OGH 7Ob73/15h

OGH7Ob73/15h2.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch die Waitz Obermühlner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. März 2015, GZ 4 R 168/14z‑15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 8. Juli 2014, GZ 28 Cg 80/13y‑11, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00073.15H.0702.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.680,84 EUR (darin enthalten 280,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt die Geschäftstätigkeit der Vermögensberatung und Vermittlung von Versicherungen sowie Krediten. Seit Frühjahr 2012 können Kunden bei ihr auch sogenannte Seminarverträge abschließen. Zirka ein Drittel der Kunden, die mit der Beklagten ein Vorsorgekonzept abgeschlossen haben, schließen auch einen Seminarvertrag ab. Nicht festgestellt werden kann, dass auch nur ein Kunde einen Seminarvertrag ohne ein Vorsorgekonzept abgeschlossen hat. Der Seminarvertrag hat auszugsweise folgenden Inhalt:

[Klausel 1 , ohne dritten Absatz ] 1. Durch Abschluss dieses Seminarvertrages ist der Kunde berechtigt, ab sofort für die Dauer von 6 Jahren an 8 Seminaren á 6 Stunden, veranstaltet durch die Gesellschaft, teilzunehmen.

Seminarinhalt: Themen rund ums Geld, wie zB Erben und Schenken, Arbeitnehmerrechte, Steuerausgleich, Mieterrechte, Förderungen und Subventionen, Pensionsproblematik, Veranlagungen, Vermögensverwaltung, Versicherungen und Produktpräsentationen;

Referenten: Experten aus den jeweiligen Bereichen; Mitwirkende: Steuerberater, Rechtsanwälte und Vermögensberater. (Veröffentlichung unter www.*****.at; fristgerechte Anmeldung erforderlich; Seminare finden halbjährlich in Österreich statt)

2. ° Der Kunde beantragte keine vertragsrelevanten Vorsorgekonzepte ... (Ziffer 5, 6, 7, 8, 9 und 10 entfallen).

° Der Kunde beantragte nachstehend angeführte Vorsorgekonzepte nach Kenntnis der Abschlussmöglichkeit dieses Seminarvertrages:

° Der Kunde beantragte nachstehend angeführte Vorsorgekonzepte vor Kenntnis der Abschlussmöglichkeit dieses Seminarvertrages:

[Anführung der abgeschlossenen Vorsorgeprodukte]

...

3. Der Preis für die Seminare (inkl. Einschreibegebühr, Verwaltung und Seminarunterlagen) beträgt pauschal EUR 3.990.

4. Der Preis gemäß Ziffer 3. ist sofort fällig.

[Klausel 2] 5. In Abänderung zu Ziffer 4. stundet die Gesellschaft den fälligen Preis solange alle unter Ziffer 2. angeführten Vorsorgekonzepte, wie ursprünglich beantragt, zustande kommen und bezahlt werden.

[Klausel 3] 6. Werden alle unter Ziffer 2. angeführten Vorsorgekonzepte länger als 5 Jahre, wie ursprünglich beantragt, bezahlt, so verzichtet die Gesellschaft auf die Bezahlung des Preises.

[Klausel 4] 7. Wegen der rechtlichen Unabhängigkeit dieses Seminarvertrages von den angeführten Vorsorgekonzepten (siehe Ziffer 2.) ist der Kunde auch im Falle der Änderung oder vorzeitigen Beendigung eines der unter Ziffer 2. angeführten Vorsorgekonzepte in den ersten 5 Jahren zur Zahlung des Preises (siehe Ziffer 3.) verpflichtet. Der Preis (siehe Ziffer 3.) ist auch bei wirksamer Anfechtung oder Aufhebung eines der Vorsorgekonzepte zu bezahlen.

8. Der Kunde bevollmächtigt die Gesellschaft, widerruflich Auskünfte bezüglich der Vorsorgekonzepte (siehe Ziffer 2.) einzuholen.

[Klausel 5] 9. Bei Widerruf der Vollmacht gemäß Ziffer 8. in den ersten 5 Jahren der Zahldauer der Vorsorgekonzepte entfallen Ziffer 5. und 6.

...

[Klausel 6] 11. Eine Zustimmung des Kunden zur Datenverwendung gilt als erteilt.

...“

Mit dem Seminarvertrag bekommt der Kunde eine (vierseitige) Broschüre ausgehändigt, welche sich auch auf der Homepage der Beklagten findet. Die Broschüre hat folgenden Inhalt:

Das Seminar besteht aus 3 Teilen:

1. Wirtschaftliche Themen

2. Steuerliche Themen

3. Rechtliche Themen

Im ersten Abschnitt erfahren Sie alles über folgende Bereiche:

Absichern: Wie mache ich es richtig?

