European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0240OS00001.15Z.0909.000
Spruch:
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis im Strafausspruch dahin abgeändert, dass über den Beschuldigten eine Geldbuße von 1.000 Euro verhängt wird.
Ihm fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.
Danach hat er (zu ergänzen: in G*****) am 8. Mai 2013 „namens seiner Mandantschaft, die aus nachvollziehbaren Gründen nicht genannt werden möchte“ eine durch diese verfasste Sachverhaltsdarstellung gegen den FPK-Landesrat Mag. ***** ohne inhaltliche Prüfung an die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption übermittelt, in der gegen den Genannten Vorwürfe der Korruption und des Kokainmissbrauchs erhoben wurden (ES 3).
Der Disziplinarrat verhängte über den Beschuldigten gemäß § 16 Abs 1 Z 1 DSt die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises und wertete dabei die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das „faktische“ Geständnis und das Alter des Beschuldigten als mildernd, als erschwerend hingegen keinen Umstand.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die ‑ die Verhängung einer Geldbuße begehrende ‑ Berufung des Kammeranwalts wegen Strafe; sie ist im Recht.
Zutreffend führt die Berufung aus, dass das Alter des Beschuldigten keinen Milderungsgrund darstellt, stand dieser doch zum Tatzeitpunkt bereits im 52. Lebensjahr und war seit mehr als sechs Jahren in die Liste der Rechtsanwälte der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer eingetragen.
Die Erstattung von Anzeigen durch einen Rechtsanwalt hat nach ständiger Rechtsprechung eine sorgfältige und kritische Prüfung des Sachverhalts zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0056158). Nichts anderes gilt, wenn ein Rechtsanwalt ‑ wie hier ‑ eine von einem Mandanten verfasste anonyme Sachverhaltsdarstellung ungelesen und ungeprüft an die Strafverfolgungsbehörde weiterleitet. Bei Erstattung einer Strafanzeige ohne gewissenhafte Prüfung des Sachverhalts ist grundsätzlich von einer schwerwiegenden Berufspflichtenverletzung und einer empfindlichen Beeinträchtigung des Standesansehens auszugehen, weshalb in einem solchen Fall die gesetzliche Mindeststrafe eines schriftlichen Verweises nicht sachgerecht ist (vgl RIS‑Justiz RS0056158 [T7]).
Demnach war eine Geldbuße (§ 16 Abs 1 Z 2 DSt) zu verhängen, die mit 1.000 Euro Tatunrecht und Täterschuld entspricht und auch die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten hinreichend berücksichtigt (§ 16 Abs 6 DSt).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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