Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass der von der beklagten Partei erhobene Anspruch auf Rückersatz des an die klagende Partei in der Zeit vom 10. 10. 2010 bis 9. 1. 2011 geleisteten Kinderbetreuungs-geldes in Höhe von 1.518 EUR nicht zu Recht besteht, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei den Betrag von 1.518 EUR binnen 4 Wochen zu zahlen.
Die klagende Partei hat ihre Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.
Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.“
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bezog für ihre am 10. 1. 2010 geborene Tochter K***** vom 8. 3. 2010 bis 9. 1. 2011 ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld (in der Variante 12+2) in Höhe von 66 EUR täglich.
Mit Bescheid vom 14. 3. 2013 widerrief die beklagte Gebietskrankenkasse die Zuerkennung der Leistung für den Zeitraum vom 10. 10. 2010 bis 9. 1. 2011. Der Klägerin gebühre in dieser Zeit nur ein Kinderbetreuungsgeld von 49,50 EUR täglich. Sie sei daher zur Rückzahlung von 1.518 EUR binnen 14 Tagen verpflichtet. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin die in § 24c KBGG vorgeschriebenen Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen nicht vollständig nachgewiesen habe.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin sinngemäß die Feststellung, dass sie zur Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes im Ausmaß von 1.518 EUR nicht verpflichtet sei. Sie habe alle Untersuchungen gemäß den gesetzlichen Vorschriften durchführen lassen, nur die Frist zum Nachweis der 10. Untersuchung ohne Verschulden nicht wahrgenommen. Da sie zum Nachweis der vorangehenden Untersuchungen von der Beklagten aufgefordert worden sei, sei sie davon ausgegangen, die letzte Untersuchung nicht von sich aus nachweisen zu müssen. Ihre Pflicht dazu habe sie übersehen.
Die Beklagte bestritt und brachte vor, die Klägerin habe die Bestätigung über die 10. Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchung nicht vorgelegt. Diese wäre zwischen dem 10. und 14. Lebensmonat des Kindes durchzuführen und bis zum Ende des 18. Lebensmonats nachzuweisen gewesen. Da dies nicht geschehen sei, sei gemäß § 24a Abs 4 KBGG das Kinderbetreuungsgeld ab dem 10. Lebensmonat des Kindes um 16,50 EUR pro Tag zu reduzieren.
Die Klägerin sei sowohl über ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Vorlage der Bestätigungen über die durchgeführten Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen als auch über die Konsequenzen der Nichtvorlage ausreichend informiert worden. Sie sei daher gemäß § 31 Abs 1 und 2 KBGG zur Rückzahlung des zu Unrecht ausbezahlten Kinderbetreuungsgeldes verpflichtet.
Im Verfahren wies die Klägerin die fristgerechte Vornahme der 10. Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchung des Kindes nach.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt führte es aus, dass es Zweck des § 24c KBGG sei, die Mutter des Kindes anzuhalten, die Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen vornehmen zu lassen. Damit sei jedoch nicht zu vereinbaren, dass der Anspruch auch verfalle, wenn die Untersuchung zwar fristgerecht durchgeführt worden sei, jedoch der fristgerechte Nachweis versäumt werde. Hintergrund dieser Regelung sei eine Begrenzung des Verwaltungsaufwands, der im Hinblick auf die Wichtigkeit der Sozialleistung eine derart erhebliche Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes nicht rechtfertige.
Der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es führte aus, dass schon die Voraussetzungen für eine Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes nach § 31 KBGG nicht vorlägen. Diese Bestimmung regle taxativ jene Fälle, in denen bezogene Leistungen zurückzuzahlen seien. In Betracht kämen § 31 Abs 1 dritter Fall KBGG bzw § 31 Abs 2 erster Fall KBGG.
§ 31 Abs 1 dritter Fall KBGG setze voraus, dass dem Leistungsbezieher hätte auffallen müssen, dass ihm die Leistung gar nicht oder nicht in der tatsächlich gewährten Höhe gebührt hätte. Davon sei nicht auszugehen, da die Klägerin offensichtlich bestrebt gewesen sei, die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung zu erfüllen. Dass sie die letzte Untersuchung nicht fristgerecht nachgewiesen habe, sei unter den konkreten Umständen nicht vorwerfbar.
§ 31 Abs 2 erster Fall KBGG sehe die Verpflichtung zur Rückzahlung auch dann vor, wenn rückwirkend Tatsachen festgestellt werden, bei deren Vorliegen kein Anspruch bestehe. Diese Bestimmung beziehe sich ausschließlich auf Sachverhalte, die bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung der Leistung vorgelegen seien. Ein solcher liege jedoch hier nicht vor.
