OGH 7Ob568/87

OGH7Ob568/8716.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Maier als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Ing. M***, K*** & CO Baugesellschaft m.b.H., Linz, Sophiengutstraße 20, 2.) G. H*** & S***,

Baugesellschaft m.b.H., Salzburg, Bergerbräuhofstraße 27,

  1. 3.) S*** Baugesellschaft m.b.H., Linz, Salzburgerstraße 323, und
  2. 4.) H***, Baugesellschaft m.b.H., Linz, Bürgerstraße 11, sämtliche vertreten durch Dr. Franz Huber und Dr. Gunther Huber, Rechtsanwälte in Traun, wider die beklagten Parteien
  3. 1.) K*** S***, Bauunternehmungen, Bischofshofen,
  4. 2.) Ing. Rupert K***, Baumeister, und 3.) Ing. Peter S***, Baumeister, beide Bischofshofen, Heizhausgasse 3, sämtliche vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St.Johann/Pongau, wegen S 386.717,-- s.A., infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23. Dezember 1986, GZ 2 R 272/86-11, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Juni 1986, GZ 5 Cg 480/85-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger haben sich zu einer Arbeitsgemeinschaft Kraftwerk W***-ST. J*** zusammengeschlossen. Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft sollte unter anderem auch das Baulos 01 des Kraftwerkes W***-ST. J*** vergeben werden. Mit Schreiben vom 25. Februar 1985 wurden mehreren Firmen, darunter auch die Erstbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafter der Zweit- und Drittbeklagte sind, die Ausschreibungsunterlagen übersandt und eine Frist für die Anbotslegung bis 12. März 1985 gesetzt. Diese Frist wurde später bis 22. März 1985 verlängert. Am 22. März 1985, vor Fristablauf, hat die Erstbeklagte ihr Anbot gelegt. Vereinbarungsgemäß war sie an dieses Anbot bis 22. Juli 1985 gebunden.

Am 19. Juni 1985 hat die Arbeitsgemeinschaft der Erstbeklagten mitgeteilt (Beil. /C), daß sie ihr auf Grund ihres Anbotes vom 22. März 1985 und der mit ihr geführten Gespräche auf der Basis der Ausschreibung den Vorauftrag für die Bauarbeiten erteile. Dieser Auftrag bedürfe der Zustimmung der Oberösterreichischen Kraftwerke AG Linz. Nach Vorliegen der diesbezüglichen Zustimmung werde das Auftragsschreiben an die Erstbeklagte ausgefertigt. Mit Schreiben vom 16. Juli 1985 (Beil. /B) teilte die Arbeitsgemeinschaft der Erstbeklagten mit, daß die Oberösterreichische Kraftwerke AG mit Schreiben vom 2. Juli 1985 ihr Einverständnis mit der Vergabe des Auftrages an die Erstbeklagte erteilt habe. Sie ersuchte, sich bezüglich Terminabstimmung und Arbeitsablauf mit der örtlichen Bauleitung in Verbindung zu setzen.

Schließlich heißt es: "Das Auftragsschreiben wird Ihnen in Kürze zugestellt."

Das Auftragsschreiben mit den Beilagen, Leistungsverzeichnis und Gegenbrief wurde am 14. August 1985, erstellt (Beil. /A) und der Erstbeklagten zugestellt.

Die Erstbeklagte verweigerte die Ausführung der Arbeiten mit der Begründung, ihr Anbot sei nicht rechtzeitig angenommen worden. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger 386.717,-- S als Differenz zwischen dem von der Erstbeklagten angebotenen Betrag und jenem Betrag, den die Kläger für die Vergabe eines Ersatzauftrages erbringen hätten müssen.

