OGH 5Nc21/15f

OGH5Nc21/15f21.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth und die Hofrätin Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eveline S*****, vertreten durch Achammer & Mennel, Rechtsanwälte OG in Feldkirch, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, Mag. Martina Weirer und Dr. Robert Schaar, Rechtsanwälte in Graz, wegen 41.212,24 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050NC00021.15F.0821.000

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch wird abgewiesen.

Begründung

Die Klägerin begehrt Schadensersatz von der beklagten Depotbank. Der für ein Wertpapierdienstleistungs-unternehmen (WPDLU) tätige Vermögensberater habe ohne ihr Wissen und Willen ein Konto sowie ein Depot bei der beklagten Partei eröffnet, dabei die Unterschrift der Klägerin manipuliert und von einem tatsächlich eröffneten Depot Wertpapiere auf dieses Konto und Depot überweisen lassen. In der Folge habe er die beklagte Partei beauftragt, das Guthaben aus diesem Wertpapierdepot auf sein Sparbuch zu überweisen. Die beklagte Partei habe diese Überweisung durchgeführt.

Die beklagte Partei stellte die Überweisungsvorgänge sowie den Schadensbetrag der Höhe nach außer Streit, bestritt aber ihre Haftung dem Grund nach, weil sie ausschließlich als Abwicklungs‑ und Depotbank ohne Beratungspflicht oder ‑leistungen gegenüber den Kunden des WPDLU gehandelt habe. Sollte die Klägerin tatsächlich Konto‑ und Depoteröffnungsantrag sowie Verkaufsaufträge nicht unterschrieben haben, so treffe sie jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden.

Die Klägerin beantragte die Delegierung der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch. Sowohl sie als auch die beiden einzuvernehmenden Zeugen hätten ihren Wohnsitz in Vorarlberg, wo auch der Schaden eingetreten sei.

Die beklagte Partei und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz sprachen sich gegen die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Die Delegierung einer Rechtssache an ein anderes Gericht nach § 31 JN soll die Ausnahme bilden. Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS‑Justiz RS0046441; RS0046589 [T1 bis T2]). Widerspricht ‑ wie hier ‑ eine Partei der Delegierung, müssen besonders schwerwiegende Gründe für die Übertragung der Zuständigkeit vorliegen (RIS‑Justiz RS0046455; RS0046589 [T7, T13]). Die Zielsetzung der Delegierung liegt in einer wesentlichen Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens. Kann daher ein Gericht, in dessen Nähe einzuvernehmende Personen wohnen, praktisch das gesamte Beweisverfahren unmittelbar durchführen, kann eine Delegierung an dieses Gericht unter Umständen auch gegen den Willen einer Partei erfolgen (vgl RIS‑Justiz RS0046589 [T20]).

Derartig eindeutige Gründe für die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat bisher konkret nur ihre Parteienvernehmung beantragt, ansonsten verwies sie in ihrem Beweisanbot auf namentlich nicht genannte Zeugen und vorzulegende Urkunden. Zwar hat sich auch die beklagte Partei mit dem Anbot auf Urkundenvorlage sowie dem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen N.N. begnügt. Allerdings hat sie ihren Sitz in Graz, wo auch das Verrechnungskonto und das Depot geführt worden seien.

Auf den Wohnsitz potenziell allenfalls in Betracht kommender, aber noch gar nicht namhaft gemachter Zeugen kann bei der Beurteilung, ob Zweckmäßigkeitserwägungen für oder gegen eine Delegierung sprechen, nicht abgestellt werden (RIS‑Justiz RS0046589 [T10, T15]). Das hat sowohl für die Klägerin als auch für die beklagte Partei zu gelten. Damit bleibt praktisch nur der Wohnsitz der Klägerin als Grund über, den sie für eine Delegierung ins Treffen führen kann. Dieser ist für sich alleine nicht ausreichend (RIS‑Justiz RS0046589 [T12]). Es geht auch nicht um einen Sachschaden, bei dem allenfalls der Ort des Schadenseintritts in Überlegungen zur Zweckmäßigkeit einer kostensparenden Delegierung einfließen könnte.

Der unberechtigte Delegierungsantrag ist somit abzuweisen.

Stichworte