Da kein Tatbestand des § 31 KBGG verwirklicht sei, bestehe für die Rückforderung des widerrufenen Teils des Kinderbetreuungsgeldes keine Rechtsgrundlage.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die zur Rückforderungsbestimmung des § 31 KBGG bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen und die Klägerin zu verpflichten, das zu Unrecht bezogene Kinderbetreuungsgeld von 1.518 EUR binnen 14 Tagen der Beklagten zurückzuzahlen. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin hat, obwohl ihr die Beantwortung der Revision freigestellt worden war, keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch berechtigt.
1. Nach § 24c Abs 1 KBGG besteht Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld gemäß § 24a Abs 1 dieses Gesetzes ab dem 10. Lebensmonat, sofern fünf Untersuchungen während der Schwangerschaft und weitere fünf Untersuchungen des Kindes bis zum 14. Lebensmonat nach der Mutter‑Kind‑Pass‑Verordnung vorgenommen werden. Die ersten neun Untersuchungen müssen spätestens bis zum Ende des 10. Lebensmonats des Kindes und die 10. Untersuchung muss spätestens bis zum Ende des 18. Lebensmonats des Kindes durch Vorlage der entsprechenden Untersuchungsbestätigungen nachgewiesen werden.
Nach Abs 2 dieser Bestimmung besteht ungeachtet dessen der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, wenn die Vornahme oder der Nachweis der Untersuchungen aus Gründen, die nicht vom beziehenden Elternteil zu vertreten sind, unterbleibt (Z 1) oder der Nachweis bis spätestens zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nachgebracht wird (Z 2).
Werden die in § 24c KBGG vorgesehenen Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen nicht nachgewiesen, wird der Tagesbetrag ab dem 10. Lebensmonat des Kindes um 16,50 EUR reduziert (§ 24a Abs 4 KBGG).
1.1. Diese Regelung entspricht von der Konzeption her § 3 Abs 2 iVm § 7 Abs 2 KBGG für das pauschale Kinderbetreuungsgeld, sowie den §§ 5a Abs 2, 5b Abs 2 und 5c Abs 2 KBGG für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Kurzleistung. Diese Bestimmungen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt, wobei jeweils nicht nur auf die Durchführung der Untersuchung sondern auch auf den fristgerecht erbrachten Nachweis der Untersuchung abgestellt wurde.
2. Mit der Verknüpfung des Kinderbetreuungs-geldes mit den Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen wird die Bedeutung, die der Gesetzgeber diesen Untersuchungen beimisst, hervorgehoben und durch die Kürzungsregelungen die Nichtdurchführung sanktioniert. Auch wenn daher das Hauptgewicht auf der Untersuchung selbst, nicht ihrem Nachweis liegt, können die Bestimmungen, die eine Reduktion des Kinderbetreuungsgeldes vorsehen, nicht dahingehend verstanden werden, dass diese Reduktion nur dann eintritt, wenn die Untersuchung nicht durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob sie fristgerecht nachgewiesen wurde oder nicht. Abgesehen vom klaren Wortlaut der Bestimmung, die ‑ wie ausgeführt ‑ mehrfach für veränderte Varianten des KBGG übernommen wurde, hat der Gesetzgeber anlässlich der Novelle BGBl I 2003/122, mit der (unter anderem) die Möglichkeit geschaffen wurde, den Nachweis für die durchgeführten Untersuchungen bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nachzubringen, ausdrücklich auf die Notwendigkeit des Nachweises, nicht bloß der Untersuchung Bezug genommen. In den Erläuternden Bemerkungen zur RV 248 BlgNR 22. GP 2 heißt es dazu allgemein:
„Um das Kinderbetreuungsgeld während der gesamten Bezugsdauer in voller Höhe zu erhalten, müssen 10 Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen durchgeführt und beim zuständigen Krankenversicherungsträger nachgewiesen werden. Wird dieser Nachweis nicht bis zur Vollendung des 18. Lebensmonats des Kindes erbracht, ist das Kinderbetreuungsgeld ab dem 21. Lebensmonat auf die Hälfte zu reduzieren.
Dies führt zu Härtefällen, wenn sämtliche Untersuchungen ordnungsgemäß durchgeführt wurden und das Kinderbetreuungsgeld nur deswegen reduziert wird, weil der Nachweis verspätet erbracht wurde. Wenngleich die Bezieherinnen und Bezieher mittels Erinnerungsschreiben an den Nachweistermin erinnert werden, hat die Praxis gezeigt, dass dies nicht ausreichend ist.
Es soll daher möglich sein, das Kinderbetreuungsgeld auch weiterhin in voller Höhe zu erhalten, wenn alle Untersuchungen durchgeführt wurden und nur der Nachweis verspätet erbracht wurde.
