European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050NC00027.15P.1020.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch wird abgewiesen.
Begründung
Die in Vorarlberg wohnende Klägerin begehrt Schadenersatz von der beklagten Depotbank mit Sitz in Graz. Der für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) tätige Vermögensberater habe ohne ihr Wissen und Willen ein Konto sowie ein Depot bei der beklagten Partei eröffnet, dabei die Unterschrift der Klägerin manipuliert und von einem tatsächlich eröffneten Depot Wertpapiere auf dieses Konto und Depot überweisen lassen. Die beklagte Partei habe das Guthaben aus diesem Depot auf das Konto des Vermögensberaters überwiesen.
Die beklagte Partei stellte die Überweisungsvorgänge sowie den Schadensbetrag der Höhe nach außer Streit. Sie bestritt ihre Haftung dem Grund nach insbesondere deshalb, weil sie ausschließlich als Abwicklungs‑ und Depotbank ohne Beratungspflicht oder ‑leistungen gegenüber den Kunden des WPDLU und auch nicht sorglos gehandelt habe.
Die Klägerin beantragt (neuerlich) die Delegierung der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch. Sowohl sie als auch zwei einzuvernehmende Zeugen hätten ihren Wohnsitz in Vorarlberg.
Die beklagte Partei und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz sprechen sich (neuerlich) gegen die Delegierung aus.
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Delegierung einer Rechtssache an ein anderes Gericht nach § 31 JN soll die Ausnahme bilden. Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS‑Justiz RS0046441; RS0046589 [T1 bis T2]). Widerspricht ‑ wie hier ‑ eine Partei der Delegierung, müssen besonders schwerwiegende Gründe für die Übertragung der Zuständigkeit vorliegen (RIS‑Justiz RS0046455; RS0046589 [T7, T13]). Die Zielsetzung der Delegierung liegt in einer wesentlichen Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie einer Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (RIS‑Justiz RS0046333 [T6]).
Für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit ist der Stand des Verfahrens zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ( Schneider in Fasching / Konecny 3 I § 31 JN Rz 25). Auf den Wohnsitz potenziell allenfalls in Betracht kommender, aber noch gar nicht namhaft gemachter Zeugen kann bei der Beurteilung, ob Zweckmäßigkeitserwägungen für oder gegen eine Delegierung sprechen, nicht abgestellt werden (RIS‑Justiz RS0046589 [T10, T15]).
In ihrem ersten, erfolglos gebliebenen Delegierungsantrag (5 Nc 21/15f) kündigte die Klägerin lediglich an, die Vernehmung des Vermögensberaters und eines informierten Vertreters/einer informierten Vertreterin einer mit der beklagten Partei nicht identen Bank (beide mit Wohnsitz in Vorarlberg) zu beantragen. Eine solche Absichtserklärung war einem konkreten Beweisantrag nicht gleich zuhalten und deshalb bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit nicht zu berücksichtigen. Eine Partei hätte es auch sonst in der Hand, durch bloß angekündigte aber nicht beantragte Beweisanbote eine letztlich unzweckmäßige Delegierung zu erreichen.
In ihrem neuen Delegierungsantrag stellt die Klägerin erstmals ausdrücklich den Antrag auf Vernehmung der beiden Zeugen. Unbeachtet dessen ist der Antrag nach wie vor nicht berechtigt. Schwerpunkt des Verfahrens ist die Klärung der (Rechts‑)Frage, ob strafbare Handlungen des ‑ nach dem Vorbringen der Klägerin rechtskräftig verurteilten ‑ Vermögensberaters der beklagten Depotbank zugerechnet werden können. Die Klägerin sieht deren Verschulden darin, die Fälschung der Verkaufs‑ und Überweisungsaufträge nicht erkannt zu haben. Die beklagte Partei bestreitet insbesondere Zurechenbarkeit sowie Sorglosigkeit und beantragt neben Einsicht in vorgelegte Kontounterlagen (einschließlich des Konto‑ und Depoteröffnungsantrags) die Vernehmung einer namentlich genannten Zeugin. Als ladungsfähige Anschrift wird der Sitz der beklagten Partei in Graz angeführt (ON 13). Diese hat die Überweisungen auf das Konto des Vermögensberaters bei jener Bank, deren informierte Vertreterin (Filiale D*****) die Klägerin als Zeugin führt, ohnehin außer Streit gestellt. Angesichts des anspruchsbegründenden Vorbringens kommt der Vernehmung dieser nicht namentlich genannten Zeugin nur untergeordnete Bedeutung zu. Eine eindeutige Zweckmäßigkeit zugunsten der Klägerin ist ‑ nicht zuletzt im Hinblick auf die vom Prozessgericht zutreffend genannte Möglichkeit einer Videokonferenz ‑ somit nach wie vor nicht gegeben.
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