OGH 5Ob70/15b

OGH5Ob70/15b14.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers J***** M*****, vertreten durch Dr. Johann Bründl, öffentlicher Notar in Mittersill, wegen Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ ***** KG *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des DDr. G***** F*****, und der E***** F*****, beide vertreten durch die DDr. Fürst Rechtsanwalts-GmbH in Mödling, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 15. Jänner 2015, AZ 53 R 278/14k, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 6. August 2013, TZ 2891/2013, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00070.15B.0714.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 6. August 2013, TZ 2891/2013, wurde auf der bis dahin im Alleineigentum der P***** GmbH stehenden Liegenschaft EZ ***** KG ***** Wohnungseigentum begründet. Mit dem genannten Beschluss bewilligte das Erstgericht  ‑ dem Antrag gemäß und soweit für das Revisionsrekursverfahren relevant ‑ die Eintragung des Eigentumsrechts des Antragstellers ob 108/2888stel Anteilen samt Wohnungseigentum an der Wohnung Top 18 und ob 6/2888stel Anteilen samt Wohnungseigentum an Top TG3 KFZ‑Stellplatz 3, sowie ob allen der bisherigen Alleineigentümerin verbleibenden (jeweiligen) Mindest-anteilen das Wohnungseigentum an Top 1A, 2A, 2B, 3A, 3B, 4 bis 12, 13/14, 15 bis 17, 19 bis 21, G1, G2, den Stellplätzen Top TG1 bis 2, 4 bis 31, AP 32 bis 38. Zudem bewilligte das Erstgericht die Löschung der Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum nach § 40 Abs 2 WEG 2002 ob den Wohnungseigentumsobjekten des Antragstellers.

Vor Vollzug dieses Beschluss war im B‑Blatt bei der Alleineigentümerin zu B‑LNR 5b bis 5q und 5t bis 5z zugunsten verschiedener Wohnungseigentumsbewerber an bestimmt bezeichneten Wohnungseigentumsobjekten die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkt, insbesondere zugunsten der Rechtsmittelwerber zu B‑LNR 5b an Appartement 17 und zu B‑LNR 5c an Tiefgaragenplatz 29. Mit dem Vollzug der mit dem Beschluss vom 6. August 2013, TZ 2891/2013, bewilligten Eintragungen nahm das Erstgericht ‑ faktisch und ohne beschlussmäßige Grundlage ‑ eine Beschränkung dieser zugunsten der Rechtsmittelwerber angemerkten Zusage gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 vor. Diese ist nur mehr bei den jeweiligen, der vormaligen Alleineigentümerin eigentümlichen Mindestanteilen eingetragen, und zwar bei den 96/2888stel Anteilen zu B‑LNR 25 hinsichtlich Appartement 17 und den 9/2888stel Anteilen zu B‑LNR 58 hinsichtlich Tiefgaragenplatz 29.

Das Rekursgericht wies den gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 6. August 2013, TZ 2891/2013, erhobenen Rekurs der Rechtsmittelwerber zurück. Der Rekurs sei mangels Beschwer nicht zulässig, aber auch inhaltlich nicht berechtigt. § 40 Abs 2 WEG 2002 wahre dem Wohnungseigentumsbewerber den Rang für den späteren Erwerb des Eigentums am Mindestanteil und des Wohnungseigentums. Nachdem diese Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum für die Rekurswerber nach wie vor im Grundbuch angemerkt sei, könnten deren grundbücherlichen Rechte nicht beeinträchtigt werden. Soweit die Rekurswerber dartäten, vor dem angefochtenen Beschluss wären ihre Rechte ob der gesamten Liegenschaft eingetragen gewesen, während sie nun lediglich ob den Anteilen B‑LNR 25 und 58 eingetragen wären, könne von einem Vollzugsfehler nach § 104 Abs 3 GBG ausgegangen werden. Es habe im Eintragungsgesuch keinen Antrag gegeben, die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum für die Rekurswerber auf einzelne Anteile der Liegenschaft zu beschränken. Diese Beschränkung habe daher ohne einen Bewilligungsbeschluss stattgefunden. Selbst wenn die Beschwer der Rekurswerber zu bejahen wäre, sei für deren Rechtsstandpunkt nichts gewonnen. Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung des Wohnungseigentumsorganisators, den Wohnungseigentums-vertrag mit allen Wohnungseigentumsbewerbern auszuhandeln. Die Vorgangsweise der Wohnungseigentums-organisatorin, nur mit einem Wohnungseigentumsbewerber einen Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen und anschließend die so geschaffenen Wohnungseigentumsanteile zu übergeben, sei zulässig.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil die Frage der Beschwer eines nach § 40 Abs 2 WEG 2002 gesicherten, durch die bewilligten Grundbuchseintragungen aber nicht betroffenen Wohnungseigentumsbewerbers im Lichte der neuen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes noch nicht vom Höchstgericht behandelt worden sei. Auch die Frage, inwiefern ein Wohnungseigentumsbewerber im Grundbuchsverfahren eine Teilnahme an der Gestaltung des Wohnungseigentumsvertrags einfordern könne, habe über den Anlassfall hinaus erhebliche Bedeutung.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Rechtsmittelwerber mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts aufzuheben und diesem die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

 