Weiters soll in besonderen Ausnahmefällen ein gänzliches Absehen von der Erbringung des Nachweises möglich sein.“
Zu dem damals novellierten § 7 Abs 3 KBGG heißt es in den zitierten Gesetzesmateralien weiter: „Wird der Nachweis der Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen nicht bis zur Vollendung des 18. Lebensmonates des Kindes erbracht, ist vorgesehen, dass das Kinderbetreuungsgeld ab dem 21. Lebensmonat des Kindes vorerst entsprechend der §§ 3 Abs 2 und 3a Abs 2 auf die Hälfte gekürzt wird. Nach Erbringung des Nachweises, welcher jedoch längstens bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes möglich ist, gebührt das Kinderbetreuungsgeld wieder in voller Höhe und der einbehaltene Betrag wird nachgezahlt.“
Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Härtefälle, die damit verbunden sein können, dass Untersuchungen zwar durchgeführt, aber nicht fristgerecht nachgewiesen wurden, nicht auf einen Nachweis verzichten, sondern nur in einem zeitlich begrenzten Umfang die Möglichkeit schaffen wollte, durch eine nachträgliche Vorlage eine Nachzahlung der gekürzten Beträge zu erreichen. Dass er dabei, der Praxis der Sozialversicherungsträger entsprechend von einem Erinnerungsschreiben zum Nachweistermin ausging, hat als Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers in das Gesetz nicht Eingang gefunden. Dass die Reduktion des Kinderbetreuungsgeldes von einer solchen Erinnerung abhängig ist, lässt sich dem Gesetz daher nicht entnehmen. Es wäre aber nach Ansicht des erkennenden Senats im Sinne der den Versicherungsträgern gegenüber den Versicherten treffenden Aufklärungs‑ und Informationspflichten wünschenswert gewesen, dass die beklagte Partei, die die Klägerin bereits mit Schreiben vom 9. 11. 2010 erfolgreich aufgefordert hatte, die fehlende Bestätigung über die 1. Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchung vorzulegen, auch hinsichtlich des fehlenden Nachweises der 10. Mutter-Kind-Pass-Untersuchung ein entsprechendes Erinnerungs‑ bzw Aufforderungsschreiben ‑ von welchem offensichtlich auch der Gesetzgeber ausging ‑ an die Klägerin gerichtet hätte. Eine solche Vorgangsweise wäre nach Ansicht des erkennenden Senats auch vor dem Hintergrund, dass es nach dem eigenen Vorbringen der beklagten Partei in insgesamt nur etwa 1,41 % der Fälle zu einem verminderten Leistungsanspruch der BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld wegen eines fehlenden Nachweises der erfolgten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen kommt, angezeigt gewesen.
Der bloße Umstand, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen ihre Verpflichtung zum rechtzeitigen Nachweis der 10. Mutter-Kind-Pass-Untersuchung „übersehen“ hat, vermag die Annahme, dass der Nachweis der Untersuchung aus Gründen, die die Klägerin nicht zu vertreten hätte (vgl § 24c Abs 2 Z 1 KBGG), unterblieben wäre, jedenfalls nicht zu rechtfertigen.
Da die Klägerin den Nachweis für die 10. Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchung unstrittig bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres ihres Kindes nicht nachgebracht hat, erfolgte die Reduktion des Kinderbetreuungsgeldes grundsätzlich zu Recht.
3. Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass keiner der Rückforderungstatbestände des § 31 KBGG erfüllt ist.
Richtig ist, dass § 31 KBGG taxativ die Fälle regelt, in denen die bezogene Leistung zurückzuzahlen ist. Allen Rückforderungstatbeständen ist gemeinsam, dass die Leistung zu Unrecht bezogen wurde, wobei aber nicht immer ein Verschulden des Leistungsbeziehers vorliegen muss (10 ObS 4/13f, SSV-NF 27/7).
3.1. Nach § 31 Abs 2 1. Fall KBGG besteht die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht. Als rückwirkend festgestellte Tatsachen im Sinne dieser Bestimmung gelten alle für die Zuerkennung des Anspruchs maßgeblichen Umstände, die mit Rückwirkung erst zu einem nach der Zuerkennung liegenden Zeitpunkt, zum Beispiel durch Gerichtsurteil oder Entscheidung einer Behörde, festgestellt wurden. Dieser Rückforderungstatbestand normiert eine objektive Rückzahlungsverpflichtung, die nur davon abhängig ist, dass sich nachträglich eine (ursprünglich nicht bekannte) Tatsache herausstellte, bei deren Vorliegen kein Anspruch auf die Leistung besteht (10 ObS 106/13f; 10 ObS 91/11x, SSV‑NF 25/102; 10 ObS 54/10d, SSV‑NF 24/86).
