OGH 6Ob130/15h

OGH6Ob130/15h25.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 6***** AG, *****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. M***** K*****, 2. I***** GmbH, *****, beide vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 2.406.800 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2015, GZ 1 R 3/15s‑26, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00130.15H.0925.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin begründet ihren Schadenersatzanspruch im Revisionsverfahren nur mehr mit der Behauptung, die Beklagten hätten die „Gallgasse“ nicht vertragskonform angeboten. Sie stützt sich dabei Punkt 3.4.1. des Syndikatsvertrags Beilage ./A:

Die Investoren vereinbaren hiermit, dass der Ankauf von Immobilien in Deutschland und Österreich (Bauträgergrundstücke sowie Wohn‑ und Gewerbeimmobilien) jeweils über eigene Projektgesellschaften erfolgen soll. Diese Projektgesellschaften sollten grundsätzlich in Form von GmbH & Co KGs („Projektgesellschaften“) gegründet werden, in denen die 6***** GmbH die Stellung als Komplementärin ohne Kapitaleinlage übernehmen und nur ihre Arbeitsleistung als Geschäftsführerin (Arbeitsgesellschafter) einbringen wird, wobei bei einzelnen Projekten die Stellung als Komplementärin zum Teil auch von anderen Gesellschaften übernommen werden kann. Die Gesellschaftsverträge der Projektgesellschaften werden im Wesentlichen gemäß Mustergesellschaftsvertrag in Anlage 3.4.1 abgeschlossen. Die Investoren E*****, IR***** und I***** verpflichten sich, alle Investitionsmöglichkeiten in Immobilienprojekte, welche Ihnen oder Ihren Konzerngesellschaften angeboten werden, zuerst ausschließlich der 6***** GmbH unter Angabe sämtlicher Kaufkonditionen schriftlich anzubieten („Investitionsangebot“). Sofern binnen 10 Werktagen nach Eingang des Investitionsangebotes bei der 6***** GmbH das Investitionsangebot nicht schriftlich von der 6***** GmbH verbindlich angenommen wurde, ist der anbietende Investor berechtigt, das angebotene Immobilienprojekt selbst bzw durch ihre Konzerngesellschaften zu erwerben.

Bereits das Erstgericht hat ausgeführt, Punkt 3.4.1. sei dahin auszulegen, dass ein den vertraglichen Verpflichtungen entsprechendes „Investitionsangebot“ (auch) dann gelegt wurde, wenn ein Investor der Klägerin eine Ankaufsmöglichkeit einer Liegenschaft unter Angabe der relevanten Kaufkonditionen mitteilte. Die Auffassung der Klägerin, ein vertragskonformes Verhalten hätte nur darin bestehen können, unter Angabe sämtlicher Kaufbedingungen die Übernahme anzubieten, blendet aus, dass es ja einem (potenziellen) Verkäufer offen steht zu entscheiden, hinsichtlich welcher Vertragsbedingungen er sich bereits vorweg bei einem noch gar nicht feststehenden Käufer, mit dem er nicht verhandelt, festlegen will.

2. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin verneint. Die Revision vermag es nicht, dazu eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hängt es von dem ‑ aus der Natur und dem Zweck des Vertrags zu ermittelnden ‑ Parteiwillen ab, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt ein Dritter (hier: die Klägerin) unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden die Erfüllung des zu seinen Gunsten abgegebenen Versprechens zu fordern (RIS‑Justiz RS0017137). Ob ein „echter“ (berechtigender) Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, ist eine Auslegungsfrage (RIS‑Justiz RS0017113 [T1]), die nur nach den Umständen des Einzelfalls zu lösen ist (vgl RIS-Justiz RS0017145 [T1]). Derartige Auslegungsfragen stellen aber regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0044358).

Die Formulierung des Punktes 3.4.1. stellt besonders auf die drei „Investoren“ ab. Nur diese sollen nach der Begriffsdefinition in Punkt 1.1. des Vertrags auch „Parteien“ dieses Teils des Vertrags sein. In einem eigenen Punkt 2.2. wird der Anspruch auf Schadenersatz aus Verletzung „dieser Vereinbarung“ also offenbar nicht nur von Teilen des Vertrags ‑ auch wieder nur den „Investoren“ zugebilligt.

Aus einer wirtschaftlichen Betrachtung heraus geht es offenbar um die Regelung des wirtschaftlichen Verhältnisses zwischen den „Investoren“ aus von ihnen beigebrachten Immobilienprojekten. Sie wurden offenbar bewusst insoweit als die einzigen „Parteien“ dieses Vertrags festgelegt und unter anderem die Klägerin beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin zur Abwicklung herangezogen.

Wenn das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der konkreten Vereinbarungen im Ergebnis davon ausgegangen ist, dass diese Vereinbarung nicht als echte Vereinbarung zugunsten Dritter iSd § 881 Abs 2 ABGB die Klägerin beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Investor berechtigen sollte, so kann dies nicht als unvertretbar im dargestellten Sinne beurteilt werden.

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass doch zwischen allfälligen Ansprüchen der Gesellschaft und jenen der Gesellschafter zu unterscheiden ist, so trifft dies zwar zu, trägt aber nichts zur Beurteilung der hier entscheidenden Frage bei, ob auch eine ‑ „ausdrücklich“ ‑ nicht am Vertrag als Partei beteiligte Gesellschaft der Vertragsparteien aus diesem Vertrag einklagbare Rechte erhalten soll.

2.2. Die Klägerin stützt sich in ihrer außerordentlichen Revision zur Begründung der Aktivlegitimation hilfsweise auf einen „unechten Vertrag zugunsten Dritter“, der jedoch dem Dritten gerade keine eigenen von ihm durchsetzbaren Ansprüche verschafft (RIS‑Justiz RS0017153).

2.3. Soweit sich die Revision darauf stützt, dass Punkt 3.4.1. als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin zu qualifizieren sei, muss ihr entgegengehalten werden, dass sie nicht darstellt, inwieweit dies schon Gegenstand im Verfahren erster Instanz beziehungsweise im Berufungsverfahren gewesen wäre, und dass dies auch nicht ersichtlich ist.

3. Auch wenn das Berufungsgericht zahlreiche Feststellungen des Erstgerichts trotz Feststellungsrüge in der Berufung der Klägerin nicht überprüft hat, kann doch davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis der Auslegung durchaus zutreffend ist.

Im Übrigen spricht hier viel dafür, dass die „Investoren“ im Rahmen der Gesellschaft auch nicht über die erforderlichen Mittel verfügten, um das Projekt abzuwickeln, und deshalb die Beklagten eingestiegen sind.

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