OGH 9Ob83/14t

OGH9Ob83/14t29.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Priv.‑Doz. DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Erwin Wlaka, Rechtsanwalt in Wien, wegen 318.321,52 EUR sA und Feststellung (Revisionsinteresse: 318.321,52 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 30. September 2014, GZ 2 R 63/14w‑35, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Teil‑ und Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 30. Jänner 2014, GZ 29 Cg 167/09t‑31, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00083.14T.0429.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein Elektrizitätsunternehmen und betreibt Wasserkraftwerke an den Flüssen ***** und *****. Die Beklagte ist Übertragungsnetzbetreiberin iSd § 7 Abs 1 Z 70 ElWOG 2010. Die Klägerin speist den von ihr erzeugten Strom teilweise in das Netz der Beklagten ein.

Die zwischen den Streitteilen geltenden, von der Energie‑Control Kommission (ECK) genehmigten „Allgemeinen Netzbedingungen für den Zugang zum Übertragungsnetz“ (ANB) lauten auszugsweise:

idF 2004:

„Kaufmännische Bestimmungen

XVII. Rechnungslegung

6. Soweit keine Systemnutzungstarife verordnet sind oder die behördliche Preisregelung aufgehoben wird, hat der Netzbenutzer für die Leistungen der A ***** ein angemessenes Entgelt zu entrichten. Als angemessen gilt ein von der zuständigen Preisbehörde zuletzt ‑ für die betroffenen Leistungen ‑ veröffentlichter bzw verordneter Tarif oder Marktpreis.“

idF 2010:

„XXIII. Entgelte

1. …

2. Entgelt für die Netznutzung

Erzeuger (Einspeiser) sind zudem verpflichtet, an A ***** allenfalls die nach den jeweils geltenden, behördlich festgesetzten Systemnutzungstarifen für die Nutzung des Netzes der A***** durch Erzeuger (Einspeiser) festgelegten Entgelte sowie allfällige durch Gesetz oder Verordnung vorgeschriebene Zuschläge, insbesondere Förderbeiträge und Zählpunktpauschalen, sämtliche Steuern, Gebühren und Abgaben, in der jeweils geltenden Fassung zu bezahlen. Davon unbeschadet bleibt die rechtlich zulässige Möglichkeit der Verrechnung der in diesen ANB und/oder in den auf deren Basis abgeschlossenen Verträgen niedergelegten ‑ nicht behördlich geregelten ‑ Preisansätze und Entgelte. Sollte für einen Zeitraum keine Preisregelung bestehen, obwohl dies durch Gesetze, Verordnungen und/oder andere behördliche Verfügungen vorgesehen wäre, findet auf die betroffene Rechtsbeziehung bis zum Zeitpunkt der Neuregelung die zuletzt gültige gesetzliche oder behördliche Preisregelung bzw eine einzelvertragliche Regelung, für den Fall der Nichteinigung, ein angemessener Preis Anwendung.“

Die aufgrund von § 25 ElWOG 1998 erlassene Systemnutzungstarife-Verordnung (SNT‑VO) 2006 idF der Novelle 2008 verpflichtete in § 6 Abs 1 nur Entnehmer zur Entrichtung von Netzverlustengelten. Mit der SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 wurden auch die Einspeiser dazu verpflichtet.

Die Beklagte hebt seit 1. 1. 2009 bei der Klägerin Netzverlustentgelte nach den Tarifen des § 20 SNT‑VO ein. Die Klägerin leistete das von der Beklagten für die Monate Jänner bis April 2009 vorgeschriebene Netzverlustentgelt von insgesamt 318.321,52 EUR unter dem Vorbehalt, dass rechtliche Schritte gegen die SNT‑VO 2006 idF 2009 eingeleitet und gegebenenfalls zurückgefordert würden. Diese Verhaltensweise setzte sie grundsätzlich bis zur Bestätigung der Gesetzeskonformität der SNT‑VO 2012 durch den VfGH fort.

Ein Antrag der Klägerin an die ECK gemäß § 21 Abs 2 ElWOG (aF) vom 29. 5. 2009 mit dem der vorliegenden Klage entsprechenden Begehren wurde von dieser mit Bescheid vom 19. 8. 2009 abgewiesen.

Mit ihrer am 16. 9. 2009 eingebrachten, in der Folge modifizierten Klage begehrte die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass sie vor Inkrafttreten der Systemnutzungsentgelte‑Verordnung (SNT‑VO) 2012, BGBl II 2011/440, nicht verpflichtet gewesen sei, an die Beklagte für die Einspeisung von Strom aus Wasserkraftwerken, die an das Netz der Beklagten angeschlossen seien, ein Netzverlustentgelt zu zahlen, sowie die Rückzahlung der für die Monate Jänner bis April 2009 geleisteten Netzverlustentgelte von 318.321,52 EUR sA. Die SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 sei als Rechtsgrundlage ihrer Zahlungspflicht aus näher dargelegten Gründen gesetzwidrig und § 25 ElWOG verfassungswidrig.

