaufsicht nach § 896 ABGB anzuwenden ist, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend. Der hier geltend gemachte Rückgriff des Werkunternehmers gegen einen nach seiner Behauptung solidarisch haftenden Mitschuldner setzt von vornherein eine Haftung des beklagten Mitschuldners voraus. Der hier beklagte Träger der Bauaufsicht müßte daher dem Bauherrn gegenüber sorgfaltswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Dies ist nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hier jedoch nicht der Fall. Der Träger der Bauaufsicht haftet weder für eine mangelfreie Ausführung des Werkes noch für die Einhaltung technischer Vorschriften im Zuge der Bauausführung. Er darf sich auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten verlassen und hat nur dort einzuschreiten, wo für ihn Fehler erkennbar werden (SZ 70/198; RIS-Justiz RS0108535). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde die Beklagte durch ein Schreiben des Statikers auf die mangelhafte Pölzung aufmerksam gemacht und ist ihrer Sorgfaltspflicht durch Weiterleitung dieser Beanstandung auch nachgekommen. Sie hat damit eine Veranlassung getroffen, die für sich gesehen geeignet war, den eingetretenen Schaden zu verhindern und durfte - mangels Erkennbarkeit des Gegenteils - darauf vertrauen, daß die Baufirma ihre Pölzungsarbeiten der Anregung des Statikers folgend nunmehr fachgerecht ausführen werde. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, das eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten verneint hat, ist somit nicht zu beanstanden. Daß die Beklagte aber anläßlich von Baustellenbesuchen nach dieser Beanstandung und vor Beendigung der Arbeiten (bzw vor Schadenseintritt) hätte erkennen müssen, daß die Baufirma den Anweisungen des Statikers nicht entsprochen und die Pölzung nicht fachgerecht ausgeführt hat und die Beklagte dementsprechend weitere Anordnungen hätte treffen müssen, hat die Klägerin - entgegen der sie treffenden Verpflichtung, das objektiv sorgfaltswidrige Verhalten des potentiellen Mitverantwortlichen aufzuzeigen - im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht. Die von ihr zu dieser Frage nun vermißten Feststellungen haben die Vorinstanzen mangels eines entsprechenden Vorbringens somit zu Recht nicht getroffen, so daß der Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht zum Tragen kommt.
Mangels einer der Beklagten zuzurechnenden Sorgfaltswidrigkeit scheidet deren Mitverantwortung für den dann schließlich eingetretenen Schaden von vornherein aus, so daß die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage im vorliegenden Fall ohne Bedeutung bleibt.
Die Revision wird aus diesen Gründen zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, ihre Revisionsbeantwortung diente somit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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