Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Die Erst‑ bis Viertantragsteller sind die Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Adresse *****. Der Erst‑ und die Dritt‑ bis Fünftantragsteller sind die Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Adresse *****. Die einzelnen Miteigentumsanteile sind unterschiedlich durch Pfandrechte und Veräußerungsverbote belastet. Zudem sind auf der Liegenschaft EZ ***** zu Gunsten der Liegenschaft EZ ***** mehrere Dienstbarkeiten, insbesondere jener der ausschließlichen Nutzung von Autoabstellplätzen einverleibt.
Aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags vom 14. 7. 2014, zweier Parifizierungsgutachten vom 20. 6. 2013 für die beiden Liegenschaften und weiterer Urkunden begehrten die Antragsteller die Berichtigung der Größe der bestehenden Miteigentumsanteile, die Einverleibung des Eigentumsrechts und des Wohnungseigentums an neu geschaffenen Miteigentumsanteilen, die damit korrespondierenden Berichtigungen der eingetragenen Pfandrechte und Belastungs‑ und Veräußerungsverbote sowie die Löschung von Grunddienstbarkeiten. In dem die Eintragungsgrundlage bildenden Wohnungseigentumsvertrag vom 14. 7. 2014 hielten die Antragsteller als Eigentümer der beiden Liegenschaften fest, dass die auf diesen errichteten Wohnhäuser von Anfang an abweichend von den der Begründung von Wohnungseigentum zugrunde gelegten Plänen errichtet worden seien. Die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften hätten daher für beide Liegenschaften ein neues Nutzwertgutachten eingeholt und vereinbart, die in diesen Parifizierungsgutachten ausgewiesenen Lagerräume (nur EZ *****) und Kfz‑Abstellplätze (EZ ***** und *****), welche bislang als Zubehör zu den Wohnungen oder als Allgemeinflächen ausgewiesen gewesen seien, nunmehr als selbständige Wohnungseigentumsobjekte zu widmen und Wohnungseigentum auch an den selbständigen Lagerräumen (Warenlager) und den Kfz‑Abstellplätzen zu begründen. Nach den neuen Parifizierungsgutachten bestünden auf der EZ ***** insgesamt 11 Wohnungseigentumseinheiten, wobei zu den bisherigen 6 Wohnungen 2 Warenlager und 3 Kfz‑Abstellplätze hinzukämen. Auf der EZ ***** bestünden insgesamt 23 Wohnungseigentumseinheiten, wobei zu den bisherigen 6 Wohnungen 2 überdachte Kfz‑Abstellplätze und 15 Kfz-Abstellplätze im Freien hinzukämen. In dem Wohnungseigentumsvertrag vom 14. 7. 2014 stimmten die Eigentümer der Liegenschaften dem Ergebnis der Parifizierungsgutachten, insbesondere den ‑ darin und im Wohnungseigentumsvertrag in Tabellen ausgewiesenen - geänderten Mindestanteilen zu und vereinbarten jeweils deren Berichtigung im Grundbuch iSd §§ 9 Abs 6, 10 Abs 3 WEG sowie § 136 Abs 1 GBG. Die Buchberechtigten Land V***** und R***** reg.Gen.mbH stimmten der Änderung der Miteigentumsanteile durch Berichtigung gleichfalls ausdrücklich zu. Unter Punkt XI. des Wohnungseigentumsvertrags hielten die Antragsteller schließlich fest, dass die Dienstbarkeiten C‑LNR 19 bis C‑LNR 23 in EZ ***** und die korrespondierenden Ersichtlichmachungen in EZ ***** aufgrund der nunmehr erfolgten Begründung von selbständigem Wohnungseigentum auch an den Kfz-Abstellplätzen entbehrlich geworden seien und im Grundbuch gelöscht werden könnten.