European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00169.15M.1030.000
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Erstgerichts wird in der Form wiederhergestellt, dass sie lautet:
„Der Antragsgegnerin wird aufgetragen, der Antragstellerin binnen 14 Tagen Einsicht in Auszüge mit allen Buchungen von Einnahmen und Ausgaben und in die dazugehörigen Belege des Girokontos der Eigentümergemeinschaft sowie in das Sparbuch über die Instandrückhaltungsrücklage für die Jahre 2009 und 2010 zu gewähren.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 1.486,72 EUR (darin enthalten 74 EUR Barauslagen und 235,46 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.“
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 1.055,66 EUR (darin enthalten 136,94 EUR USt und 234 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Die Antragstellerin ist Mit‑ und Wohnungseigentümerin einer Liegenschaft in Tirol, die die Antragsgegnerin von 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2011 verwaltete. Seit 1. 1. 2012 gibt es eine neue Hausverwalterin. Die Antragsgegnerin übermittelte der Antragstellerin am 21. 6. 2010 die Jahresabrechnung 2009 sowie am 28. 6. 2011 die Jahresabrechnung 2010.
Mit dem am 14. 6. 2013 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzutragen, 1. eine Übersicht der Ein‑ und Ausgänge des Girokontos der Eigentümergemeinschaft für die Jahre 2009 und 2010 mit Bekanntgabe des Eröffnungsstands zum 1. 1. 2009, datumsmäßig geordnet, samt Anfügung der Verwendungszwecke und Beischluss der zugrunde liegenden Belege sowie 2. die Ein‑ und Ausgänge auf dem Sparguthaben der Eigentümergemeinschaft betreffend Instandhaltungsrücklage und „Waschgeld“, datumsmäßig geordnet, samt Anfügung des Verwendungszwecks und der zugrunde liegenden Belege mit Anführung des Eröffnungsstands zum 1. 1. 2009, vorzulegen.
In der Verhandlung vom 25. 10. 2013 (ON 7) modifizierte die Antragstellerin ihr Begehren dahin, dass sie die Einsichtnahme in das Girokonto der Eigentümergemeinschaft, insbesondere in sämtliche Buchungsschritte für Einnahmen und Ausgaben samt den dazugehörigen Belegen, und die Einsichtnahme in das Sparbuch der Eigentümergemeinschaft betreffend die Instandhaltungsrücklage für die Jahre 2009 und 2010 begehre.
Sie brachte vor, bei Übernahme der Hausverwaltung durch die Antragsgegnerin habe das Rücklagensparbuch ein Guthaben von 79.518 EUR, das Gemeinschaftsgirokonto ein solches von 5.520 EUR aufgewiesen. In der Jahresabrechnung 2009 sei die Rücklage mit weit höheren Beträgen als nach dem Sparbuchstand nachvollziehbar ausgewiesen worden. Die Antragsgegnerin habe bei einer Eigentümerversammlung Unregelmäßigkeiten nicht aufgeklärt. Eine Kontrolle durch mehrere Miteigentümer am 27. 6. 2011 habe ergeben, dass ein Betrag von rund 21.000 EUR nicht nachvollziehbar sei. Die Antragsgegnerin habe erstmals im August 2012 eine Übersicht des Girokontos für das Jahr 2009 zugesagt. Die Antragstellerin habe im September 2012 im Rahmen einer Einschau die Übersicht für dieses Jahr erhalten. Diese sei aber nicht verwend‑ oder nachvollziehbar gewesen, weil sie teils unbezeichnete, teils verklausulierte Sammelbuchungen enthalten habe. Bei einer Belegeinsicht habe die Antragsgegnerin Fragen der Antragstellerin nicht beantwortet, sondern den Standpunkt vertreten, dass die Belege, die Rechnungen und die 14 Gruppen der Betriebskostenausgaben nur der Reihe nach abfragbar seien. Es würden keine weiteren Informationen über Einnahmen erteilt oder Bankbelege im Büro der Hausverwaltung aufliegen. Bei einem Termin zur Belegeinsicht am 9. 12. 2010 sei die Einsichtnahme in Ordner von der Antragsgegnerin verwehrt worden. Einsicht in eine Belegsammlung sei nicht möglich, weil eine solche nicht existiere. Die Antragsgegnerin habe Einsicht in das Rücklagensparbuch und Girokonto verwehrt. Aufgrund der Akontozahlungen der Mit‑ und Wohnungseigentümer müsste das Sparbuch für die Instandhaltungsrücklage bis 2010 ein Guthaben von 110.000 EUR aufweisen, dem stehe ein tatsächlich ausgewiesenes von nur 84.508 EUR gegenüber. Ungeklärt seien Abbuchungen vom Girokonto von 3.600 EUR sowie 7.200 EUR im Jahr 2010.