Pensionsproblematik: Kann ich ohne Risiko für meine Pension ertragreich vorsorgen?

Finanzierung: Wie kann ich mein Eigenheim kostengünstig erwerben?

Allgemeiner Ausblick: aktuelle Wirtschaftslage, künftige Zinsentwicklung, drohende Risiken

Schenken auch Sie jährlich dem Finanzminister Geld? Im zweiten Abschnitt werden u.a. folgende Themen referiert:

Lohnsteuer: Was kann ich beim Lohnsteuerausgleich angeben?

Beihilfen, Förderungen: Welche Beihilfen, Förderungen oder Subventionen stehen mir zu?

KESt Rückerstattung: Wie kann ich mir einen Teil der KESt zurückholen?

Der dritte und letzte Abschnitt handelt von rechtlichen Themen:

Erbschaft & Schenkung: Wie kann man die erbschafts‑ und schenkungssteuerfreie Zeit optimal nützen?

Fallen beim Immobilienkauf: Wo sind die größten Fallen beim Immobilienkauf versteckt?

Streit mit Ihrem Arbeitgeber? Leider kommt es immer öfter vor, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedlicher Auffassung sind. Wir zeigen Ihnen, welche Rechte Sie haben.

Das Seminar findet halbjährlich in Österreich statt.

Mitwirkende sind unter anderem:

...

Die genauen Bedingungen entnehmen Sie dem Seminarvertrag.“

Datum, Uhrzeit und Ort des nächsten stattfindenden Seminars sind auf der Homepage der Beklagten angeführt. Die genauen Themen erfährt der Kunde erst, wenn er sich für ein entsprechendes Seminar angemeldet hat.

Der Kläger ‑ ein Verein nach § 29 Abs 1 KSchG ‑ begehrte, der Beklagten die Verwendung der Klauseln 1 bis 6 (Z 1 [teilweise], 5, 6, 7, 9 und 11 des Seminarvertrags) oder sinngleicher Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagausgabe einer bestimmten Zeitung zu erteilen. Klausel 1 verstoße wegen der langen Bindungsdauer und der völligen Unklarheit betreffend die Seminarinhalte gegen § 6 Abs 1 Z 1 und Abs 3 KSchG und gegen § 879 Abs 1 und 3 ABGB. Die Klauseln 2 bis 5 stellten eine unzulässige Umgehung des § 176 Abs 6 VersVG dar, weil im Umkehrschluss zu diesen Klauseln jede Nichtzahlung eines Vorsorgekonzepts oder die Aufkündigung vor fünf Jahren Vertragsdauer zur Zahlungspflicht des Gesamtpreises des Seminarvertrags führe. Ein Provisionsverlust, den die Beklagte bei einer Kündigung eines Versicherungsvertrags erleide, werde dadurch kompensiert, dass der Kunde ein ihm im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Versicherungsvertrags angebotenes kostenloses Seminarangebot doch zur Gänze bezahlen müsse. Die Klauseln 2 bis 5 seien auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil der Kunde den vollen Seminarpreis bezahlen müsse, auch wenn er erst gegen Ende der Laufzeit den vermittelten Versicherungsvertrag kündige, die Beklagte dann jedoch nur einen geringen Provisionsverlust erleide, und weil der Kunde an den Seminarvertrag auch bei wirksamer Anfechtung oder Aufhebung des Versicherungsvertrags gebunden wäre, den er alleine gar nicht abgeschlossen hätte. Die Klausel 4 laufe auch auf eine unzulässige Erschwerung des gesetzlichen Rücktrittsrechts vom Versicherungsvertrag gemäß § 165a VersVG hinaus, weil es der Schutzzweck dieser Norm gebiete, dass der Verbraucher nach einem Rücktritt vom Versicherungsvertrag auch vom Seminarvertrag kostenlos zurücktreten könne, den er ohne Versicherungsvertrag auch nicht abgeschlossen hätte. Im Übrigen sei eine Zahlungspflicht für Seminare in den Fällen der Klausel 4 überraschend im Sinn des § 864a ABGB und die Verknüpfung eines Pauschalpreises für Seminare mit der Dauer eines Vorsorgekonzepts sittenwidrig gemäß § 879 ABGB, weil Konsumenten dadurch gehindert werden, ein Vorsorgekonzept vorzeitig zu kündigen oder zu ändern, weil immer der gesamte Pauschalbetrag für die Seminare gezahlt werden müsste. Die Klausel 6 verstoße gegen § 4 Z 14 iVm § 8 DSG und § 6 Abs 3 KSchG.