Dementsprechend ordnet § 30 Abs 2 KBGG an, dass die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung einer Leistung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt (10 ObS 91/11x, SSV‑NF 25/102).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bezieht sich aber dieser Rückforderungstatbestand nicht nur auf Umstände, die bei Gewährung des Anspruchs schon verwirklicht, jedoch nicht bekannt waren und daher nicht berücksichtigt werden konnten, sondern auch auf solche, die erst nach der Gewährung des Anspruchs entstehen und den Sozialversicherungsträger zu einem Widerruf oder einer rückwirkenden Berichtigung der Bemessung berechtigen.
Auch die Vorgängerbestimmung (§ 39 KGG) stellte bei der Rückzahlung aufgrund rückwirkend festgestellter Tatsachen auf einen sich nachträglich ergebenden Bezug von Entgelt iSd § 2 Abs 2 KGG ab. Diese Bestimmung orientierte sich wiederum an § 25 AlVG 1977 (vgl ErläutRV 550 BlgNR 20. GP 29), der eine Rückforderung in den Fällen vorsah, in denen „rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird“. Vergleichbare Bestimmungen (§ 107 ASVG, § 76 GSVG und § 72 BSVG) stellen auf nachträglich festgestellte Ansprüche auf Weiterleistung von Geld‑ und Sachbezügen ab, wobei diese Wortfolge nach der Rechtsprechung nicht im Sinne von „wegen eines (dem Versicherungsträger, der Leistungen zu Unrecht erbracht hat,) nachträglich bekanntgewordenen Anspruches auf Weiterleistung der Geldbezüge und Sachbezüge“ mißverstanden werden darf (RIS‑Justiz RS0084385). Richtig verweist die Revision auch darauf, dass die übrigen in § 31 Abs 2 KBGG genannten Fälle ebenfalls auf erst später entstehende Umstände, nämlich das jeweilige Einkommen des Kinderbetreuungsgeldbeziehers, abstellen. Der Widerrufsgrund muss sich aber erst nachträglich herausgestellt haben, um eine Grundlage für eine Rückforderung bilden zu können (vgl RIS‑Justiz RS0126122).
Gerade im Zusammenhang mit den Mutter‑Kind‑Pass‑Untersuchungen sieht der Gesetzgeber die Reduktion des Kinderbetreuungsgeldes jeweils ab einem Zeitpunkt vor, zu dem noch nicht feststeht, ob die Bedingung für eine Reduktion eintreten wird oder nicht, da der Nachweis der Untersuchung in der Regel noch nicht vorliegen wird.
Bereits zu den in § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG geregelten Fällen der Überschreitung der Einkommensgrenzen wurde darauf verwiesen, dass dieser von einem Verschulden des Leistungsbeziehers unabhängige Rückforderungs-tatbestand zeige, dass die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld an Personen, bei denen erst im Nachhinein feststellbar ist, ob ihnen diese Leistungen mit Rücksicht auf ihr Einkommen bzw das Einkommen ihres Ehegatten tatsächlich gebührt, vorerst nicht endgültig erfolgt. Die Alternative, dass solchen Personen erst im Nachhinein derartige Sozialleistungen gewährt werden können, wodurch die mit der Gewährung von Kinderbetreuungsgeld bezweckte finanzielle Absicherung von Familien während der Kinderbetreuung konterkariert werden würde, wird vom Gesetzgeber damit vermieden (10 ObS 4/13f, SSV‑NF 27/7).
Dieselben Wertungen liegen aber auch der Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld vor dem Zeitpunkt, zu dem feststeht, ob die vorgeschriebenen Untersuchungen durchgeführt wurden, zugrunde.
3.2. Zusammenfassend ist daher im Fall einer Nichtdurchführung einer Untersuchung ebenso wie eines nicht rechtzeitigen Nachweises der vorgeschriebenen Untersuchungen eine Rückforderung des aufgrund einer nachträglichen Reduktion nach § 24a Abs 4 KBGG reduzierten Kinderbetreuungsgeldes zu Unrecht ausbezahlten Betrags nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG zulässig. Da dieser Rückforderungstatbestand unabhängig von einem Verschulden besteht, kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin hinsichtlich der Nichterbringung des Nachweises ein Vorwurf zu machen ist oder nicht.
Darauf, ob auch ein Rückforderungstatbestand nach § 31 Abs 1 dritter Fall KBGG vorliegt, muss daher nicht eingegangen werden.
Der Revision war daher Folge zu geben und das Feststellungsbegehren der Klägerin abzuweisen. Zugleich war der Klägerin die Leistung des zurückzuzahlenden Betrags aufzutragen, wobei die beklagte Partei selbst in ihrer Berufung eine Leistungsfrist von vier Wochen als angemessen erachtete.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die einen ausnahmsweisen Kostenersatzanspruch rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Die beklagte Partei hat als Versicherungsträger iSd § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten ihrer Revision ohne Rücksicht auf den Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen.
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