OGH 15Os63/15a

OGH15Os63/15a22.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juli 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leisser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mijo M***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mijo M***** und Stanko K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft zu beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 14. November 2014, GZ 23 Hv 71/14v‑133, ferner über die Beschwerde des Angeklagten M***** gegen den zugleich mit dem Urteil gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00063.15A.0722.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die gegen die Aussprüche über die Strafe gerichteten Berufungen und über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Mijo M***** (neben einem Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB) und Stanko K***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall und § 15 StGB (I./4./ bis I./7./ bei M***** und I./1./ bis I./7./ bei K*****), schuldig erkannt.

Danach haben sie ‑ zusammengefasst und soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Relevanz ‑ in S***** und an anderen Orten M***** vom 18. September 2013 bis 8. März 2014 in insgesamt vier Angriffen und K***** vom 12. Juli 2009 bis 8. März 2014 in insgesamt sieben Angriffen im bewussten und gewollten Zusammenwirken, teils auch mit anderen Personen als Mittäter (§ 12 StGB), im Urteil konkretisierte fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, den im Urteil genannten Gewahrsamsträgern durch Einbruch in Gebäude und durch Aufbrechen von Behältnissen weggenommen (I./1./ bis 6./) und wegzunehmen versucht (I./7./), darunter

(...)

I./4./ in der Nacht auf den 19. September 2013 in S***** M***** und K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren unbekannten Mittätern Gewahrsamsträgern der I***** GmbH & Co KG durch Aufzwängen eines Fensters Winterbekleidung im „Verkaufsgesamtwert von jedenfalls über 300.000 Euro“;

(...)

I./6./ am 6. März 2014 in N***** M***** und K***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens Brennstoffhandel S***** durch Aufbrechen eines Bürofensters und „Aufflexen“ eines Tresors 3.000 Euro Bargeld.

Rechtliche Beurteilung

Die ausschließlich gegen den Schuldspruch zu I./4./ und I./6./ gerichteten, aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobenen und gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten verfehlen ihr Ziel.

Mit dem Einwand zu I./4./, das Erstgericht habe den Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Tirol vom 19. Dezember 2013 unberücksichtigt gelassen, wonach sämtliche gesicherten und ausgewerteten „eventuelle(n)“ molekulargenetischen Spuren „negativ“ gewesen seien (ON 11 in ON 55 S 5), spricht die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) kein erhebliches Verfahrensergebnis an, weil die Tatsache, dass am Tatort keine DNA‑Spuren der Beschwerdeführer gesichert werden konnten, für die erstrichterliche Annahme der Täterschaft der beiden Angeklagten ohne Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0116877 [T1]; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 409).

Warum das Schöffengericht von dieser ausging, „obwohl“ (auch) in der Wohnung von Rifat B***** Diebsgut sichergestellt worden war und keine eindeutige Übereinstimmung der Schuhabdruckspuren mit den Schuhen von M***** festgestellt werden konnte, hat es ‑ dem Beschwerdeeinwand (Z 5 vierter Fall) zuwider ‑ nicht offenbar unzureichend begründet, sondern logisch und empirisch mängelfrei (RIS‑Justiz RS0116732) aus der Sicherstellung beim Einbruch verwendeter grüner Laubsäcke mit „angebrachtem Kabelbinder“ sowie von Diebsgut in der von den Angeklagten gemeinsam bewohnten Wohnung, den als widersprüchlich und unglaubwürdig gewerteten Angaben der Angeklagten und aus ihrer Verbindung zu Nenad T***** abgeleitet (US 16 ff).

Soweit die Beschwerde aufgrund der Verfahrensergebnisse auch „die Variante“ für „denkmöglich“ hält, dass Rifat B***** den Einbruchsdiebstahl begangen hat und die Angeklagten von diesem oder dessen Mittätern gestohlene Sachen angekauft haben, zeigt sie kein Begründungsdefizit auf, sondern kritisiert in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (RIS‑Justiz RS0098400, RS0099455).

Der zu I./4./ ‑ ausschließlich in Bezug auf den Beschwerdeführer M***** ‑ behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) auf der Begründungsebene liegt nicht vor, weil sich die Umstände, dass einerseits am Tatort eine Schuhspur gesichert wurde, die „augenscheinlich“ mit jener „am Tatort R*****“ gemeint: das geschädigte Unternehmen R***** GmbH in W***** (I./5./) ident ist und deren wellenförmiges Profil zu in der Wohnung des Angeklagten M***** „gesicherten“ Schuhen passt, andererseits diese jedoch „keine eindeutige Übereinstimmung“ mit seinen Schuhen ergab (US 20 f), nicht gegenseitig ausschließen

(RIS‑Justiz

RS0117402 [T14, T15]; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 438).

Der Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zu I./6./ stützt sich auf ein im Beweisverfahren nicht vorgekommenes Gutachten (ON 139), womit der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht wird (RIS‑Justiz RS0098978, RS0099699).

Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) auch zu I./6./ behauptet, das Erstgericht habe nicht erörtert, warum es trotz Fehlens der Größenübereinstimmung des am Tatort sichergestellten Schuhabdrucks mit dem in der Wohnung des Angeklagten M***** gefundenen Sportschuh zur Überzeugung gelangte, dass dieser den Einbruchsdiebstahl begangen habe, nimmt sie abermals nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß (US 25 ff; RIS‑Justiz RS0119370). Dass nur die am Tatort zu I./5./ sichergestellte Schuhspur „sowohl vom Schuhsohlenmuster als auch von der Größe identisch mit der bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung des M***** sichergestellten Schuhen ist“ hat das Erstgericht ‑ dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider ‑ ohnedies angenommen (US 20, 23 und 26). Der darauf bezogene Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) geht damit ebenfalls ins Leere.

Der gegen die Annahme, dass der PKW des Angeklagten M***** „mit einer auffälligen Fahrzeugform“ zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts zu I./6./ geparkt war (US 25), gerichtete Beschwerdeeinwand, das Argument des Erstgerichts, der seit Jahren nicht mehr produzierte Citroen Berlingo wäre „ein eher auffälliges und seltenes Fahrzeug“ sei unrichtig und der Versuch, ein in großer Stückzahl produziertes Auto als „Exoten“ darzustellen, erschöpft sich in einer ‑ in dieser Form unzulässigen ‑ Beweiswürdigungskritik.

Indem die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen als übergangen reklamierten Bericht des Bezirkspolizeikommandos Bregenz vom 26. März 2014 (ON 91 S 829) inhaltlich unrichtig wiedergibt und behauptet, das genannte Fahrzeug sei nur für die Dauer von fünf Minuten nahe des Tatorts abgestellt gewesen ‑ wenngleich der Bericht hiezu keine Aussage trifft ‑, wird ein Begründungsmangel (Z 5 zweiter Fall) nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ‑ ebenso wie die von den Angeklagten angemeldeten (ON 135 und ON 136), zur Anfechtung schöffengerichtlicher Urteile jedoch nicht vorgesehenen (vgl §§ 280, 283 Abs 1 StPO) „Schuldberufungen“ ‑ bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die gegen den Ausspruch über die Strafen gerichteten Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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