Die Beklagte wendete ein, die sechsjährige Dauer des Seminarvertrags könne nicht als überlange Vertragsdauer angesehen werden, sondern sei im Gegenteil ein Vorteil für den Kunden, der dann mehr Zeit habe, sein Recht auszuüben, an Seminaren teilzunehmen. Die vom Kläger zitierten Bestimmungen, insbesondere § 176 Abs 6 VersVG, die von einer unzulässigen Absicherung von Provisionsausfällen ausgingen, hätten alle nicht den hier vorliegenden Fall zum Gegenstand, weil eine reelle Leistung gegen separates Entgelt in erheblichem Umfang völlig unabhängig von irgendwelchen Vorsorgekonzepten angeboten werde und ein Seminarvertrag auch unabhängig von einem Vorsorgekonzept abgeschlossen werden könne. Von ihr werde keine Provision, sondern Entgelt für Seminare gefordert. Ein Seminarvertrag sei kein Werbegeschenk, sondern grundsätzlich kostenpflichtig. Sie verzichte nur in genau definierten Fällen auf die Einforderung des Entgelts. Die Klausel 1 sei auch nicht intransparent, weil durch den Hinweis auf ihre Homepage auch ersichtlich sei, welche Themen angeboten würden und die Seminare in Österreich halbjährlich stattfänden. Der nähere Inhalt werde nicht von ihr, sondern von den Vortragenden bestimmt. Keine der Klauseln enthalte eine Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts im Sinn des § 864a ABGB. Die Klauseln seien in der Mitte der erste Seite des Formblatts abgedruckt und durch Fettdruck hervorgehoben. Die Klauseln seien auch nicht gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Diese Bestimmung sei auf die Klauseln grundsätzlich nicht anwendbar, weil sich diese auf eine der beiderseitigen Hauptleistungen bezögen und nicht auf Nebenbestimmungen des Vertrags.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren betreffend die Klausel 6 und in diesem Umfang auch dem Veröffentlichungsbegehren (von der Beklagten unangefochten und damit rechtskräftig) statt. Im Übrigen wies es das Klagebegehren ab. Die sechsjährige Bindung an den Seminarvertrag nach Klausel 1 sei keine unzulässig lange Bindung des Konsumenten im Sinn des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG. In einem Jahr würden zwei Seminare stattfinden. Wenn ein Kunde die Vertragsvariante mit acht Seminaren wähle, benötige er bereits vier Jahre, bis alle acht Seminare konsumiert werden könnten. Damit müsse der Konsument aber jedes stattfindende Seminar besuchen und hätte bei der Auswahl der Seminare keine Dispositionsfreiheit. Bei einer Dauer von sechs Jahren könne er zumindest auf vier Seminartermine verzichten und andere Termine, die für ihn passender seien, wählen. Bei dieser speziellen Art von Vertrag sei eine Bindungsdauer von sechs Jahren als angemessen und nicht gröblich benachteiligend anzusehen. Klausel 1 verstoße nicht gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Die angebotenen Seminare hätten grundsätzlich immer dieselben Inhalte, wie in der Broschüre aufgelistet; eine solche Broschüre werde jedem Kunden, der einen Seminarvertrag abschließe, auch ausgefolgt. Überdies werde im Seminarvertrag auf diese Broschüre und die Homepage der Beklagten hingewiesen. Der Konsument könne ausreichend klar und verständlich erkennen, dass er das Entgelt für Seminare bezahle, die immer diese Inhalte hätten. Klausel 1 verstoße nicht gegen § 879 ABGB. Die Beklagte behalte sich die Möglichkeit zur Leistungsbestimmung nicht vor, sondern definiere diese Leistung in der Broschüre von vornherein.

Beim Preis für eine bestimmte Anzahl von Seminaren und den Abschlusskosten oder Vermittlungsgebühren für Versicherungen handle es sich um völlig verschiedene Beträge. Jedem Kunden sei der Seminarpreis bekannt. Ein Seminarvertrag könne grundsätzlich unabhängig vom Abschluss eines Vorsorgekonzepts (Lebensversicherungsvertrag) bestehen. § 176 Abs 5 und 6 VersVG [idF VersRÄG 2006] sei ausschließlich für kapitalbildende Lebensversicherungen konzipiert und nicht einmal auf Nettopolizzen anzuwenden; erst recht dürfe diese Bestimmung nicht analog auf einen völlig getrennten Vertrag mit einem vom abgeschlossenen Versicherungsvertrag unabhängig zu leistenden Entgelt für Seminare angewendet werden. In Z 7 des Seminarvertrags (Klausel 4) werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser rechtlich unabhängig sei, was sich auch aus Z 2 des Vertrags ergebe, wonach ein Kunde nur einen Seminarvertrag ohne ein Vorsorgekonzept abschließen könne. Für den Kunden sei damit klar ersichtlich, dass er zwei verschiedene Verträge abschließe, weshalb die Klauseln 2 bis 5 nicht gegen § 176 Abs 6 VersVG verstießen. Nach dem Wortlaut des Seminarvertrags sei es die Regel, dass die Seminare nicht kostenlos seien, sondern den Preis laut Z 3 kosten, der auch sofort fällig sei (Z 4). Lediglich im Ausnahmefall werde auf den Seminarpreis verzichtet, nämlich nur, wenn ein (oder mehrere) abgeschlossene Vorsorgekonzepte wie ursprünglich beantragt fünf Jahre bezahlt werden. Es könne daher nicht als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB angesehen werden, wenn der Normalfall eintrete und der gesamte Preis für die Seminare zu zahlen sei. Die Klausel 4 sei weder objektiv ungewöhnlich noch überraschend im Sinn des § 864a ABGB. Diese Klausel laufe nicht auf eine unzulässige wirtschaftliche Erschwerung des gesetzlichen Rücktrittsrechts vom Versicherungsvertrag gemäß § 165a VersVG hinaus, weil es sich um zwei getrennte Verträge mit jeweils völlig unterschiedlichen Vertragsinhalten handle.

