European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00062.15V.0922.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.971,54 EUR (darin 328,59 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Beklagte ist Mieterin von Büro‑ und Wohnräumlichkeiten in einem Gebäude im Eigentum der Klägerin.
Aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Veränderungen in der Person der Beklagten begehrte die Klägerin gemäß § 12a MRG rückwirkend ab Oktober 2012 die Anhebung des Mietzinses und machte den aufsummierten Erhöhungsbetrag klageweise geltend. Zudem begehrte sie wegen der qualifizierten Zahlungsrückstände die Räumung der Bestandräumlichkeiten.
Die Beklagte wendete ein, sie bzw ihre Rechtsvorgänger hätten mit der früheren Eigentümerin die Erhöhung der Mietzinse abbedungen und es seien ihnen Weitergaberechte an den Bestandgegenständen eingeräumt worden. Die Beklagte stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung, die Klägerin sei nicht berechtigt, den Mietzins aus einem der im § 12a MRG genannten Gründen anzuheben.
Das Erstgericht wies die Klage ab und gab dem Zwischenfeststellungsantrag statt. Zwischen Mieter und Vermieter sei mehrmals festgelegt worden, dass der Hauptmietzins unabhängig von jeglichen Änderungen gleich bleiben solle. Dieser Verzicht auf die Anhebung des Mietzinses sei hier unbedenklich, weil die Beklagte bzw ihre Rechtsvorgänger erhebliche Investitionen getätigt bzw Ablösesummen bezahlt hätten. Die Klägerin habe überdies beim Erwerb des Hauses ausdrücklich akzeptiert, dass Änderungen in der Gesellschafterstruktur der Mieterin keine Auswirkungen auf den Hauptmietzins haben und dafür auch einen niedrigeren Kaufpreis für das Haus bezahlt.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Klage und sprach insoweit aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei; hinsichtlich des den Feststellungsantrag der Beklagten stattgebenden Teils, hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts als nichtig auf. Dieser Anspruch sei ins Außerstreitverfahren verwiesen und es liege daher diesbezüglich die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs vor. In der Sache führte es aus, die Vermieterin habe den Mietern das Recht eingeräumt, sämtliche aus den Mietverträgen resultierende Rechte ‑ und damit auch das Recht zur Weitergabe ‑ an dritte Personen, insbesondere Rechtsanwälte, weiterzugeben und habe sich verpflichtet, mit den als Rechtsnachfolgern nominierten Personen einen Mietvertrag eben jenes Inhalts abzuschließen, wie er mit den Mietern bestanden habe, sofern gegen die als Nachmieter nominierten Personen keine begründeten Bedenken bestünden. Schon daraus folge, dass sich am Hauptmietzins nichts ändern solle, was auch immer für Veränderungen eintreten würden. Da ausdrücklich nicht nur den ursprünglichen Mietern ein Weitergaberecht eingeräumt worden sei, sondern zumindest auch deren unmittelbaren Rechtsnachfolgern, das Weitergaberecht daher mit der Gründung der GmbH der Beklagten und der Einbringung der Mietrechte in diese im September 2006 nicht konsumiert gewesen sei, komme eine Mietzinsanhebung aufgrund der im September 2012 stattgefundenen gesellschaftsrechtlichen Änderungen jedenfalls nicht in Betracht.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte wendet sich mit ihrem (als Revisionsrekurs bezeichneten) Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts und die Klägerin mit ihrer außerordentlichen Revision gegen die (Bestätigung der) Abweisung ihres Klagebegehrens.
I. Zum Rekurs:
1. Gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts, mit welchem ein über einen Zwischenantrag ergangenes Urteil aufgehoben und der Zwischenantrag mangels der Voraussetzungen des § 236 ZPO zurückgewiesen wird, ist ein Rekurs zulässig. Dieser Rekurs ist ohne Rücksicht auf eine Wertgrenze und ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (RIS‑Justiz RS0039705 [T9]; RS0039554), und das Rekursverfahren ist zweiseitig ( Zechner in Fasching/Konecny 2 § 519 ZPO Rz 12). Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels hindert nicht dessen Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RIS‑Justiz RS0036258).
Der Rekurs der Beklagten ist daher zulässig.
2. Die Frage, ob der Zwischenantrag der Beklagten im außerstreitigen Verfahren oder im Streitverfahren zu erledigen ist, kann dahingestellt bleiben, weil in dem zwischen den Parteien geführten Verfahren 42 C 363/13i des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien mit Beschluss vom 28. 5. 2014 die Klage der hier Beklagten auf Feststellung, dass die (hier) Klägerin nicht berechtigt sei, die Hauptmietzinse für die gegenständlichen Mietobjekte zu erhöhen, rechtskräftig wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurückgewiesen wurde.