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Im Wege einer Berichtigung nach § 10 Abs 3 WEG iVm § 136 Abs 1 GBG könne bisher noch nicht bestehendes Wohnungseigentum an einzelnen Objekten nicht neu begründet werden. Weiters liege eine unzulässige Kumulierung vor, da aufgrund mehrerer Urkunden (Parifizierungsgutachten) in mehreren Einlagen die Eintragung mehrerer Rechte beantragt werde. Die Einverleibung der Löschung der Dienstbarkeiten könne schon deshalb nicht bewilligt werden, weil ein ausdrücklicher Verzicht der Berechtigten auf die Dienstbarkeit und somit ein gültiger Rechtsgrund für die Einverleibung der Löschung fehle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Infolge Neubegründung von Wohnungseigentumsobjekten bezüglich der Kfz-Abstellplätze und zweier Warenlager liege kein Berichtigungsfall iSd § 10 Abs 3 WEG in der hier anwendbaren Fassung der Grundbuchs-Novelle 2012 vor. Im Wohnungseigentumsvertrag werde zwar von Zubehör‑Wohnungseigentum an Kfz‑Abstellplätzen gesprochen, ein solches Zubehör-Wohnungseigentum sei aber weder im Grundbuch eingetragen noch hätten die Antragsteller einen urkundlichen Nachweis dazu vorgelegt. Daraus folge, dass die Begründungserleichterung des § 56 Abs 2 WEG für die Kfz‑Abstellplätze hier nicht anzuwenden sei. Das Begehren der Antragsteller ziele darauf ab, durch Verringerung der mit bestehenden Wohnungseigentums-objekten verbundenen Miteigentumsanteile neues Wohnungseigentum an selbständigen Objekten (Lagerräume und Kfz‑Abstellplätze) zu begründen. Im Weg einer Berichtigung nach § 10 Abs 3 WEG könne aber keine Neubegründung von selbständigen Wohnungs-eigentumsobjekten (Wohnungseigentum und Miteigentumsanteile) stattfinden. Eine solche stelle, ebenso wie die Löschung von Wohnungseigentumsobjekten, keinen Anwendungsfall der vereinfachten Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG dar. Wenn ‑ wie hier ‑ die Berichtigung der Miteigentumsanteile im Grundbuch über § 10 Abs 3 WEG hinausgehe, erfordere dies einen eigenen Titel. Im Wohnungseigentumsvertrag hätten die Liegenschaftseigentümer zwar der Neufestsetzung der Nutzwerte und der Eintragung der Miteigentums-anteilsänderungen zugestimmt. Einen Rechtsgrund für die Bestandsänderungen und Aufsandungserklärungen für deren Einverleibung enthalte diese Vereinbarung jedoch nicht. Mangels grundbuchsfähiger Urkunden könnten die angestrebten Änderungen der Miteigentumsanteile nicht eingetragen und als Folge davon auch nicht die übrigen Begehren bewilligt werden. Da die Antragstellung auf Basis der hier geltend gemachten vertraglichen Grundlagen nicht erfolgreich wiederholt werden könne, sei auf allfällige weitere Abweisungsgründe nicht einzugehen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es liege keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des § 10 Abs 3 WEG idF Grundbuchs‑Novelle 2012 bei einvernehmlicher Nutzwertneufestsetzung von Kfz‑Abstellplätzen oder Warenlager unter gleichzeitiger Neubegründung von Wohnungseigentum daran vor.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die beantragten Grundbuchseintragungen bewilligt werden.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Absätze 3 und 4 des weiterhin mit „Recht zum Antrag auf gerichtliche Nutzwertfestsetzung; Änderung der Miteigentumsanteile“ übertitelten § 10 WEG 2002 idF Grundbuchs‑Novelle 2012 haben folgenden Wortlaut:
„(3) Sollen auf Grund einer gerichtlichen (§ 9 Abs 2 und 3) oder einvernehmlichen (§ 9 Abs 6) Nutzwertfestsetzung die Miteigentumsanteile geändert werden, so kann dies bei bereits einverleibtem Wohnungseigentum durch Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG 1955 geschehen. Wenn die Berichtigung bei keinem der Miteigentumsanteile zu einer Änderung von mehr als 10 vH führt, ist sie auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen Miteigentümer vorzunehmen; einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten bedarf es in diesem Fall nicht. Wird hingegen ein Miteigentumsanteil durch die Berichtigung um mehr als 10 vH geändert, so ist die Berichtigung nur mit Zustimmung aller Miteigentümer und derjenigen Buchberechtigten zulässig, die Rechte an einem Miteigentumsanteil haben, der durch die Berichtigung kleiner wird. Bücherliche Rechte, die auf den Miteigentumsanteilen lasten, beziehen sich ohne weiteres auf die berichtigten Miteigentumsanteile.