Der Revisionsrekurs ist ‑ ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht

bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) ‑ nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1.  Im Grundbuchsverfahren ist im Regelfall (neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller) derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein (RIS‑Justiz RS0006677; RS0006710); sei es, dass diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RIS‑Justiz RS0006710 [T5, T37]). Die erforderliche (materielle) Beschwer ergibt sich also daraus, dass jemand in seinen bücherlichen Rechten beeinträchtigt worden sein könnte. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der meritorischen Berechtigung des Rekurses (RIS‑Justiz RS0006710 [T9]; RS0006677). Interessen oder Rechte, die noch nicht Gegenstand einer bücherlichen Eintragung geworden sind, fehlt der Rechtsmittelschutz. Denjenigen, der nur einen bloß schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechts hat, steht noch kein Rekursrecht zu (RIS‑Justiz RS0006710 [T10, T34]).

2.  Zur Frage der Rechtsmittellegitimation eines nach § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungs-eigentumsbewerbers hat der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 5 Ob 279/05y Stellung genommen. Danach ist davon auszugehen, dass die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums nach § 40 Abs 2 WEG 2002 nicht das Recht selbst verschafft, sondern nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang des späteren Bucheintrags. Daher sind die gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkten Wohnungseigentumsbewerber noch nicht Buchberechtigte und können durch Eintragungen, die die zu ihren Gunsten erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 unberührt lassen, auch nicht in einem bücherlichen Recht beeinträchtigt sein. In dieser ausführlich begründeten Entscheidung 5 Ob 279/05y setzte sich der Fachsenat insbesondere auch mit der von den Revisionswerbern zitierten Entscheidung 5 Ob 51/94 auseinander, in der die Rechtsmittellegitimation der damals nach der Vorgängerbestimmung des § 24a Abs 2 WEG 1975 angemerkten Wohnungseigentümer bejaht wurde. Im dem dort zugrunde gelegenen ‑ mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbaren ‑ Fall ging es spezifisch um Eintragungen, die zu Lasten des Wohnungs-eigentumsbewerbers die Rangverhältnisse veränderten.

Hat sich ein Fachsenat mit einer in seine Spezialkompetenz fallenden Rechtsfrage bereits in einer früheren Entscheidung ausführlich beschäftigt, liegt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor (RIS‑Justiz RS0103384 [T10]). Eine

Entscheidung, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen oder der nur eine ältere gegenteilige

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gegenübersteht, und die auch im Schrifttum nicht auf Kritik stieß (vgl Hoyer , Glosse zu 5 Ob 279/05y, NZ 2006/661), reicht für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RIS‑Justiz RS0103384 [T3, T6, T10], sofern nicht der Rechtsmittelwerber mit neuen Argumenten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser

Entscheidung wecken kann RIS‑Justiz RS0103384 [T4]).

Die Revisionsausführungen zeigen keine solchen neuen Argumente auf, mit denen die zu 5 Ob 279/05y begründete Rechtsansicht in Frage gestellt werden könnte. Zwar war die Rechtsmittellegitimation dort noch nach § 9 AußStrG aF zu beurteilen, an den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur (formellen und materiellen) Beschwer im Grundbuchsverfahren hat aber das neue Außerstreitgesetz nichts geändert. Die Revisionsrekurswerber gestehen dies auch ausdrücklich zu, unter Berufung auf die Entscheidung 5 Ob 51/94 konstatieren sie lediglich die Uneinheitlichkeit dieser Rechtsprechung in Bezug auf die Rechtsmittellegitimation eines Wohnungseigentumsbewerbers; dies allerdings ‑ wie schon oben dargestellt ‑ zu Unrecht. In ihren Ausführungen zum Erfordernis des grundbücherlichen Schutzes ihrer materiell-rechtlichen Stellung lassen die Revisionsrekurswerber außer Acht, dass im Grundbuchsverfahren Interessen oder Rechten nur dann Rechtsmittelschutz zukommt, wenn sie Gegenstand einer bücherlichen Eintragung geworden sind. Die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums nach § 40 Abs 2 WEG 2002 verschafft aber nicht das Recht selbst, sondern nur die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang des späteren Bucheintrags (vgl RIS‑Justiz RS0006710 [T10, T34]).

3.  Das Rekursgericht hat die Rechtsmittel-legitimation demnach zutreffend verneint und folglich den Rekurs mit Recht zurückgewiesen. Die hier vom Antragsteller begehrten (und vom Erstgericht bewilligten) Eintragungen lassen die zu Gunsten der Revisionswerber erfolgte Anmerkung gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an sich unberührt. Daran ändert der Umstand nichts, dass sich diese Zusage nach dem vom Erstgericht vorgenommenen Vollzug der bewilligten Eintragungen nicht mehr auf die gesamte Liegenschaft, sondern nur mehr auf die Anteile B‑LNR 25 und 58 bezieht. Diese Vorgangsweise war weder im Eintragungsgesuch beantragt noch durch den antragsgemäß erfolgten Bewilligungsbeschluss gedeckt. Aus diesem Vollzugsfehler kann aber keine Rekurslegitimation abgeleitet werden, vielmehr wird das Erstgericht nach § 104 Abs 3 GBG vorzugehen haben (vgl 5 Ob 279/05y).

Stichworte