Die Antragsgegnerin wendete ‑ soweit relevant ‑ ein, sämtliche gewünschte Unterlagen seien übergeben worden, einschließlich des Kontoauszugs für das Girokonto für die Jahre 2009 und 2010 sowie eine Kopie des Rücklagensparbuchs für den gesamten Zeitraum der Verwaltungstätigkeit durch die Antragsgegnerin. Aus der übergebenen Langfassung der Jahresabrechnungen 2009 bis 2011 ergebe sich auch die detaillierte Rücklagenabrechnung für diesen Zeitraum. In die Belege für das Jahr 2009 habe die Antragstellerin umfassend Einsicht genommen. Ihr seien die gesamten Kontoauszüge ausgefolgt worden. Für das Jahr 2010 habe sie keine Einsicht und auch keine Ausfolgung von Belegen gewünscht. Bei Beendigung ihrer Tätigkeit habe die Antragsgegnerin die Verrechnung des Rücklagensparbuchs mit dem neu bestellten Verwalter vorgenommen und die sich aus dieser Abrechnung ergebende Summe überwiesen.
Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin auf, der Antragstellerin binnen 14 Tagen Einsicht in das Girokonto der Eigentümergemeinschaft, insbesondere in sämtliche Buchungsschritte für Einnahmen und Ausgaben samt den dazugehörigen Belegen, und in das Sparbuch der Eigentümergemeinschaft betreffend die Instandhaltungsrücklage jeweils für die Jahre 2009 und 2010 zu gewähren.
Er stellte ‑ insbesondere ‑ Folgendes fest:
„ Die Antragsgegnerin bot der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. 7. 2012 drei Termine für die Gewährung der Belegeinsicht in die Betriebs‑ und Heizkostenabrechnung 2009 an und wies darauf hin, dass die Zeit für die Belegeinsicht beschränkt sei, es aber nicht verwehrt werde, anhand der Jahresabrechnung sämtliche Positionen nacheinander zu benennen und zu prüfen, und die Möglichkeit bestehe, sich kostenpflichtige Abschriften machen zu lassen. In diesem Schreiben wurde unter anderem der 6. 8. 2012, 10.30 Uhr als Termin vorgeschlagen.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 6. 8. 2012 die von ihr begehrte Einsicht in das Girokonto der Eigentümergemeinschaft, insbesondere die gesamten Kontoauszüge samt den dazugehörigen Belegen für die Jahre 2009 und 2010 verweigert oder gewährt hat.
Am 7. 9. 2012 erhielt die Antragstellerin von der Antragsgegnerin eine Kontoübersicht für das Girokonto der Eigentümergemeinschaft für die Jahre 2009 und Kopien des Sparbuchs der Eigentümergemeinschaft betreffend die Instandhaltungsrücklage für den Zeitraum von 11. 12. 2008 bis 31. 12. 2012.
Mit Schreiben vom 7. 11. 2012 meldeten sich die Antragstellerin und ihr Ehemann bei der Antragsgegnerin 'erneut zur Einschau 2009 ff fortfahrend 2010 u. 2011', an. Sie forderten unter anderem die Auflistung der Sparkassenbewegungen für 2010 und 2011 sowie der zusammengefassten Ein‑ und Ausgänge. 'Es müsse erkennbar sein, wer für was an wen bezahlt habe'. Als Einschautermine wurden der 12. sowie der 19. 11. jeweils 9.00 Uhr genannt.
Die Antragsgegnerin teilte am 9. 11. 2012 schriftlich mit, dass sie keinen der beiden vorgeschlagenen Termine bestätigen könne, und ersuchte um telefonische Terminabstimmung. Sie wies darauf hin, dass es nicht verwehrt werde, anhand der Jahresabrechnungen sämtliche Positionen nacheinander und der Reihe nach zu benennen und die dazugehörigen Rechnungen zu prüfen.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Antragsgegnerin der Antragstellerin die gesamten Kontoauszüge für das Girokonto der Eigentümergemeinschaft für die Jahre 2009 und 2010 zur Verfügung gestellt hat und ob die Antragstellerin die Ausfolgung sämtlicher Kontoauszüge für dieses Konto begehrt hat. Ebenso kann nicht festgestellt werden, ob die Antragstellerin von der Antragsgegnerin Einsicht in das Sparbuch der Eigentümergemeinschaft der betreffenden Instandhaltungsrücklage für die Jahre 2009 und 2010 begehrt hat. “