(4) Liegen die im vorstehenden Absatz genannten Voraussetzungen einer Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs. 1 GBG 1955 nicht vor, so haben die Miteigentümer zur Änderung der Miteigentumsanteile entsprechend einer gerichtlichen oder einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung gegenseitig Miteigentums-anteile in einem solchen Ausmaß zu übernehmen und zu übertragen, dass jedem Wohnungseigentümer der nun für sein Wohnungseigentumsobjekt erforderliche Mindestanteil zukommt. Mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit ist für die übernommenen Miteigentumsanteile ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Die durch die einzelne Übertragung entstehenden Kosten und Abgaben hat der Miteigentümer zu tragen, dem ein Miteigentumsanteil übertragen wird.“
2. Nur unter bestimmten restriktiven Bedingungen sieht § 10 Abs 3 WEG idF GB‑Nov 2012 die Möglichkeit vor, Anteilsverschiebungen in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG vorzunehmen. Die ‑ hier entscheidende ‑ Frage, ob § 10 Abs 3 WEG auch zum Tragen kommen kann, wenn es im Zuge seiner Anwendung auch zur Schaffung neuer mit selbstständigem Wohnungseigentum verbundener Miteigentumsanteile kommen soll, war noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. In seiner Entscheidung 5 Ob 86/10y hat der erkennende Senat zwar die Möglichkeit einer Berichtigung für den Fall verneint, dass ein Wohnungseigentumsobjekt in zwei Objekte geteilt werden soll; dies aber entsprechend der damals maßgeblichen Rechtslage nach § 10 Abs 3 WEG idF WRN 2006 schon deshalb, weil durch die Teilung der Einheiten bei der ursprünglichen Einheit die Anteile um mehr als 10 % geändert werden sollten. Damit war „bereits“ die Voraussetzung für eine Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG 1955 nicht erfüllt, dass es hinsichtlich keines Miteigentumsanteils zu einer Verschiebung von mehr als 10 % kommen durfte. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der in § 10 Abs 3 WEG (auch schon idF der WRN 2006) verwendete Begriff „Änderung“ überhaupt die „Neuschaffung“ eines Miteigentumsanteils umfasst, konnte daher unterbleiben.
3. Mit der ausführlich begründeten Entscheidung 5 Ob 76/13g hat der erkennende Senat die vergleichbare Grundsatzfrage, ob der in § 10 Abs 3 WEG verwendete Begriff „Änderung“ auch die „Löschung“ eines Miteigentumsanteils umfasst, geklärt. Unter dem in § 10 WEG verwendeten Begriff der „Änderung“ kann demnach nicht zugleich auch die gänzliche „Löschung“ eines Miteigentumsanteils (Erlöschen des Wohnungseigentums und Löschung des Miteigentumsanteils) subsumiert werden. Soll es im Zuge einer Neuparifizierung auch zum gänzlichen Wegfall von selbstständigen Wohnungseigentumsobjekten (Erlöschen des Wohnungseigentums und „Löschung“ der Miteigentumsanteile) kommen, dann liegt kein Anwendungsfall einer vereinfachten Berichtigung mehr vor, der gemäß § 10 Abs 3 WEG 2002 in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG durchgeführt werden könnte (RIS‑Justiz RS0129242). Die Begründung dafür liegt darin, dass sich selbst unter Zugrundelegung der Zielsetzung der GB‑Nov 2012 BGBl I 2012/30, nämlich eine Erleichterung der Berichtigung von Miteigentumsanteilen im Wohnungseigentumsrecht zu ermöglichen, keine überzeugende Begründung dafür finden lässt, dass auch eine gänzliche „Löschung“ eines Miteigentumsanteils im Rahmen der Anwendung des § 10 Abs 3 WEG zulässig sei. Eine Gleichstellung von „Änderung“ und „Löschung“ eines Miteigentumsanteils widerspricht nicht nur dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern ist auch im Auslegungsweg nicht zu erzielen (5 Ob 152/13h; aM T. Hausmann, Anmerkung zu 5 Ob 76/13g, wobl 2014, 143).
