European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00091.15S.0519.000
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Der Antragsteller ist einer der Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, die Antragsgegnerin deren Verwalterin.
Der Antragsteller begehrt in diesem Verfahren, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, die Vermietung der zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft zählenden Hoffläche des Innenhofs zu unterlassen. Das Erstgericht qualifizierte dieses Rechtsschutzbegehren als Antrag auf Durchsetzung von Verwalterpflichten im Sinne des § 52 Abs 1 Z 6 WEG und stellte mit einem abgesondert ausgefertigten Beschluss fest, dass dieses Begehren im außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen ist. Diese Entscheidung wurde vom Rekursgericht bestätigt und erwuchs in Rechtskraft (zur Bindung an die Entscheidung über die richtige Verfahrensart vg. RIS‑Justiz RS0046861 [T3, T4]). In der Sache selbst wies das Erstgericht den Antrag ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich der als „außerordentlich erhoben“ bezeichnete Revisionsrekurs des Antragstellers.
Das Erstgericht legte diesen außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Revisionsrekurs ist ‑ außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63Abs 3AußStrG ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59Abs 1Z 2AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62Abs 3AußStrG). Das gilt gemäß § 62Abs 4AußStrG allerdings nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.
2. Nach § 52Abs 2WEG gelten für die in § 52Abs 1WEG genannten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen unter anderem mit den in § 37Abs 3Z 1,6,8,10 bis19 sowie Abs 4 MRG genannten Besonderheiten. Daher ist auch die Regelung des § 37Abs 3Z 16MRG, wonach die in § 37Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögens-rechtlicher Natur sind und die maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt, sinngemäß auf die Verfahren nach § 52Abs 1WEG zu übertragen (RIS‑Justiz RS0007110 [T38], zuletzt 5 Ob 162/12b mwN). Der hier in einem solchen wohnrechtlichen Außerstreitverfahren erhobene Anspruch ist daher ex lege als rein vermögensrechtlicher Natur zu qualifizieren und war vom Rekursgericht zu bewerten.
An diesem Ergebnis würde sich auch nichts ändern, wenn der Gegenstand des Anspruchs ‑ wie der Revisionsrekurswerber behauptet ‑ als eine Angelegenheit zu qualifizieren wäre, die nicht in einem Verfahren nach § 52Abs 1WEG sondern im allgemeinen Außerstreitverfahren zu entscheiden wäre. Die vom Revisionsrekurswerber daraus abgeleitete Konsequenz, dass der Verfahrensgegenstand dann nicht mehr als rein vermögensrechtlicher Natur zu qualifizieren sei, trifft nämlich nicht zu. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell-rechtlichen Inhalt (RIS‑Justiz RS0007110 [T15]; RS0109789 [T3]). Unter Entscheidungsgegenständen nicht (rein)
vermögensrechtlicher Natur sind dabei nur solche Fälle zu verstehen, die unmittelbar die Person eines Verfahrensbeteiligten betreffen (RIS‑Justiz RS0007110 [T9]). Bei dem
vom Antragsteller verfolgten Unterlassungsanspruch handelt es sich daher auch unter diesem Aspekt um einen
Anspruch
rein
vermögensrechtlicher Natur (vgl 1 Ob 240/14x,
5 Ob 122/10t ua).
3. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist ‑ auch im Verfahren außer Streitsachen ‑ unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RIS‑Justiz RS0042410 [T28], RS0042450 [T8]; RS0109332 [T1]). Hier liegt keine dieser vom Obersten Gerichtshof anerkannten Ausnahmen von dessen Bindung an den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts vor. Der Entscheidungsgegenstand übersteigt demnach 10.000 EUR nicht und das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt. Ohne Abänderung dieses Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Antragstellers daher jedenfalls unzulässig.
Erhebt eine Partei ‑ wie hier ‑ dennoch ein Rechtsmittel, ist dieses, auch wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Der Oberste Gerichtshof darf nämlich darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 63 Abs 3 AußStrG ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS‑Justiz RS0109623).
Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs über das Rechtsmittel des Antragstellers liegt jedenfalls derzeit nicht vor. Das Erstgericht wird das Rechtsmittel des Antragstellers daher dem Rekursgericht vorzulegen haben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Antragsteller hier keinen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 63 Abs 1 AußStrG gestellt hat, weil dieser Mangel nach § 10 Abs 4 AußStrG grundsätzlich verbesserungsfähig ist (vgl RIS‑Justiz RS0109623). Ob der Schriftsatz des Rechtsmittelwerbers den Erfordernissen an eine solche Zulassungsvorstellung schon entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt dabei der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T5]).Sollte der Rechtsmittelwerber die allenfalls aufgetragene Verbesserung seines Schriftsatzes im Sinne des § 63 AußStrG verweigern, dann wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (RIS‑Justiz RS0109503 [T1]; RS0109505 [T5]).
4. Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.
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