In seiner rechtlichen Beurteilung bezog sich das Erstgericht zunächst auf ein Vorverfahren, in dem die Antragsgegnerin nach § 34 WEG zur Einsichtgewährung in die Abrechnung für den Abrechnungszeitraum 2009 verpflichtet wurde. Nunmehr begehre die Antragstellerin Einsicht in das Girokonto der Eigentümergemeinschaft nach § 20 Abs 6 WEG bzw in das Konto (Sparbuch) betreffend die Instandhaltungsrücklage, zu der sie nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jederzeit auf ihr Verlangen berechtigt sei. Dieses Recht auf Einsicht finde nur dort seine Grenze, wo Rechtsmissbrauch vorliege. Auf einen solchen habe sich die Antragsgegnerin gar nicht berufen. Abgesehen davon sei nicht feststellbar gewesen, ob die Antragsgegnerin die gewünschte Einsicht tatsächlich gewährt habe, indem sie sämtliche Kontoauszüge samt Belegen für die Jahre 2009 und 2010 zur Verfügung gestellt habe. Die Übergabe der Kontoübersicht für das Jahr 2009 sowie die Ausfolgung der Kopie des Sparbuchs ersetze nicht das Recht auf Einsicht in ein Konto samt Belegen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und wies den Antrag auf Einsicht in Girokonto und Sparbuch ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Mit ihrem Kostenrekurs verwies es die Antragstellerin auf die Abänderung der angefochtenen Entscheidung. In der rechtlichen Beurteilung erwähnte es die bereits vom Erstgericht zitierte höchstgerichtliche Judikatur zur ‑ nur durch das Schikaneverbot begrenzten ‑ jederzeitigen Einsichtnahme eines Wohnungseigentümers. Im Anschluss daran legte es dar, dass es der Antragstellerin obliege, zu beweisen, wann und in welche Unterlagen sie Einsicht verlangt habe, und dass ihr eine solche von der Hausverwaltung verweigert worden sei. Dieser Beweis sei der Antragstellerin jedoch nicht gelungen. Das Erstgericht habe nämlich auch im Rekursverfahren im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht bekämpfbare Negativfeststellungen dazu getroffen, ob die Antragstellerin jemals die Einsichtnahme in das Girokonto der Eigentümergemeinschaft und zwar in Bankbelege und Auszüge verlangt habe. Dasselbe treffe auch auf das Sparbuch der Eigentümergemeinschaft zu.
Rechtliche Beurteilung
Der ‑ nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof beantwortete ‑ außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt.
1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 20 Abs 6 WEG 2002 ist das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers auf Einsicht in die Belege des Kontos der Eigentümergemeinschaft weder auf bestimmte Zeiträume noch auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt. Aus den allgemeinen, zu § 1012 ABGB entwickelten Grundsätzen folgt, dass der Verwalter dem Wohnungseigentümer Einblick in die Kontobelege zu gewähren hat, „so oft dieser es verlangt“. Dieses Recht findet seine Grenze im Schikaneverbot (5 Ob 11/08s = SZ 2008/18 mit ausführlicher Darstellung der ‑ die jederzeitige Einsichtnahme teils kritisch hinterfragenden ‑ Meinungen; RIS‑Justiz RS0123167). Dass diese Grundsätze (zufolge § 31 Abs 2 Satz 2 WEG 2002) auch für die Einsicht in ein Rücklagekonto (hier: Sparbuch) gelten, hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits ausgesprochen (5 Ob 9/10z).
2. Passivlegitimiert ist dabei der jeweilige Verwalter für die Dauer seines Verwaltungszeitraums (vgl E . M . Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht ³ § 34 WEG Rz 34). Ob diese Verpflichtung zur Gewährung der Einsicht in Kontounterlagen ‑ oder Belege bei Verwalterwechsel auf den neuen Hausverwalter, dem die Unterlagen pflichtgemäß ausgefolgt wurden (vgl Reßler in Illeditz/Reich‑Rohrwig , Wohnrecht 2 § 34 WEG Rz 15; vgl RIS-Justiz RS0083562 [T6]), übergeht (vgl E . M. Hausmann aaO) muss hier nicht geklärt werden. Die Antragsgegnerin, deren Funktion mit 31. 12. 2011 endete, hat ihre Passivlegitimation nie bestritten. Sie verwies in erster Instanz zwar auf eine Abrechnung mit der neuen Hausverwaltung sowie die Ausfolgung der Rücklage an diese. Dass sie sämtliche Unterlagen und Belege, in die die Antragstellerin Einsicht nehmen will, an die neue Hausverwaltung ausgefolgt hat, behauptete sie nie. Nach den Feststellungen des Erstgerichts reagierte sie sogar noch im November 2012 auf die Aufforderung der Antragstellerin, zu zwei konkret genannten Terminen Einsicht zu nehmen, mit der Mitteilung, dass zwar keiner der vorgeschlagenen Termine bestätigt werden könne, es aber nach telefonischer Terminabstimmung möglich sei, sämtliche Positionen nacheinander der Reihe nach zu nennen und die dazugehörigen Rechnungen zu prüfen. Die Antragsgegnerin geht daher offenbar selbst davon aus, dass sich Sparbuch, Kontoauszüge und Belege nach wie vor bei ihr befinden.