4. Die zu 5 Ob 76/13g in Bezug auf die Löschung eines Wohnungseigentumsobjekts angestellten Überlegungen gelten analog auch für dessen Neuschaffung (vgl T. Hausmann, Anmerkung zu 5 Ob 76/13g, wobl 2014, 143). Aus der Rechtsentwicklung folgt zunächst, dass der Gesetzgeber auf der Grundlage des § 10 Abs 3 WEG 2002 idF WRN 2006 die einfache Form der Berichtigung nur bis zur „Bagatellgrenze“ von 10 % zulassen wollte. Die GB‑Nov 2012 brachte dann die oben beschriebenen weitergehenden Möglichkeiten der Berichtigung in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG, und zwar auch im Rahmen der Wohnungseigentumsbegründung. Diese erleichterte Berichtigung von Miteigentumsanteilen im Wohnungs-eigentumsrecht war erklärtes Ziel der GB‑Nov 2012 (ErläutRV 1675 BlgNR 24. GP 1). Gerade deshalb ist aber auch davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen der GB‑Nov 2012 genau und konkret auch mit den Grenzen der vereinfachten Berichtigung befasst hat. Unter diesem Gesichtspunkt fehlt es dann aber an einer überzeugenden Auslegungsbasis für die Zulässigkeit auch der gänzlichen „Neuschaffung“ eines Miteigentumsanteils im Rahmen der Anwendung des § 10 Abs 3 WEG. Eine Gleichstellung von „Änderung“ und „Neuschaffung“ würde zunächst schon dem allgemeinen Sprachgebrauch widersprechen. Im gegebenen Zusammenhang ist § 10 WEG 2002 (ua) mit „Änderung der Miteigentumsanteile“ überschrieben und der Gesetzestext selbst spricht von einer „Änderung“ (Abs 3 und 4) und einer „Änderung oder Übertragung“ (Abs 1). Für die Neuschaffung eines Miteigentumsanteils findet sich dagegen weder in § 10 WEG noch in § 3 Abs 4 WEG ein verbaler Anhaltspunkt. Im Gegenteil, der durch die GB‑Nov 2012 geschaffene § 3 Abs 4 WEG, der für die Begründung des Wohnungseigentums eine ähnliche Erleichterung für die dabei vorzunehmenden Veränderungen der Miteigentumsanteile vorsieht, wie ihn § 10 Abs 3 WEG bei bereits bestehendem Wohnungseigentum für die Nutzwertänderung kennt, stellt explizit auf die Veränderung der „bestehenden“ Miteigentumsanteile ab.
5. Daraus folgt: Soll es im Zuge einer Nutzwertneufestsetzung zur Schaffung von neuen selbstständigen Wohnungseigentumsobjekten kommen, dann liegt kein Anwendungsfall einer vereinfachten Berichtigung mehr vor, der gemäß § 10 Abs 3 WEG in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG durchgeführt werden könnte. Ein solcher Vorgang muss allen allgemeinen grundbuchs‑ und grundverkehrsrechtlichen Regeln entsprechen. Es bedarf einer grundbuchsfähigen Urkunde, in der einzelne Miteigentümer unter Angabe eines Rechtsgrundes bestimmte Miteigentumsanteile an bestimmte andere Miteigentümer übertragen und die dazu entsprechenden Aufsandungserklärungen abgeben (RIS‑Justiz RS0123506).
6. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als nicht berechtigt. Da die Antragstellung auf der Basis der hier geltend gemachten vertraglichen Grundlagen nicht erfolgreich wiederholt werden kann, kann die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe unterbleiben (RIS‑Justiz RS0060544 [T10]).
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