OGH 14Ns76/15k

OGH14Ns76/15k15.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Oliver M***** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB in dem zu AZ 11 U 61/15i des Bezirksgerichts Mürzzuschlag und zu AZ 7 U 77/14p des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg zwischen diesen Gerichten geführten Zuständigkeitsstreit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140NS00076.15K.0915.000

 

Spruch:

Für die Durchführung des Verfahrens ist das Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg zuständig.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit beim Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg zum AZ 11 U 61/15i eingebrachten Strafanträgen vom 27. November 2014 und vom 12. Jänner 2015 legte die Staatsanwaltschaft Salzburg Oliver M***** als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB beurteiltes Handeln zur Last. Danach habe er am 29. Juni 2014 „in O*****“ Kurt Ma***** und am 25. Oktober 2014 „in F*****“ Alexandra F***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz jeweils durch die Vorgabe, den Genannten ein auf der Internetplattform „Ebay“ zur Versteigerung angebotenes (ON 2 S 21; ON 2 S 17 in ON 9) Mobiltelefon zu verkaufen, zur Überweisung des Kaufpreises (in Höhe von 178 Euro und 394,50 Euro) verleitet, wodurch die Getäuschten (mangels Lieferung des Kaufgegenstands) in dieser Höhe an ihrem Vermögen geschädigt wurden (ON 5 und ON 3 in ON 9).

Gleichartiges ‑ in zwei Angriffen am 29. November 2014 und am 17. Dezember 2014 in „W*****“ und „U*****“ gesetztes ‑ Täterverhalten legte die Staatsanwaltschaft Graz Oliver M***** in einem beim Bezirksgericht Feldbach eingebrachten Strafantrag vom 21. April 2015 (ON 4 in ON 17) ebenfalls als Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB zur Last.

Diese beiden Verfahren wurden mit Beschluss des Einzelrichters des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 7. Mai 2015 verbunden (§ 37 Abs 3 StPO; ON 18 S 5).

Nach ‑ jeweils in Abwesenheit des unentschuldigt nicht erschienenen Angeklagten erfolgter ‑ Durchführung der Hauptverhandlung am 19. Februar, 7. Mai und 9. Juli 2015 (ON 11, 18, 23) überwies dieses Gerichtdie Sache mit der Begründung örtlicher Unzuständigkeit dem Bezirksgericht Mürzzuschlag, weil im „ersten“ Strafantrag (ON 5) „fälschlicherweise der Ort des Erfolgseintritts (O***** ...) als Tatort und damit als Ort der Zuständigkeitsbegründung angeführt“ worden sei. „Der Wohnsitz und damit Tatort des Angeklagten“ habe sich zum damaligen Zeitpunkt allerdings in K***** befunden, womit das Bezirksgericht Mürzzuschlag gemäß § 37 Abs 1 und Abs 2 StPO für das gesamte Verfahren örtlich zuständig sei (ON 1 S 5).

Das Bezirksgericht Mürzzuschlag bezweifelte ebenfalls seine Zuständigkeit und verfügte gemäß § 38 dritter Satz StPO die Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof, wobei es dazu auf die ‑ allerdings auf die Rechtslage vor BGBl 2004/19 bezogene und keine vergleichbaren Fälle betreffende ‑ Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0091810; vgl dazu aber schon 14 Ns 18/07v) verwies, wonach „Tatort des Betrugs auch jener Ort ist, an dem der Schaden (= Erfolg) eingetreten ist“ (ON 1 S 7).

Für das Hauptverfahren ist gemäß § 36 Abs 3 StPO ‑ soweit hier wesentlich ‑ primär jenes Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Liegt dieser Ort im Ausland oder kann er nicht festgestellt werden, ist jener Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen.

Nach der ‑ auch im Verfahren vor dem Bezirksgericht geltenden (Oshidari, WK‑StPO §

37 Rz 7) - Bestimmung des §

37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist (somit bei subjektiver Konnexität), die Verfahren zu verbinden, wobei sich die

Zuständigkeit des Gerichts auch in diesem Fall nach §

37 Abs 1 und 2 StPO bestimmt.

Das Verfahren kommt demnach ‑ abgesehen von hier nicht in Rede stehenden Fällen des § 37 Abs 2 erster Satz StPO ‑ nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt. Von dieser Grundsatzregelung sieht § 37 Abs 2 dritter Satz StPO eine der Verfahrensökonomie dienende Ausnahme für den ‑ vorliegend gleichfalls nicht aktuellen (vgl 14 Ns 60/15g) ‑ Fall vor, dass für das Ermittlungsverfahren eine Staatsanwaltschaft bei einem Landesgericht zuständig war, in dessen Sprengel auch nur eine der angeklagten strafbaren Handlungen begangen worden sein soll (RIS‑Justiz RS0124935, RS0125227).

Entgegen der vom Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg vertretenen Ansicht ist Ausführungsort ‑ also jener Ort, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen (§ 67 Abs 2 StGB) ‑ eines Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB keineswegs immer (oder mangels gegenteiliger Anhaltspunkte) der Wohnsitz des Täters.

Davon abgesehen lässt sich dem Akteninhalt bloß entnehmen, dass der Angeklagte im September 2014 im Sprengel des Bezirksgerichts Mürzzuschlag (nämlich in K***** [S*****]) gemeldet war (ON 2 S 5 und 9) und ‑ eigenen Angaben zufolge ‑ am 1. Oktober 2014 eine im selben Sprengel gelegene Wohnung (in F*****) bezog (ON 3 S 9 in ON 17), nicht aber wo er seinen Wohnsitz zum ‑ nach dem Vorgesagten wesentlichen ‑ Zeitpunkt der Begehung der frühesten der ihm angelasteten Straftaten (am 29. Juni 2014; ON 5) hatte.

Ebenso wenig geht aus dem Akt hervor, an welchem Ort Oliver M***** die als Ausführungshandlung in Betracht kommenden Täuschungsakte (also die Veröffentlichung des Anbots im Internet oder spätere wahrheitswidrige Zusicherungen im Zug weiterer Internetkorrespondenz mit dem Opfer; vgl ON 2 S 21, S 27 f) setzte. Dass er (auch nur) eine dieser Handlungen im Sprengel des Bezirksgerichts Mürzzuschlag setzte, gründet sich demnach auf bloße Spekulation.

Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit ist somit ‑ jedenfalls derzeit ‑ die Anknüpfung nach dem zweiten Satz des § 36 Abs 3 StPO. Daraus folgt die Kompetenz des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg, weil das Opfer nach der Aktenlage (vgl Oshidari, WK‑StPO § 38 Rz 2; Bauer, WK‑StPO § 450 Rz 2) in O***** geschädigt worden sein soll (ON 2 S 3, ON 5 S 1; vgl 12 Ns 69/14i, 13 Ns 39/15m).

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