3. Rechtsmissbrauch iSd § 1295 Abs 2 ABGB liegt bereits dann vor, wenn unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich in Vordergrund stehen und daher andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten oder wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen Teils ein krasses Missverhältnis besteht (RIS‑Justiz RS0026271 [T23]; Karner in KBB 4 § 1295 Rz 22 mwN). Beweispflichtig ist derjenige, der sich auf Schikane beruft (7 Ob 2314/96m = SZ 69/289 = RIS‑Justiz RS0026271 [T21]).
4. Auf eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Rechts auf Einsicht hat sich die Antragsgegnerin in erster Instanz nicht gestützt. Sie beschränkte sich auf die Behauptung, den Anspruch bereits vollständig erfüllt zu haben, was nicht zutrifft. Die Antragsgegnerin hat zwar die schriftlich im November 2012 gewünschte Einsicht nicht verweigert und um telefonische Terminabstimmung ersucht. Eine Einsicht in sämtliche Kontounterlagen oder Belege hat aber weder vor noch nach Einleitung des gerichtlichen Verfahrens stattgefunden. Die Einbringung eines Antrags im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht bereits als rechtsmissbräuchliche Ausübung des Einsichtsrechts anzusehen.
5. Die Antragsgegnerin hat einige der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts in ihrem Rekurs bekämpft. Das Rekursgericht war der Meinung, die Beweisrüge nicht erledigen zu dürfen, weil im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren die Feststellungen nicht bekämpfbar seien. Auch wenn der Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen im Gesetz nicht ausdrücklich angeführt ist, können im Rekursverfahren nach dem Außerstreitgesetz die Tatsachenfeststellungen bekämpft werden ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 45 Rz 81, § 53 Rz 1; vgl Klicka in Rechberger 2 § 45 AußStrG, Rz 9). Gegenteiliges ist für das außerstreitige Wohnrechtsverfahren nicht vorgesehen. Will das Rekursgericht in diesem Verfahren von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts abweichen, muss es eine Beweiswiederholung durchführen (vgl Klicka in Hausmann / Vonkilch aaO § 37 MRG Rz 122, § 52 WEG Rz 64).
6. Die unterbliebene Erledigung der Beweisrüge führt hier allerdings nicht zur Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung, weil die begehrten Ersatzfeststellungen ein Ergebnis zugunsten der Antragsgegnerin nicht rechtfertigen könnten. Eine Einsicht in die Kontoübersicht des Girokontos (komprimierter Kontoauszug) ersetzt die nach § 20 Abs 6 WEG 2002 zu gewährende Einsicht in sämtliche Kontobelege nicht. Dass die Antragstellerin (angeblich) immer bereit war und nach wie vor ist, der Antragstellerin Einsicht in das Girokonto und das Rücklagensparbuch zu gewähren, erfüllt nicht den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf tatsächliche Einsicht in sämtliche Kontounterlagen einschließlich jener Belege, die Aufschluss über angeblich nicht nachvollziehbare Buchungen bieten sollen. Dass die Antragstellerin Einsicht in jene Unterlagen hätte nehmen können, welche in dem (auch) über ihre Anzeige eingeleiteten Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin von der kontoführenden Bank übermittelt wurden, entbindet einen Hausverwalter ebenfalls nicht von seiner Pflicht, einem Wohnungseigentümer auf dessen Verlangen Einsicht zu gewähren.
7. Der Antrag der Antragstellerin ist aus diesen Erwägungen berechtigt. Die Einsichtnahme eines Wohnungseigentümers bezieht sich aber nicht auf das Konto selbst, sondern nur auf Kontoauszüge und Belege. In diesem Sinn wird der stattgebende Spruch des Erstgerichts modifiziert.
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Aufgrund der (modifzierten) Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses zu Gunsten der Antragstellerin ist auf ihre Argumente im Kostenrekurs (ON 20) einzugehen (vgl RIS‑Justiz RS0036069 [T1, T7] für das streitige Verfahren). Wie bereits das Erstgericht zutreffend dargelegt hat, zielten ihre ursprünglichen Anträge nicht auf Gewährung einer Einsicht nach § 20 Abs 6 oder § 31 Abs 2 WEG, sondern auf Rechnungslegung nach § 34 WEG. Ab der Umstellung ihres Begehrens hat die Antragstellerin voll obsiegt. Aus Billigkeitserwägungen sind ihr daher erst ab diesem Zeitpunkt die gesamten Verfahrenskosten zuzusprechen. Der Antragsgegnerin, die mit der Beantwortung zum Kostenrekurs der Antragstellerin (ON 22) zur Gänze erfolgreich war, gebühren im Rahmen der Billigkeitsentscheidung für diese Replik keine Kosten (5 Ob 148/13w = RIS-Justiz RS0119892 [T10]).
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