European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00016.16Y.0316.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Klägerin macht als Werkbestellerin gegen die Beklagte als Werkunternehmerin Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche geltend.
Das Berufungsgericht sprach mit Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO aus, dass der Einwand der Verjährung nicht berechtigt sei (vgl RIS‑Justiz RS0127852).
Die Beklagte vermag in ihrer außerordentlichen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des die Klage wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche zur Gänze abweisenden Ersturteils anstrebt, keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
Im Werkvertragsrecht bestehen Gewährleistungsansprüche und Schadenersatz in voller Konkurrenz nebeneinander (RIS‑Justiz RS0021755). Die Verjährung des Schadenersatzanspruchs beginnt erst dann, wenn dem Besteller erkennbar ist, dass eine erfolgte Verbesserung misslungen ist oder wenn feststeht, dass der Werkunternehmer die Verbesserung endgültig verweigert. Der Geschädigte hat vor dem Scheitern der Sanierung noch keinen Anlass, kostspielige Untersuchungen darüber anzustellen, ob er einen Schadenersatzanspruch mit Aussicht auf Erfolg geltend machen kann. Es würde die Erkundigungspflicht überspannen, darüber trotz zugesagter Verbesserung Untersuchungen anzustellen, sich also genauere Kenntnis über den Schaden zu verschaffen, der sich im Vermögen des Bestellers erst nach dem erfolglosen Verbesserungsversuch auswirkt (6 Ob 34/00v ua; RIS‑Justiz RS0022078 [T4], RS0021755 [T10]).
Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht vom klagenden Werkbesteller nicht verlangt hat, ungeachtet des an sich feststehenden Schadenseintritts (Wasser im Untergeschoß) und der Person des (möglicherweise) verantwortlichen Schädigers (Werkunternehmer) keine weitergehende Aufklärung der Schadenursache durch Einholung eines Privatgutachtens zu betreiben, solange die Beklagte sich an Verbesserungsversuchen beteiligte bzw ihrerseits aufklärende Gutachten einzuholen zusagte.
Ob eine Erklärung ein (deklaratives) Anerkenntnis bildet, das für die Unterbrechung der Verjährungsfrist genügt (RIS‑Justiz RS0033015), hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS‑Justiz RS0044468). Vom Schuldner unternommene Verbesserungsversuche sind als deklaratives Anerkenntnis der Schadenersatzforderung des Gläubigers anzusehen und unterbrechen den Lauf der Verjährungsfrist (RIS‑Justiz RS0018762).
Die im konkreten Fall vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung des Gesamtverhaltens der Beklagten im Sinn eines deklarativen Anerkenntnisses ihrer Schadenersatz‑/Gewährleistungspflicht ist jedenfalls vertretbar. Die Klägerin erteilte der Beklagten einen Werkauftrag (Baumeisterarbeiten für die Errichtung eines Gebäudes). Es liegt daher nahe, Verbesserungsarbeiten oder ‑zusagen nicht danach differenziert zu betrachten, welche Teile des einheitlichen Werkvertrags betroffen sind.
Die für die Hemmung und die Unterbrechung von Verjährungsfristen entwickelten Grundsätze sind auch auf Gewährleistungsfristen anzuwenden (3 Ob 110/11i mwN; RIS‑Justiz RS0018790). Wenn der Unternehmer nach der Ablieferung des Werks und der Feststellung der Mängel durch den Besteller diesem Zusagen macht, die Mängel zu beheben, dann läuft die Gewährleistungsfrist erst ab Vollendung der Verbesserung (RIS‑Justiz RS0018921).
Das angefochtene Zwischenurteil des Berufungsgerichts spricht nur über den Verjährungseinwand der Beklagten ab. Beim Zwischenurteil gemäß § 393a ZPO zur (verneinten) Verjährung wird nur die allfällige (nicht gegebene) Verjährung des Klageanspruchs beurteilt und selbständig im Instanzenzug überprüfbar, bevor ein unter Umständen umfangreiches (Beweis‑)Verfahren über die übrigen Anspruchsgrundlagen durchgeführt werden muss. Dass die abgesonderte Prüfung der allfälligen Verjährung eines Anspruchs, dessen Tatsachengrundlagen im Übrigen noch gar nicht feststehen (müssen), die vorläufige Annahme dieser Anspruchsgrundlagen erfordert, liegt in der Natur des Zwischenurteils zur Verjährung gemäß § 393a ZPO (RIS‑Justiz RS0127852). Dieses Urteil steht einer späteren Abweisung des Klagebegehrens nicht entgegen, wenn im weiteren Verfahren keine Anspruchsgrundlage (hier Gewährleistung oder Schadenersatz auslösende Mängel) hervorkommen sollte (2 Ob 63/12x ua; RIS‑Justiz RS0127852 [T1]). Der Umfang der von der Beklagten vertragsgemäß zu erbringenden Bauleistung war daher ebensowenig zu prüfen wie die Frage, ob die von der Klägerin behaupteten Wassereintritte tatsächlich auf einer mangelhaften Vertragserfüllung der Beklagten beruhten. Schon aus diesem Grund müssen die Versuche der Beklagten scheitern, aus der beschränkenden Definition ihrer Vertragspflicht und dem daraus abgeleiteten Fehlen eines Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche auslösenden Mangels die Verjährung der geltend gemachten Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche abzuleiten. Die Prüfung dieser Ansprüche (auch dem Grunde nach) bleibt dem weiteren Verfahren vorbehalten.
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