OGH 2Nc9/15v

OGH2Nc9/15v11.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Dr. Herwig Hasslacher, Rechtsanwalt in Villach, wegen 1.420,06 EUR sA über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020NC00009.15V.0511.000

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Leopoldstadt das Bezirksgericht Villach bestimmt.

Text

Begründung

Am 8. 2. 2015 ereignete sich in Villach ein Verkehrsunfall, an dem ein von M***** B***** gelenkter und bei der beklagten Partei haftpflichtversicherter Pkw sowie ein der klagenden Partei gehörender, von M***** B***** gelenkter Autobus beteiligt waren. Durch die Kollision entstand an beiden beteiligten Fahrzeugen ein Sachschaden. Die Parteien behaupten jeweils das Alleinverschulden des Lenkers des jeweils gegnerischen Fahrzeugs: Die klagende Partei behauptet, die Lenkerin des Pkw sei zu knapp am Bus vorbeigefahren, wodurch es zum Kontakt der Fahrzeuge gekommen sei. Die beklagte Partei behauptet, der Buslenker habe gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, eine unachtsame Fahrweise gewählt und eine relativ überhöhte Geschwindigkeit eingehalten, sodass das Heck des Busses in die Fahrbahn der Pkw-Lenkerin ausgeschert sei.

Die Klägerin begehrt die Kosten der Reparatur des Busses und die Kosten für einen Stehtag. Die Klägerin beantragt die Einvernahme des in Villach wohnhaften Buslenkers als Zeugen zum Unfallhergang sowie einen per Adresse einer in Wien ansässigen Gesellschaft zu ladenden Zeugen zum Beweis für die Höhe des Schadens sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Beklagte wendet die halben Kosten der Reparatur des Pkw als Gegenforderung ein. Zum Beweis für ihr Vorbringen beantragt sie die Einvernahme der Lenkerin des Pkw sowie zweier weiterer Personen als Zeugen zum Unfallhergang. Alle diese Zeugen wohnen in Villach. Weiters wird ein Ortsaugenschein und ein Sachverständigengutachten beantragt.

Die Beklagte beantragt die Delegierung des Verfahrens an das Bezirksgericht Villach.

Die Klägerin spricht sich gegen die Delegierung aus. Ein Lokalaugenschein sei nicht erforderlich, die Zeugen könnten auch durch Videokonferenz einvernommen werden.

Das Bezirksgericht Leopoldstadt spricht sich für die Delegierung aus und verweist darauf, dass eine Vernehmung durch Videokonferenz bei Verkehrsunfällen nicht zielführend sei, weil bei der Einvernahme der Zeugen Skizzen verwendet würden, in die die von den Zeugen angegebenen Positionen eingezeichnet würden. Dies sei durch Videokonferenz nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung ist gerechtfertigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0046324; RS0046441; RS0046589) soll eine Delegierung zwar nur den Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden, doch sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS‑Justiz RS0046149).

Im Unterschied etwa zur Entscheidung 2 Nd 4/98, wo es um einen Auffahrunfall auf der Westautobahn ging und das Erstgericht ausgeführt hatte, es könne unter den gegebenen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass es zur Durchführung eines Lokalaugenscheins kommen werde (vgl auch 2 Nc 22/10y), erscheint im vorliegenden Fall die Durchführung eines (überdies bereits beantragten) Lokalaugenscheins grundsätzlich möglich. Mit einer Ausnahme wohnen sämtliche beantragten Zeugen im Sprengel des Bezirksgerichts Villach. Auch das vom Bezirksgericht Leopoldstadt genannte Argument (mögliche Verwendung von Skizzen) spricht gegen die Durchführung einer Videokonferenz, sodass die Zeugen zum Unfallhergang doch von Villach nach Wien anreisen müssten. Aller Voraussicht nach kann somit die Rechtssache rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Bezirksgericht Villach durchgeführt werden (RIS‑Justiz RS0046149).

Stichworte