Hingegen verstoße Klausel 6 gegen §§ 4 Z 14 und 8 DSG und § 6 Abs 3 KSchG.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und dem Unterlassungs‑ und Veröffentlichungsbegehren auch hinsichtlich der Klauseln 1 bis 5 statt. Klausel 1 verstoße gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, weil in ihr lediglich ein allgemein gehaltener Seminarinhalt „Themen rund ums Geld“ samt Beispielen angeführt sei. Wie die Klausel in der Praxis angewendet werde, sei nicht zu berücksichtigen. Auf den Inhalt der den Kunden ausgehändigten Broschüre könne es nicht ankommen. In der Klausel finde sich kein Verweis auf eine Broschüre; diese könne von der Beklagten jederzeit geändert werden, was auch für die in der Klausel erwähnte Homepage der Beklagten gelte. In der Klausel seien insbesondere die Seminarinhalte und die Ziele des Seminars unzureichend bestimmt, weshalb dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG nicht entsprochen werde. Die Beklagte als Veranstalterin eines Seminars binde kein Kapital, gehe es doch im Wesentlichen nur um die stundenweise Bereitstellung eines geeigneten Raums und allenfalls um die Bezahlung von Vortragshonoraren. Eine sechsjährige Bindungsdauer sei hier als unangemessen lang im Sinn des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG zu beurteilen.

Wenn ein Kunde der Beklagten sowohl ein Vorsorgekonzept als auch den Seminarvertrag abschließe, könne nicht mehr von zwei voneinander unabhängigen Vertragsverhältnissen ausgegangen werden, nähmen doch die Klauseln des Seminarvertrags ausdrücklich Bezug auf das Vorsorgekonzept. Aus dem rechtlichen Schicksal eines Vorsorgekonzepts ergäben sich bedingungsgemäß Rechtsfolgen für den Seminarvertrag. Ein Kunde der Beklagten, der ein Vorsorgekonzept innerhalb von fünf Jahren ab Vertragsabschluss auflöse oder ändere, müsse zusätzlich zur anteiligen Provision die Seminargebühr (in voller Höhe) bezahlen, die er ansonsten nicht zu zahlen hätte. Der Zweck der Klauseln 2 und 3, dem Vermittler den im Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung entstehenden Provisionsverlust in Form des Seminarbeitrags auszugleichen, gehe auch daraus hervor, dass die Klauseln 3 und 4 auf die in § 176 (Abs 5 und 6) VersVG vorgesehene Fünfjahresfrist abstellten. Aus Sicht des Kunden werde diesem zwar durch § 176 Abs 6 VersVG im Fall der Vertragsauflösung in den ersten fünf Jahren ab Vertragsabschluss durch Aliquotierung der Provision ein höherer Rückkaufswert gewährt. Dieser werde jedoch durch die dann fällig werdende Forderung auf Zahlung des Seminarbeitrags wiederum verringert (im Normalfall wohl mehr als nur kompensiert). In dieser Konstruktion liege sowohl eine Umgehung des § 176 Abs 6 VersVG als auch eine gröbliche Benachteiligung des Konsumenten nach § 879 Abs 3 ABGB. Eine gröbliche Benachteiligung ergebe sich insbesondere auch daraus, dass der gesamte Seminarbeitrag auch dann fällig werde, wenn das ursprünglich beantragte Vorsorgekonzept innerhalb der ersten fünf Jahre lediglich geändert werde, und zwar auch dann, wenn diese Änderung auf die Provisionsansprüche der Beklagten keine Auswirkungen habe. Selbst ein geringfügiger (später ausgeglichener) Zahlungsverzug bei Zahlung der Versicherungsprämie hätte nach dem Inhalt „der Klausel“ zur Folge, dass die Stundung des Seminarbeitrags zur Gänze wegfalle. Nach Klausel 4 werde der Seminarbeitrag in voller Höhe auch dann fällig, wenn die Vertragsauflösung des Vorsorgekonzepts auf ein allfälliges Fehlverhalten der Beklagten (etwa einen Beratungsfehler) zurückzuführen wäre. Damit liege eine gröbliche Benachteiligung des Konsumenten im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB vor. Auf das weitere ‑ ebenfalls zutreffende ‑ Argument, Klausel 4 untergrabe das Rücktrittsrecht des Konsumenten nach § 165a VersVG, komme es nicht mehr an.