Während das Erstgericht das Klagebegehren mit der Begründung abgewiesen hat, im Hinblick auf den Zeitpunkt des Zuganges des Auftragsschreibens sei das Anbot der Erstbeklagten nicht rechtzeitig angenommen worden, hat das Berufungsgericht diese Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Es vertrat die Rechtsansicht, bereits mit Schreiben vom 19. Juni 1985 sei eine Annahme des Anbotes der Erstbeklagten erfolgt. Diese Annahme sei nur durch die Zustimmung der Oberösterreichischen Kraftwerke AG bedingt gewesen. Da diese Zustimmung und die Mitteilung hievon noch innerhalb der Bindungsfrist erfolgt sei, sei es zu einem rechtswirksamen Vertrag zwischen den Streitteilen gekommen. Die Erstbeklagte und solidarisch mit ihr die beiden anderen Beklagten, als ihre persönlich haftenden Gesellschafter, seien sohin verpflichtet, den Klägern jenen Betrag zu ersetzen, den die Kläger über den Anbotsbetrag hinaus für einen Ersatzauftrag leisten hätten müssen. Dem Grunde nach sei demnach das Klagebegehren gerechtfertigt. Es müsse daher seine Höhe geprüft werden.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt. Daß es sich bei dem Anbot der Erstbeklagten um ein solches im Sinn des § 861 ABGB gehandelt hat, bedarf keiner näheren Begründung und wird auch von den Beklagten nicht bezweifelt. Nimmt aber der Anbotsgegner dieses gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beider Teile ein Vertrag zustande. Der Vertrag kommt durch korrespondierende Erklärungen zustande, das heißt, die Annahme muß zum Ausdruck bringen, daß der Oblat den Inhalt des Angebotes als vertragliche Regelung akzeptiert (Rummel in Rummel Rz 4 zu § 861). Voraussetzung ist, daß die Annahmeerklärung ernstlich und bestimmt ist. Ernstlich ist die Erklärung, wenn sie auf Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist. Dies beurteilt sich primär aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers, also nach der objektiven Bedeutung der Erklärung (Rummel in Rummel, Rz 4 zu § 869). Bestimmt ist die Erklärung, wenn ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebt, entnehmbar sind und die gesetzlichen Mindestanforderungen des von ihm nach der Erklärung intendierten Rechtsgeschäftes erfüllt sind. Im Rahmen des Vertragsschlußvorgangs werden die genannten Anforderungen primär an das Angebot gestellt, damit es annahmefähig ist. Es reicht aber auch aus, wenn die endgültige Einigung sie erfüllt (Rummel in Rummel, Rz 5 zu § 869). Die Beklagten haben nicht eingewendet, daß entweder die Ausschreibung oder das Anbot der Erstbeklagten den gesetzlichen Mindestanforderungen für jenes Geschäft, das schließlich zustandekommen sollte, nicht entsprochen hätten. Demnach genügte für ein rechtswirksames Zustandekommen eines Vertrages zwischen den Klägern einerseits und der Erstbeklagten andererseits eine einfache Annahmeerklärung der Kläger. Daß irgendwelche Punkte über das angestrebte Vertragsverhältnis offen geblieben wären, haben die Beklagten gar nicht behauptet. Demnach bedurfte es für ein rechtswirksames Zustandekommen des Vertrages nicht weiterer Verhandlungen zwischen den Streitteilen, sondern ausschließlich einer ernstlichen und bestimmten Annahmeerklärung seitens der Kläger. Diesem Erfordernis entsprach aber bereits das Schreiben vom 19. Juni 1985. Dort wurde klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der Erstbeklagten aufgrund ihres Anbotes vom 22. März 1985 der Auftrag erteilt werde. Dem rechtswirksamen Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen stand demnach nur mehr die in dem erwähnten Schreiben gesetzte Bedingung entgegen. Nach dem klaren Inhalt des Schreibens war die endgültige Auftragserteilung nur mehr durch eine Zustimmung der Oberösterreichischen Kraftwerke AG bedingt. Diese Zustimmung ist tatsächlich noch innerhalb der Bindungsfrist erteilt worden. Das haben die Kläger der Erstbeklagten mit Schreiben vom 16. Juli 1985 unmißverständlich mitgeteilt. Sohin ist es mit diesem Tage zum rechtswirksamen und endgültigen Abschluß eines Vertrages zwischen der Erstbeklagten und den Klägern gekommen. Hiezu bedurfte es nicht einer schriftlichen Bestätigung der Auftragserteilung. Vielmehr war der Inhalt des Vertrages durch die Ausschreibung einerseits und das Anbot der Erstbeklagten andererseits hinreichend bestimmt. Von einer unklaren Lage, die eine Abwägung erforderlich machen würde, zu wessen Lasten eine Unklarheit gehen könnte, ist hier keine Rede. Die Beklagten haben zwar in der Tagsatzung vom 28. April 1986 (ON 5) auf einige Bestimmungen des Schlußbriefes der Oberösterreichischen Kraftwerke AG betreffend die Vergabe eines Auftrages an die Kläger verwiesen, die angeblich im Widerspruch zu dem von der Erstbeklagten gelegten Anbot stehen sollen, doch war die Weigerung, den der Erstbeklagten erteilten Auftrag auszuführen, nicht auf derartige Differenzen zurückzuführen, sondern lediglich darauf, daß die Erstbeklagte, wie bereits oben dargelegt, völlig unbegründet den Standpunkt vertreten hat, ihr Anbot wäre nicht rechtzeitig angenommen worden. Im übrigen wurde das Anbot der Erstbeklagten auf eine Art angenommen, daß es zwischen den Streitteilen zu einem Vertrag gekommen ist, dessen Inhalt eindeutig durch das Anbot der Erstbeklagten bestimmt war. Demnach war in diesem Verfahren nicht zu prüfen, ob die Kläger vielleicht später einen Versuch unternommen hätten, von der Erstbeklagten von dem Vertrag abweichende andere Bedingungen zu erlangen. Zu einem solchen Versuch ist es infolge des vertragswidrigen Verhaltens der Erstbeklagten gar nicht gekommen. Demnach müssen die Folgen eines solchen, rein hypothetischen Versuches nicht geprüft werden. Daß die Beklagten im Falle ihrer rechtswidrigen Weigerung, ihren vertraglichen Verpflichtungen zu entsprechen, verpflichtet sind, den Klägern die daraus erwachsenen Mehrkosten zu ersetzen, hat das Berufungsgericht richtig erkannt und wird von den Beklagten auch gar nicht in Frage gestellt. Demnach erübrigen sich hiezu weitere Ausführungen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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