European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00001.15K.0429.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 910,80 EUR (darin 151,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Dies ist hier entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Zulassungsausspruch nicht der Fall. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
2. Die Klägerin ist ein in Frankreich ansässiges Unternehmen, das kulturelle Veranstaltungen organisiert und für den Spätwinter 2012/2013 eine ukrainische Theatergruppe für eine Aufführung in Paris engagiert hatte. Die Beklagte betreibt in Kärnten ein Hotel.
Die Klägerin beauftragte die Inhaberin eines ukrainischen Reisebüros, ihr für die Theatergruppe Flugtickets zu besorgen. Die Inhaberin des Reisebüros tätigte bei der Beklagten Buchungen für ukrainische Wintertouristen. Sie teilte der Beklagten mit, dass ihr Geschäftspartner in Frankreich sei und die Beträge für die Unterbringung der Gäste überwiesen würden. Weiter wies sie die Klägerin an, den für die Beschaffung der Flugtickets vereinbarten Betrag an die „zur Unternehmensgruppe“ gehörende Beklagte zu überweisen, was die Klägerin auch tat. Die Beklagte verwendete den Betrag zur Abdeckung ihrer Forderung gegenüber dem ukrainischen Reisebüro. Dessen Inhaberin besorgte die bestellten Tickets nicht.
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts ist nicht weiter strittig.
3. Anders als das Erstgericht wies das Berufungsgericht das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung des überwiesenen Betrags ab, weil die Beklagte die Zahlung nicht rechtsgrundlos erhalten habe. Die Revision sei zur Frage zulässig, ob eine rechtswirksame Anweisung auch dann vorliege, wenn der Angewiesene glaube, direkt an den Vertragspartner zu leisten.
4. Für die Anweisung (§ 1400 ABGB) ist das Vorliegen zweier einseitiger Erklärungen im Sinne einer doppelten Ermächtigung durch den Anweisenden typisch, nämlich einerseits gegenüber dem Angewiesenen zur Erbringung einer Leistung an den Anweisungsempfänger und andererseits gegenüber dem Anweisungsempfänger zur Empfangnahme der Leistung (9 Ob 43/10d; RIS‑Justiz RS0019551; RS0032933). Die im Einlösungsverhältnis „im abgekürzten Weg“ erbrachte Leistung wird so behandelt, als wäre sie vom Angewiesenen an den Anweisenden und von diesem an den Anweisungsempfänger erbracht worden, sodass es sowohl im Deckungs- als auch im Valutaverhältnis zu einer Schuldtilgung kommt ( Neumayr in KBB 4 § 1400 Rz 1 mwN). Dass der Anweisungsempfänger gemäß § 1400 S 2 ABGB einen unmittelbaren Anspruch gegen den Angewiesenen erst erlangt, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der Anweisung ihm zugekommen ist, erklärt nur, unter welchen Voraussetzungen der Anweisungsempfänger selbst forderungsberechtigt wird. Für die Tilgungswirkung der Leistung im Deckungs‑ und Valutaverhältnis kommt es darauf jedoch nicht an.
5. Auch das Vorbringen der Klägerin, dass eine gültige Anweisung fehle, weil ihr eine solche nicht erkennbar gewesen sei, begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO, weil es sich dabei um die Auslegung einer Willenserklärung handelt, die stets von den Umständen des Einzelfalls abhängt (s RIS‑Justiz RS0042555). Den Ausführungen des Berufungsgerichts, dass es für die Klägerin offenkundig gewesen sei, dass es sich bei der Beklagten um ein von der Inhaberin des Reisebüros verschiedenes Rechtssubjekt gehandelt habe, setzt die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Dass im Überweisungszweck auf die Bezahlung der Flugtickets Bezug genommen wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil damit nur erklärt wird, auf welchen Rechtsgrund hin die Leistung erfolgte (hier: Bezahlung der Flugtickets an die Inhaberin des Reisebüros).
6. Da die Klägerin sohin insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist ihre Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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