OGH 3Ob223/15p

OGH3Ob223/15p16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Erwin Balogh, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. minderjähriger C*****, geboren am 23. April 2000, 2. minderjährige S*****, geboren am 8. Juli 1998, *****, beide vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Melk, Jugendwohlfahrt, diese vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2015, GZ 48 R 134/15h‑41, womit das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 12. Februar 2015, GZ 4 C 24/14v‑29, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00223.15P.1216.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Den Beklagten wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 19. Februar 2014 zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von insgesamt 32.093 EUR sA (15.845 EUR für den Erstbeklagten und 16.248 EUR für die Zweitbeklagte) sowie des laufenden Unterhalts von 313 EUR monatlich pro Kind die Gehaltsexekution gegen den Kläger, ihren Vater, bewilligt.

Das Erstgericht gab dem Oppositions-klagebegehren, der von den Beklagten betriebene Anspruch sei zur Gänze erloschen, teilweise statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene ‑ unrichtig als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete - „außerordentliche“ Revision des Klägers legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 502 Abs 4 ZPO ist die Revision ‑ außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO ‑ jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.

2. Der Streitwert einer Oppositionsklage, mit der der Ausspruch des (gänzlichen oder teilweisen) Erlöschens eines in Geld zu berichtigenden Unterhaltsanspruchs angestrebt wird, ist nach § 58 Abs 1 JN (dreifache Jahresleistung ‑ RIS-Justiz RS0042366) unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands zu berechnen (RIS‑Justiz

RS0001624; 3 Ob 43/15t).

3.

Mehrere Unterhaltsberechtigte sind bloß formelle Streitgenossen (RIS-Justiz RS0035556), sodass die von ihnen betriebenen Beträge nicht zusammenzurechnen sind. Daher übersteigt schon der von den Beklagten betriebene Unterhaltsanspruch jeweils nicht 30.000 EUR; kommt es doch entgegen der Ansicht des Klägers auf den betriebenen und nicht etwa den zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts tatsächlich bestehenden (höheren) Unterhaltsrückstand an.

4. Aus diesem Grund ist der Oberste Gerichtshof für die Behandlung der „außerordentlichen“ Revision funktionell nicht zuständig: Erhebt in den in § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; dieser darf darüber nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

Die Vorlage der „außerordentlichen“ Revision direkt an den Obersten Gerichtshof ist daher verfehlt. Inwieweit das Rechtsmittel einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen.

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