Nach § 8 (Abs 1 Z 2) DSG habe jeder Konsument, der einer Verwendung seiner Daten zugestimmt habe, das Recht, diese Zustimmung jederzeit zu widerrufen und damit auch die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten zu bewirken. Der bloße Widerruf der Vollmacht zur Einholung von Auskünften betreffend das Vorsorgekonzept werde durch die Klausel 5 damit sanktioniert, dass der Seminarpreis in voller Höhe zu zahlen sei, womit auch mit dieser Klausel ein Rechtsanspruch des Verbrauchers mit einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB „verbunden“ sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen seien.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu einem Seminarvertrag und der Verknüpfung dessen Zahlungsmodalitäten mit einem Vertrag über ein Vorsorgekonzept noch nicht Stellung genommen hat. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Für sämtliche Klauseln sind folgende Grundsätze im Verbandsprozess maßgebend:

1.1. Gemäß § 879 Abs 1 ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Nichtigkeit infolge Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn dies ausdrücklich normiert ist oder insoweit der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäfts notwendig verlangt (RIS‑Justiz RS0016837; 7 Ob 90/13f; Riedler in Schwimann/Kodek,ABGB4 § 879 Rz 3, jeweils mwN).

1.2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RIS‑Justiz RS0016914). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RIS‑Justiz RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RIS‑Justiz RS0014676 [T7, T13, T43]).

1.3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unvollständig abgefasst ist. Dieses sogenannte Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für den jeweiligen Vertragstyp typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (stRsp; zB RIS‑Justiz RS0115217 [T7, T8]; RS0115219 [T9]). Daraus kann sich konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe (RIS‑Justiz RS0115219).

1.4. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klauseln kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (stRsp; RIS‑Justiz RS0016590; RS0038205) ebenso nicht wie im Individualprozess über nicht ausgehandelte missbräuchliche Klauseln in einem Verbrauchergeschäft (RIS‑Justiz RS0128735; RS0122168).

2. Zum Seminarvertrag:

2.1. Zirka ein Drittel der Kunden, die mit der Beklagten ein Vorsorgekonzept abgeschlossen haben, schließen auch einen Seminarvertrag ab. Dass auch nur ein Kunde einen Seminarvertrag ohne ein Vorsorgekonzept abgeschlossen hat, steht nicht fest.

Die Klauseln 2 bis 5 (Z 5, 6, 7 und 9 des Seminarvertrags) regeln die Zahlungsmodalitäten des Seminarpreises im Zusammenhang mit den abgeschlossenen Vorsorgekonzepten, zu denen (unstrittig) auch kapitalbildende Lebensversicherungen zählen. Die Vorsorgekonzepte und der Seminarvertrag stehen ungeachtet des Hinweises in Klausel 4 auf die „rechtliche Unabhängigkeit“ des Seminarvertrags im rechtlichen Zusammenhang, wenn der Konsument beide Verträge mit der Beklagten abschließt, was dem Regelfall entspricht. Nach den Klauseln 2 bis 5 entfalten Änderungen im Zusammenhang mit den abgeschlossenen Vorsorgekonzepten Rechtsfolgen für die Zahlungsmodalitäten des Seminarvertrags. Der Seminarpreis wird nur dann gestundet und von der Beklagten auf ihn verzichtet, wenn die beantragten Vorsorgekonzepte unverändert bleiben und länger als fünf Jahre bezahlt werden (Klauseln 2 bis 4).

Grund für den Abschluss des Seminarvertrags bilden (bei kundenfeindlichster Auslegung) nicht die allgemein gehaltenen Seminarthemen, sondern der Umstand, dass der Kunde die Kosten für die Seminare nicht zu zahlen hat, wenn er sich ausreichend lang an das abgeschlossene Vorsorgekonzept bindet. Die „Gratisseminare“ sind für ihn der Anreiz, zusätzlich zum Vorsorgekonzept überhaupt einen Seminarvertrag abzuschließen.

2.2. Liegt dem Vorsorgekonzept eine kapitalbildende Lebensversicherung zugrunde, verstößt das Gesamtkonzept des Seminarvertrags, wie es aus den Klauseln 1 bis 5 ersichtlich ist, infolge verpönter Umgehung des § 176 Abs 6 VersVG gegen § 879 Abs 1 ABGB.

