OGH 8ObA39/15s

OGH8ObA39/15s29.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Dr. Weixelbraun‑Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Ing. Thomas Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien ‑ Magistratsdirektion, Personalstelle Wiener Stadtwerke, 1030 Wien, Thomas‑Klestil‑Platz 14, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestands eines Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. März 2015, GZ 9 Ra 65/14s‑36, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00039.15S.0929.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat sich mit den Argumenten zum behaupteten Verfahrensmangel auseinandergesetzt (RIS‑Justiz RS0106371) und diese mit zutreffender Begründung widerlegt. Auf die ‑ von der Beklagten behauptete ‑ Tatsache, ob der Kläger in einem Arztgespräch von einem bereits aufgetretenen Sekundenschlaf gesprochen hat oder einen solchen nur befürchtete, kommt es für die Beurteilung der Berechtigung der Beklagten zur Kündigung nach § 42 Abs 2 Z 2 VBO nicht an. Maßgeblich ist, ob der Kläger zur Erfüllung seiner Dienstpflichten gesundheitlich ungeeignet war oder nicht. Die Beklagte hat in ihrer Berufung nur die Feststellungen zum behaupteten Sekundenschlaf des Klägers bekämpft, während sie die Feststellung der uneingeschränkten gesundheitlichen Eignung für die Tätigkeit als U-Bahnfahrer nicht beanstandet hat. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor.

2.1 Die Frage, ob die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit im Sinn des § 42 Abs 2 Z 2 VBO erfüllt sind, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0081880 [T9]). Von einer das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordernden krassen Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

2.2 Der Kläger war nach dem Sachverhalt zum Zeitpunkt seiner Kündigung gesundheitlich in der Lage, den Schichtbetrieb im U-Bahnbereich als Fahrer in jeder Form zu leisten und es gab auch keine Prognose, nach der ihm dies in absehbarer Zukunft nicht mehr möglich sein könnte. Eine gesundheitliche Einschränkung des Klägers dahin, dass er iSd § 42 Abs 2 Z 2 VBO dienstunfähig gewesen wäre, lässt sich daraus, dass der Kläger ‑ wie auch andere seiner Arbeitskollegen ‑ in den zwischen manchen Schichten verbleibenden Pausen (beim Wechsel von Früh- in den Spätdienst) nur schwer einschlafen konnte, sich deswegen nicht hinreichend ausgeruht fühlte und die Beklagte mehrfach (erfolglos) um eine Änderung der Dienstregelung ersuchte, nicht ableiten.

2.3 Die in der Revision genannten Entscheidungen (9 ObA 56/02d; 8 ObA 230/01h) zur Verfügbarkeit des Dienstnehmers für den Dienstgeber betreffen Fälle, in denen eine Kündigung des Arbeitnehmers wegen überdurchschnittlich langer Krankenstände gerechtfertigt war. Sie sind daher mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar.

2.4 Die Anforderungen an Betriebsbedienstete gemäß § 10 Straßenbahnverordnung 1999 (BGBl II Nr 76/2000) sehen Untersuchungen und Beurteilungen der Tauglichkeit des Dienstnehmers durch einen vom Straßenbahnunternehmen beauftragten Arzt als Voraussetzung für den Einsatz im Fahrbetrieb oder etwa bei der Überwachung des Betriebsablaufs (§ 2 Z 5 Straßenbahnverordnung) vor. Eine Kündigung des Klägers nach § 42 Abs 2 Z 2 VBO lässt sich jedoch ‑ entgegen der Ansicht der Beklagten ‑ nicht dadurch rechtfertigen, dass der von ihr beauftragte Direktionsarzt die Tauglichkeit des Klägers zur Tätigkeit als U-Bahnfahrer nicht bestätigte, obwohl (auch seiner Ansicht nach) gesundheitlich keine Gründe gegen seine Beschäftigung im Fahrdienst sprachen. Für die Beurteilung der Frage der Berechtigung der Beklagten zur Kündigung des Klägers ist entscheidend, dass der Kläger nach den Feststellungen im Zeitpunkt der ausgesprochenen Beendigung des Dienstverhältnisses gesund war und uneingeschränkt als U-Bahnfahrer hätte eingesetzt werden können.

Stichworte