3. Die Vorschriften des § 411 ZPO finden auch auf Beschlüsse, mit denen die Entscheidung über einen Rechtsschutzanspruch verweigert wird, Anwendung ( Fasching/Klicka in Fasching/Konecny 2 § 411 ZPO Rz 25). Gerichtliche Entscheidungen über die Zulässigkeit des Rechtswegs als einer Prozessvoraussetzung sind der materiellen Rechtskraft fähig, wird doch darin über ein Rechtsschutzbegehren entschieden. Folge der aus der materiellen Rechtskraft resultierenden Einmaligkeitswirkung ist es, dass eine rechtskräftige Entscheidung über die Unzulässigkeit des Rechtswegs zwischen denselben Parteien eine neuerliche Verhandlung über das identische Begehren ausschließt (RIS‑Justiz RS0111238; vgl auch RS0007164).
4. Begehren und Vorbringen der zurückgewiesenen Klage entspricht jenem des Zwischenantrags der Beklagten in diesem Verfahren. Der neuerlichen Geltendmachung des Anspruchs im streitigen Rechtsweg steht daher die materielle Rechtskraft des klagszurückweisenden Beschlusses entgegen, weshalb die Zurückweisung des Zwischenantrags der Beklagten durch das Berufungsgericht im Ergebnis richtig war.
5. Dem Rekurs der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.
6. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.
II. Zur außerordentlichen Revision:
1. Nach der Rechtsprechung schließt ein vertraglich eingeräumtes Weitergaberecht nicht nur eine Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 1 MRG, sondern auch nach § 12a Abs 3 MRG aus (5 Ob 100/99p mwN). Den Ausschluss des Anhebungsrechts im Fall des § 12a Abs 3 MRG gebietet ein Größenschluss, weil das Zugeständnis des Vermieters, die Mietrechte zu den bisherigen Bedingungen an ein anderes Rechtssubjekt weiterzugeben, auch die in § 12a Abs 3 MRG angesprochenen Änderungen in der Mietergesellschaft abdeckt (5 Ob 58/00s; RIS‑Justiz RS0104322 [T2]; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch 3 § 12 MRG Rz 36 und § 12a MRG Rz 93; Würth in Rummel ³, § 12a MRG Rz 5).
2. Mangels Änderung in der Person des Mieters in den Fällen des § 12a Abs 3 MRG findet keine Vertragsnachfolge statt, sodass die Ausübung eines vertraglichen Weitergaberechts in den Fällen einer bloßen Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeiten nicht an eine empfangsbedürftige Übertragungserklärung geknüpft werden kann. Der Mieter kann vielmehr auch nach Verwirklichung des Machtwechsels einem auf § 12a Abs 3 MRG gestützten Erhöhungsbegehren des Vermieters den rechtsvernichtenden Einwand der Inanspruchnahme des vertraglichen Weitergaberechts entgegenhalten (5 Ob 93/09a).
3. Die im Jahr 2005 getroffenen Vereinbarungen der Parteien (Vereinheitlichung sämtlicher Mietverträge) erfolgten zu einem Zeitpunkt, als § 12a MRG bereits seit über 10 Jahren in Geltung stand (Inkrafttreten des 3. WÄG mit 1. 3. 1994). Somit kann keine Rede davon sein, dass das Berufungsgericht auf eine gesetzliche Situation, die § 12a MRG nicht erfasst habe, abgestellt habe. Punkt 5) des Mietvertrags vom 2. 12. 1982, dessen Inhalt im Jahr 2005 für sämtliche Mietverträge vereinbart wurde, regelt ausdrücklich, dass auch das Recht zur Weitergabe weitergegeben werden könne. Das Berufungsgericht ist daher vertretbar zum Ergebnis gelangt, dass durch die Einbringung der Mietrechte in die Beklagte im Jahr 2006 und den „Machtwechsel“ in der Beklagten im Jahr 2012 das Weitergaberecht (noch) nicht konsumiert wurde.
4. Die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen hat nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende wesentliche Bedeutung und ist daher nur dann aufzugreifen, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, dass die Auslegung der Vorinstanzen nicht gesetzeskonform ist und zu einem unvertretbaren Ereignis geführt hat (RIS‑Justiz RS0042871). Dies ist hier nicht der Fall.
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