Nach § 176 Abs 6 VersVG hat der Vermittler in den Fällen des Abs 5 leg cit (insbesondere Beendigung einer kapitalbildenden Lebensversicherung vor dem Ablauf von fünf Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Laufzeit) Anspruch auf jenen Teil der Provision samt Nebengebühren, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) und dem Zeitraum von fünf Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) entspricht. Eine Vereinbarung, wonach dem Vermittler ein höherer Provisionsanspruch zusteht, ist unwirksam. § 176 Abs 5 und 6 VersVG idF VersRÄG 2006, BGBl I 2006/95, galt nur für das System der Bruttopolizze, wonach die Vermittlungsprovision nicht vom Kunden, sondern vom Versicherer bezahlt wird (7 Ob 13/10b = RIS‑Justiz RS0125837). Mit dem durch das VersRÄG 2012, BGBl I 2012/34, angefügten Zusatz in § 176 Abs 6 VersVG, wonach die voranstehenden Bestimmungen auf Vereinbarungen, nach denen der Versicherungsnehmer die Provision unmittelbar dem Vermittler zu leisten hat, sinngemäß anzuwenden sind, wurden die Regelungen über die Höhe des Provisionsanspruchs des Versicherungsvermittlers in „Frühstornofällen“ auch auf die Nettopolizze ausgedehnt (dazu 7 Ob 54/13m = RIS‑Justiz RS0125837 [T1]). Diese Bestimmung ist gemäß § 191c Abs 11 VersVG auf Vereinbarungen anzuwenden, die nach dem 1. 7. 2012 abgeschlossen werden. Die Beklagte bietet ihren Kunden die Seminarverträge seit dem Frühjahr 2012 an.

Unabhängig davon, ob die Vorsorgekonzepte, auf die die Klauseln 1 bis 5 verweisen, als Brutto‑ oder Nettopolizze ausgestaltet sind, ist die Vermittlungsprovision für eine kapitalbildende Lebensversicherung im Fall der vorzeitigen Beendigung zu aliquotieren. Der durch eine Beendigung innerhalb von fünf Jahren erlittene Provisionsverlust der Beklagten wird hier aber dadurch kompensiert, dass der Kunde das Entgelt für den nicht kündbaren Seminarvertrag sofort zur Gänze zu zahlen hat, obwohl er diesen bei kundenfeindlichster Auslegung nur abschloss, weil er annahm, dass er die Seminare kostenlos besuchen kann. Der mit § 176 Abs 6 VersVG verfolgte Schutzzweck, zu verhindern, dass der Rückkaufswert durch Abschlusskosten unangemessen vermindert wird, darf nicht durch den Abschluss eines „separaten“ Seminarvertrags ausgehöhlt werden, der lediglich der Kundenbindung dient. Durch die Klauseln 1 bis 5 wird der Konsument innerhalb von fünf Jahren ab Abschluss des Lebensversicherungsvertrags abgehalten, diesen auch aus berechtigten Gründen zu beenden, muss er doch umgehend den Seminarpreis zahlen, der wirtschaftlich ein Äquivalent für den Provisionsverlust der Beklagten bildet. Nach den Gesetzesmaterialien zum VersRÄG 2006 (ErläutRV 1428 BlgNR XXII. GP 8) darf § 176 Abs 6 VersVG durch eine dem Versicherungnehmer zum Ausgleich der anteilig gekürzten Provision „vertraglich aufoktroyierte“ Konventionalstrafe des Vermittlers nicht umgangen werden. Nach den Materialien zum VersRÄG 2012 (ErläutRV 1632 BlgNR XXIV. GP 15) soll § 176 Abs 6 letzter Satz VersVG nicht das Recht eines Versicherungsmaklers einschränken, mit dem Versicherungskunden ein Honorar zu vereinbaren, solange eine solche Honorarvereinbarung im wirtschaftlichen Ergebnis nicht zu einer Umgehung der Schutzbestimmungen des § 176 Abs 5 und 6 VersVG führt. Darauf läuft aber die Verpflichtung zur Zahlung des Seminarbetrags bei Beendigung des Lebens-versicherungsvertrags speziell kurz vor Ablauf des fünften Jahres hinaus. Der Seminarvertrag dient im Zusammenhang mit der Vermittlung einer kapitalbildenden Lebensversicherung nur dazu, der Beklagten innerhalb von fünf Jahren ihren Provisionsanspruch zu wahren. Damit widerspricht das Vertragskonzept der Klauseln 1 bis 5 § 176 Abs 6 VersVG, der eine Vereinbarung für unwirksam erklärt, wonach dem Vermittler ein höherer Provisionsanspruch zusteht, sodass die Klauseln gegen § 879 Abs 1 ABGB verstoßen und damit nichtig sind.

