OGH 3Ob93/15w

OGH3Ob93/15w17.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch Mag. Helmut Marschitz & Dr. Harald G. Beber, Rechtsanwälte in Mistelbach, wegen 10.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsin 6.708,28 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2014, GZ 21 R 350/14i‑19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mistelbach vom 27. August 2014, GZ 9 C 1057/13v‑15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00093.15W.0617.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 93,19 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen die auf eine Zahlungsvereinbarung vom April 2013 gestützte Klage (teilweise) mit der Begründung ab, die von der Beklagten gemachte Zahlungszusage, auf die sich der Kläger stütze, sei nicht ernstlich abgegeben worden. Da ein derartiger Erklärungsmangel das Zustandekommen des behaupteten Rechtsgeschäfts verhindere, bedürfe es keiner Anfechtung der Willenserklärung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers, mit der er seinen (restlichen) Klageanspruch weiter verfolgt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (nachträglichen) Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die Frage, ob eine Willenserklärung ernstlich abgegeben wurde, ist eine Tatfrage. Dagegen ist die Frage, ob eine Willenserklärung bestimmt und verständlich war, eine Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0014691, RS0043614, RS0043612). Wenn die Vorinstanzen die Frage der Ernstlichkeit der Willenserklärung im Sinn des § 869 ABGB verneinen, ist diese den Tatsachenbereich betreffende Beurteilung im Revisionsverfahren also nicht anfechtbar.

Im Übrigen sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus, dass bei Abgabe einer Erklärung im Zustand der Aufregung, die ihre Ernstlichkeit ausschließt, das Geschäft nur unwirksam ist, wenn dieser Zustand dem anderen Teil bekannt ist oder bekannt sein musste (RIS‑Justiz RS0015964). Ernstlich ist die Erklärung, wenn sie auf Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist. Dies beurteilt sich primär aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers, also nach der objektiven Bedeutung (RIS‑Justiz RS0014690; 7 Ob 568/87).

Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Auffassung bedarf es daher der tatsächlichen Kenntnis des Erklärungsempfängers von der mangelnden Ernstlichkeit des Erklärenden nicht.

Die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Rechtsauffassung steht nicht im Widerspruch zu 4 Ob 507/95, wird doch auch dort ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erklärung (nur) ernstlich ist, wenn sie, aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers, auf die Herbeiführung von Rechtsfolge gerichtet ist. Gerade das ist nicht der Fall, wenn die Beklagte in der vom Kläger durch Mord‑ und Selbstmorddrohungen verursachten Situation, „um Schlimmeres zu verhindern“ Zahlungsversprechen abgibt.

Mangels Aufzeigens erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Der Kläger hat der Beklagten die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO zu ersetzen, weil sie auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies.

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