OGH 11Os43/15f

OGH11Os43/15f2.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ableidinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Metin Y***** wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 2015, GZ 13 Hv 53/14b‑29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00043.15F.0602.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem gleichartigen Vorwurf enthält, wurde Metin Y***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. Jänner 2014 in Wien Sebastian H***** durch gefährliche Drohung zur Übergabe des Fuhrlohns genötigt, indem er ihm mehrere ‑ Verletzungen am Körper in Aussicht stellende ‑ Schläge gegen den Oberarm versetzte und das Entgelt für eine Taxifahrt forderte (US 4).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts kündigte der Angeklagte Sebastian H***** mit dem Versetzen von Schlägen (auch) ein bevorstehendes Übel, nämlich Verletzungen am Körper an (US 4; … „der Angeklagte werde seine Forderung notfalls hier und jetzt mit der erforderlichen Gewalt durchsetzen“ … „solcherart kommt dem Verhalten des Angeklagten objektiv der Bedeutungsinhalt einer Drohung mit einer gegenwärtigen, zumindest Verletzungen am Körper nach sich ziehenden Gewaltanwendung zu“).

Unvollständig (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0118316).

Einen solchen Begründungsfehler zeigt die Mängelrüge mit ihrem Hinweis auf aus dem Zusammenhang gerissenen Angaben des Zeugen H*****, wonach es ihm eigentlich darum ging, dass er sich nicht angreifen lasse (ON 17 S 11), nicht auf.

Die Behauptung der Rüge (dSn Z 5 vierter Fall), der Zeuge habe Fragen des Vorsitzenden zum Versetzen von Stößen nicht bejaht, trifft nicht zu (ON 17 S 13; vgl auch ON 17 S 9 und 11).

Mit dem Einwand des Fehlens von Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der Gewalt wird kein Begründungsdefizit aufgezeigt.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das

Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Soweit die Rüge Konstatierungen zur körperlichen Beschaffenheiten des Angeklagten und des Zeugen H***** vermisst, dabei aber die Feststellungen zur In‑Aussichtstellung der Gewaltanwendung bis zur Willensbeugung, einschließlich einer Verletzung am Körper übergeht (US 4), verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des der Sache nach angesprochenen Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO.

Aus welchem Grund nicht schon das Versetzen von die Willensbeugung herbeiführenden Schlägen dem Gewaltbegriff des § 105 Abs 1 StGB genügen sollte, legt die Beschwerde im Übrigen nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS‑Justiz RS0116565).

Hinzuzufügen ist, dass zur Annahme von Gewalt als Mittel zur Willensbeugung keine besondere Kraftanwendung verlangt wird (vgl RIS‑Justiz RS0095666 [T2 und T3]; RS0093528; RS0093620).

Mit dem Einwand, dass der Zeuge nach der Nötigung wieder in das vom Angeklagten gelenkte Taxi stieg, somit durch den Vorfall in keiner Weise nachhaltig beeindruckt oder in Furcht versetzt wurde, wird kein Begründungsmangel der entscheidungswesentlichen Feststellungen aufgezeigt, sondern die tatrichterliche Beweiswürdigung (unzulässig) nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld kritisiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte