OGH 1Ob110/15f

OGH1Ob110/15f18.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** F*****, Deutschland, vertreten durch Mag. Jürgen Kubin, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, gegen die beklagte Partei A***** V*****, vertreten durch die Behal & Ederer Rechtsanwälte OG, Oberwart, wegen 77.500 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. März 2015, GZ 15 R 10/15y‑49, mit dem das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 5. November 2014, GZ 27 Cg 9/14p‑44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00110.15F.0618.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung des Parteienvorbringens im Einzelfall begründet regelmäßig keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

Die Klägerin hat ihren Anspruch zwar in erster Linie darauf gestützt, ihr ehemaliger Lebensgefährte habe den Verkaufserlös von 155.000 EUR behalten, obwohl die Klägerin zu 50 % Miteigentümerin der verkauften Liegenschaft gewesen sei. Darüber hinaus hat sie aber erklärt, sie stütze ihren Anspruch auch darauf, dass der gemeinsame wirtschaftliche Zweck in der Schaffung von Wohnraum in Österreich zu sehen sei, in welchem die Lebensgemeinschaft fortgeführt hätte werden sollen, aber nur kurze Zeit geführt worden sei; nach Auflösung dieser Lebensgemeinschaft stehe ihr eine Refundierung der von ihr eingebrachten finanziellen Aufwendungen zu. Wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen dahin verstanden hat, dass die von ihr eingebrachten finanziellen Aufwendungen im Hinblick auf die Auflösung der Lebensgemeinschaft insgesamt ihren Zweck verfehlt hätten und sie ihren Anspruch ‑ zumindest in zweiter Linie ‑ auf die Rückabwicklung aller dem Kläger aus der ursprünglich in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft zugekommenen Vermögensvorteile stützt, stellt dies weder eine unvertretbare Fehlentscheidung noch eine rechtswidrige Überraschungs-entscheidung dar. Aus den (vom Beklagten nicht bekämpften) erstgerichtlichen Feststellungen ergibt sich, dass ihm der gesamte Verkaufserlös von 155.000 EUR zugekommen ist und er der Klägerin davon (nur) 10.000 EUR überwiesen hat.

2. Das Berufungsgericht hat sich bei der (nach deutschem Recht vorzunehmenden) Beurteilung der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit ein Lebensgefährte dem anderen erhaltene erhebliche Vermögensvorteile nach Beendigung der Lebensgemeinschaft ‑ diese hat hier weniger als zwei Jahre gedauert ‑ nach Bereicherungsrecht rückzuerstatten hat, ausführlich mit der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) zu den hier anwendbaren Bestimmungen des BGB auseinandergesetzt. Es hat insbesondere die Entscheidung zu XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193, mit der eine gewisse Judikaturwende eingetreten ist, sowie die Folgeentscheidung zu XII ZR 190/08 berücksichtigt, in denen der BGH insbesondere ausgesprochen hat, dass nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen im Vermögen des anderen ein Wert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Nach der deutschen höchstgerichtlichen Rechtsprechung sei eine konkrete Zweckabrede zu fordern, wie sie etwa dann vorliegen könne, wenn ein Partner das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem Gegenstand langfristig partizipieren zu können. Voraussetzung für einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch sei, dass der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten sei. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne könne angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt ohne zu widersprechen.

Dem hält der Revisionswerber im Wesentlichen nur floskelhaft entgegen, die Entscheidung des Berufungsgerichts weiche von der „gefestigten Ansicht in Rechtsprechung und Lehre in Deutschland“ ab, ohne dies aber auch nur mit einem einzigen Zitat zu untermauern oder auf die vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des deutschen Höchstgerichts inhaltlich einzugehen; schon deshalb ist eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht erkennbar (vgl auch RIS‑Justiz RS0042948; RS0042940). Sein Vorwurf, es läge die vom Berufungsgericht angenommene Zweckabrede nicht vor, wird ebenfalls nicht näher begründet, obwohl es doch der Lebenserfahrung entspricht, dass ‑ gerade bei den hier auf beiden Seiten bescheidenen Einkommensverhältnissen ‑ eine ganz erhebliche unentgeltliche Vermögenszuwendung typischerweise in der für den Begünstigten erkennbaren Erwartung erfolgt, die (gerade erst aufgenommene) Lebensgemeinschaft werde über lange Zeit Bestand haben.

3. Soweit der Revisionswerber ausführt, eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung komme nur hinsichtlich der die Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerte in Betracht, ist er auf die Feststellung hinzuweisen, dass er die in seinem Eigentum stehende Liegenschaft erst kurz vor der Trennung um (unstrittig) 74.000 EUR erworben hat. Er hat (bisher) weder behauptet, dass der Wert bei Auflösung der Lebensgemeinschaft erheblich niedriger gewesen wäre, noch dass vom verbliebenen Veräußerungserlös von rund 40.000 EUR nichts Substantielles mehr vorhanden gewesen wäre.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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