3. Zur Klausel 1 (Z 1 des Seminarvertrags mit Ausnahme des dritten Absatzes) im Speziellen:

3.1. Einzelwirkungen des Transparenzgebots des § 6 Abs 3 KSchG sind unter anderem das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RIS‑Justiz RS0115217 [T12]; RS0115219 [T12]). Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln müssen für den Verbraucher durchschaubar sein (RIS‑Justiz RS0115217 [T7, T23]).

Die Grundwertung, dass sich eine Pflicht zur Vollständigkeit dort ergibt, wo ansonsten die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RIS‑Justiz RS0115219), steht auch hinter der Rechtsprechung zum „Querverweis“. Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt an sich noch nicht per se zur Intransparenz im Sinn von § 6 Abs 3 KSchG. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben (RIS‑Justiz RS0122040 [T13]).

In der Klausel 1 wird die Dauer des halbjährlich von der Beklagten veranstalteten Seminars mit dem allgemeinen Inhalt „Themen rund ums Geld“ samt schlagwortartigen Beispielen angeführt. In der mit dem Seminarvertrag ausgehändigten vierseitigen Broschüre werden die drei Themenkreise, aus denen das Seminar besteht, jeweils mit allgemein gefassten Schlagworten erörtert. Abgesehen davon, dass die Klausel keinen Hinweis auf die Broschüre enthält, ist für den Konsumenten nicht ersichtlich, welchen konkreten Inhalt die von ihm gebuchten Seminare haben. Das genaue Thema des jeweiligen Seminars erfährt er erst, wenn er sich bereits für ein entsprechendes Seminar angemeldet hat. Damit widerspricht die Klausel dem Bestimmtheitsgebot des § 6 Abs 3 KSchG, ist doch für einen Konsumenten der konkrete Seminarinhalt für die acht Seminare unklar, für die er nach Z 3 des Seminarvertrags immerhin 3.990 EUR zu zahlen hat. Dem Transparenzgebot widerspricht es, wenn der Verbraucher gezwungen ist, sich die notwendigen Informationen aus dem Seminarvertrag, der Broschüre und der Homepage „zusammenzusuchen“, um vor der Anmeldung zur Teilnahme am Seminar lediglich allgemeine Informationen zu den Themen zu bekommen.

3.2. Nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG Variante 2 sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen er während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist. Bei der Prüfung, ob eine unangemessen lange Vertragsbindung gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG Variante 2 oder gemäß § 879 Abs 3 ABGB vorliegt, ist eine Gesamtwertung aller einschlägigen Vertragsumstände vorzunehmen. Die Interessen des Unternehmers auf Durchführung des Vertrags sind mit den Interessen des Verbrauchers auf angemessene und feststellbare Erfüllungszeit abzuwägen. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen (RIS‑Justiz RS0121007 [T3, T4]). Die sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an den Vertrag kann sich etwa aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, auf Grund des Umfangs seiner Investitionen und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Risiko, für länger klare Verhältnisse zu schaffen (5 Ob 205/13b mwN; vgl RIS‑Justiz RS0123616).

Mit Klausel 1 des Seminarvertrags, die zwar als Recht des Kunden formuliert ist, über einen bestimmten Zeitraum an acht Seminaren teilzunehmen, bindet die Beklagte für vier (bei Teilnahme an jedem halbjährlich stattfindenden Seminar) bis zu sechs Jahre ihre Kunden an den Seminarvertrag. Ein vertragliches Kündigungsrecht wird dem Konsumenten während der Dauer der Laufzeit des Seminarvertrags nicht eingeräumt. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Beklagte als Veranstalterin eines Seminars kein Kapital bindet, sondern im Wesentlichen für jedes Seminar gesondert nur einen geeigneten Raum für sechs Stunden zur Verfügung zu stellen und allenfalls die Vortragshonorare der Referenten (Vermögensberater [darunter der Geschäftsführer und ein Mitarbeiter der Beklagten], Rechtsanwalt [= Rechtsvertreter der Beklagten], Steuerberater) zu zahlen hat. Ein anerkanntes Interesse von ihr an der bis zu sechsjährigen Bindungsdauer vermag die Beklagte nicht aufzuzeigen. Zwar ist der Konsument berechtigt, innerhalb der Vertragsdauer von 12 möglichen Seminaren acht auszuwählen, jedoch lässt sich dasselbe Ergebnis erzielen, wenn dem Konsumenten die Wahlmöglichkeit eingeräumt wird, ohne so lange Bindungsdauer die von der Beklagten veranstalteten Seminare jeweils einzeln gegen entsprechendes Entgelt in Anspruch zu nehmen. Eine sechsjährige Bindung ist in Anbetracht dessen, dass mit der Finanzierung der vertraglich geschuldeten Leistungen praktisch keine Kapitalbindung einhergeht, sachlich nicht gerechtfertigt im Sinn des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG.

3.3. Klausel 1 ist daher auch aus den hier dargelegten Gründen gesetzwidrig.

4. Zu den Klauseln 2, 4 und 5 (Z 5, 7 und 9 des Seminarvertrags) im Speziellen:

4.1. Die Klauseln 2, 4 und 5 enthalten Änderungen zur ansonsten „sofort“ ‑ im Sinn einer Vorleistungspflicht des Kunden ‑ eintretenden Fälligkeit des gesamten Seminarpreises (vgl Z 4 des Seminarvertrags). Die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle ‑ die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungen ‑ ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben. Daraus ergibt sich, dass nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung der Inhaltskontrolle entzogen ist. Vor allem die im dispositiven Recht geregelten Fragen, wie Ort und Zeit der Vertragserfüllung, sind von der Ausnahme nicht umfasst (RIS‑Justiz RS0016908; RS0016931). Beim gegenständlichen Seminarvertrag besteht die Hauptleistungspflicht des Kunden in der Zahlung des Entgelts. Mögen sich die Klauseln 2, 4 und 5 auch auf die Hauptleistungspflicht beziehen, so kann von einer individuellen zahlenmäßigen Umschreibung keine Rede sein. Die Klauseln regeln vielmehr die Bedingungen für eine Stundung der Beklagten auf den Seminarpreis sowie für dessen Fälligkeit und damit die Modalitäten der Leistungserbringung des Kunden (vgl 2 Ob 1/09z = SZ 2010/41 = RIS‑Justiz RS0016908 [T23] = RS0016931 [T9]). Sie unterliegen entgegen der Rechtsansicht der Beklagten daher der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB.

4.2. Nach den Klauseln 2 und 4 wird auch dann eine sofortige Zahlungsverpflichtung ausgelöst, wenn innerhalb der ersten fünf Jahre eine Erweiterung des bestehenden Vorsorgekonzepts oder eine Änderung (zB Abschluss eines anderen Vorsorgekonzepts) erfolgt, die keine Auswirkungen auf die Provisionsansprüche der Beklagten hat. Nach Klausel 2 hat selbst ein geringfügiger, später ausgeglichener Zahlungsverzug bei der Zahlung der Versicherungsprämie oder im Fall einer Nettopolizze der Provision an die beklagte Vermittlerin zur Folge, dass die Stundung des Seminarentgelts zur Gänze wegfällt. Wird ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend darlegt ‑ der Vertrag über das Vorsorgekonzept in den ersten fünf Jahren von einem Konsumenten etwa wegen Irrtums oder List erfolgreich angefochten oder aus einem wichtigen Grund berechtigt gekündigt, wird der Seminarpreis nach der Klausel 4 selbst dann in voller Höhe fällig, wenn die Vertragsauflösung auf ein der Beklagten zuzurechnendes Fehlverhalten wie einen Beratungsfehler zurückzuführen ist. Darin ist jeweils eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB zu erblicken, führen doch diese Klauseln zu einer Einschränkung der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten des Konsumenten, der sich dadurch aus finanziellen Gründen verpflichtet fühlt, am Vertrag über das Vorsorgekonzept trotz gerechtfertigter Auflösungs- oder Beendigungsgründe oder berechtigter Änderungswünsche festzuhalten.

4.3. Ebenfalls liegen keine sachlichen Gründe im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB vor, die Stundung (Klausel 2) oder den Verzicht (Klausel 3) auf den Seminarpreis von der Bevollmächtigung zur Einholung von Auskünften in den ersten fünf Jahren der „Zahldauer“ der Vorsorgekonzepte abhängig zu machen (Klausel 5 iVm Z 8 des Seminarvertrags). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, wird damit das Recht des Kunden nach § 8 Abs 1 Z 2 DSG, seine Zustimmung zur Verwendung seiner Daten jederzeit zu widerrufen und damit die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten zu bewirken, verletzt. Der bloße Widerruf der Vollmacht zur Einholung von Auskünften und damit auch nicht‑sensibler Daten betreffend das Vorsorgekonzept löst die Zahlung des Seminarpreises in voller Höhe aus, wodurch mit Klausel 5 der Rechtsanspruch des Kunden im Sinn einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB in verpönter Weise sanktioniert wird.

4.4. Die Klauseln 2, 4 und 5 sind daher auch aus den dargelegten Gründen gesetzwidrig. Damit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung, ob die Klausel 4 gegen § 864a ABGB und § 165a VersVG verstößt.

5. Der Revision der Beklagten ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur mehr fünf von sechs Klauseln. Die Bemessungsgrundlage beträgt für die Revisionsbeantwortung 30.000 EUR, was beim Kostenzuspruch zu berücksichtigen ist.

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