Die Beklagte bestritt und beantragte unter Berufung auf die Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit der Vorschreibungen Klagsabweisung.

Über Antrag der Klägerin stellte das Erstgericht mit Beschluss vom 7. 9. 2010 (ON 10) einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof, näher genannte Regelungen der SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 sowie der SNT‑VO 2010, die sich auf eine Verpflichtung von Einspeisern zur Zahlung von Netzverlustentgelten bezogen, als gesetzwidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 21. 6. 2011, G3‑5/11‑11, wurde die Verfassungswidrigkeit von § 25 Abs 1 Z 1 und 3, § 25 Abs 4 und § 25 Abs 12 ElWOG 1998 festgestellt, weil konkrete gesetzliche Vorgaben für die Tariflastentscheidung der verordnungserlassenden Behörde fehlten.

Mit Erkenntnis vom 27. 9. 2011, V 59/09-14, wurden aufgrund des vom Erstgericht gestellten Antrags und zahlreicher weiterer Anträge die auf § 25 ElWOG 1998 basierende SNT‑VO 2006 idF der Novellen 2008 und 2009, die SNT‑VO 2010 und die SNT‑VO 2010 idF der Novelle 2011 aufgehoben.

Soweit revisionsgegenständlich, berief sich die Beklagte im fortgesetzten Verfahren und nach Vorliegen der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 126/12a und 4 Ob 186/12z darauf, dass ihr die Klägerin nach Entfall der gesetzlichen Preisregelung ein angemessenes Entgelt iSd § 354 UGB und der ANB schulde, das mit den nach umfassenden Kalkulationen von Experten festgesetzten Tarifen der SNT‑VO 2009 gleichzusetzen sei. Es sei auch nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht unzulässig, sondern vielmehr sachlich gerechtfertigt, von Einspeisern Netzverlustentgelt zu verlangen. Die Beklagte sei gesetzlich verpflichtet, diesen aufgrund der bestehenden Netzanschlussverträge entsprechende Übertragungsleistungen zur Verfügung zu stellen und habe solche auch gegenüber der Klägerin erbracht. Müsste sie nach Wegfall der Regelungen ihre Leistung unentgeltlich erbringen, würde dies einer entschädigungslosen Enteignung bzw Zwangsarbeit gleichkommen und sei auch als Verletzung des Gleichheitsgebotes verfassungswidrig.

Die Klägerin wandte ein, ihre Zahlungspflicht sei durch § 25 ElWOG 1998 abschließend geregelt worden. Nach dessen Aufhebung könne sich die Beklagte weder auf Allgemeine Geschäftsbedingungen noch auf § 354 UGB oder Bereicherungsrecht berufen. Schließlich stellte sie die Geltung der ANB außer Streit, brachte aber vor, kein Entgelt zu schulden, weil nach der Definition der ANB als „angemessen“ der zuletzt verordnete Tarif gelte, hier sohin die SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2008. Diese habe aber für Einspeiser keine Pflicht zur Zahlung von Netzverlustentgelt vorgesehen, sodass das angemessene Entgelt definitionsgemäß Null sei. Die vertragliche Vereinbarung gehe § 354 UGB vor.

Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Teil- und Zwischenurteil das Feststellungsbegehren ab und sprach aus, dass das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung der für den Zeitraum Jänner 2009 bis April 2009 eingehobenen Netzverlustentgelte von 318.321,52 EUR sA dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Zum ausschließlich revisionsgegenständlichen Leistungsbegehren führte es unter Berufung auf die Entscheidungen 4 Ob 126/12a und 4 Ob 186/12z aus, dass eine subsidiäre Regelung des grundsätzlich behördlich festgelegten Preises, den Netzbetreiber von Einspeisern für die Systemnutzung verlangen dürften, in AGB für den Fall der Unwirksamkeit behördlicher Preisvorschriften weder gesetzwidrig noch ‑ bei Vereinbarung eines angemessenen Entgelts ‑ sittenwidrig sei. Die Klägerin schulde der Beklagten daher nach Maßgabe der ANB Netzverlustentgelt. Offenkundig primärer Zweck von Pkt XVII der ANB idF 2004 sei die Sicherstellung einer angemessenen Vergütung der Leistungen der Beklagten. Satz 2 sei somit als Ergänzung der Grundregel zu verstehen, dass bei Bestehen eines von der Preisbehörde verordneten Tarifs bzw Marktpreises für die Leistungen dieser für die Abrechnungen heranzuziehen sei. Hingegen sei die Wertung des Verordnungsgebers 2008, einen Teilnehmer mit grundsätzlich anfallenden Kosten nicht zu belasten, nicht auf die Bestimmung zu übertragen. Es gelange daher die in Satz 1 statuierte Grundregel zur Anwendung, dass ein angemessenes Entgelt zu leisten sei. Aus den ANB idF 2010 sei nichts anderes abzuleiten, weil es auch dort darum gehe, Leistungen nach dem gemeinsamen Willen bzw der letzten behördlichen Preisfestsetzung, jedenfalls aber angemessen zu vergüten. Jedoch könne das zwischen den Streitteilen für die konkret erbrachten Leistungen angemessene Entgelt nicht ohne weiteres mit den Tarifen der SNT‑VO gleichgesetzt werden, seien diese doch ein Ergebnis eines allgemeinen Interessenausgleichs und nicht die Abgeltung eines bestimmten individuellen Aufwands. Über die Höhe des angemessenen Entgelts werde daher ein Sachverständigengutachten einzuholen sein.

Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung der Klägerin nicht Folge und schloss sich dieser Begründung an. Die Revision sei zulässig, weil zur Auslegung von Pkt XVII Abs 6 der Allgemeinen Netzbedingungen der Beklagten vom 14. 1. 2004 noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und die Auslegung der Klausel aufgrund der Vielzahl damit konfrontierter Vertragspartner der Beklagten von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung sei.

In ihrer nur gegen die Bestätigung des Zwischenurteils gerichteten Revision beantragt die Klägerin die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgebung durch Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung von 318.321,52 EUR sA an die Klägerin; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision abzuweisen; hilfsweise stellt auch sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .

1. Nach zwischenzeitig ständiger Rechtsprechung ist der Wegfall bzw die Aufhebung öffentlich‑rechtlicher Preisregelungen kein Hindernis dafür, über den öffentlich-rechtlich ungeregelten Sachverhalt eine privatrechtliche Vereinbarung innerhalb der Grenzen des rechtlich Erlaubten abzuschließen. Eine solche privatautonome Preisregelung ist auch schon ex ante in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulässig. Im Fall des Wegfalls bzw der Aufhebung behördlicher Systemnutzungstarife kann das Entgelt für den Netzzugang und die damit verbundenen Leistungen des Netzbetreibers (hier das Netzverlustentgelt) daher auf vertraglicher Basis verlangt werden (4 Ob 126/12a, 4 Ob 186/12z, 8 Ob 29/13t ua).

2. Damit stellt sich die Frage der Auslegung der von den Streitteilen vereinbarten ANB, konkret von Pkt XVII Abs 6 ANB.

Allgemeine Vertragsbedingungen sind grundsätzlich objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Es muss aber zudem der erkennbare Zweck der Klausel beachtet werden (RIS‑Justiz RS0008901).

Die Klägerin bestreitet nicht, dass der Netzbenutzer für die Leistungen der Beklagten gemäß Pkt XVII Abs 6 ANB ein angemessenes Entgelt zu entrichten hat. Sie ist aber unter Berufung auf Satz 2 der Klausel weiter der Ansicht, dass dies in ihrem Fall Null sei, weil der von der zuständigen Preisbehörde vor Aufhebung der SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 letztgültige behördliche Tarif nur für Entnehmer, nicht aber für Einspeiser ein Netzverlustentgelt vorgesehen habe.

3. In der Entscheidung 4 Ob 186/12z war folgende Klausel einer Verteilernetzbetreiberin zu beurteilen:

Pkt X. der Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz (AVB) der E *****:

Netzverlustentgelt

Der Netzkunde ist verpflichtet, dem Netzbetreiber das nach den jeweils geltenden Systemnutzungstarifen festgelegte Netzverlustentgelt zu bezahlen. Sollten keine Systemnutzungstarife verordnet sein, hat der Netzkunde das angemessene Entgelt zu entrichten.

Unter Verweis auf die Entscheidung 4 Ob 126/12a wurde dazu ausgeführt, offenkundiger Zweck der Bestimmung ist es, im Falle des Fehlens preisrechtlicher Tarifvorschriften sicherzustellen, dass der Netzbetreiber ein angemessenes Entgelt verlangen darf, um auf diese Weise eine Gegenleistung für den vertraglich zugesagten Netzzugang zu erlangen. Dieser Zweck verlangt die Anwendbarkeit der Regelung nicht allein für den Fall, dass überhaupt nie eine amtliche Regelung der Systemnutzungstarife bestanden hat, sondern auch dann, wenn ‑ wie hier ‑ die SNT‑VO 2008 bis 2011 als gesetzwidrig aufgehoben worden sind. Damit ist nämlich der gesamte Tarif unanwendbar geworden. Das gegenteilige Verständnis führte zum wirtschaftlich unausgewogenen Ergebnis, dass der Netzbetreiber seinem Kunden zwar Zugang zum Netz gewähren müsste, dafür aber nicht jenen Kostenersatz vorschreiben dürfte, der seinen tatsächlichen Aufwand zur Gänze abdeckt.

4. Kein anderer Zweck kommt der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Klausel zu. Auch hier kann den Streitteilen nicht unterstellt werden, dass die Beklagte der Klägerin im Falle des Fehlens eines verordneten Systemnutzungstarifs oder der Ungültigkeit einer behördlichen Preisfestlegung einen Netzzugang verschaffen muss, für den sie kein ihrem tatsächlichen Aufwand entsprechendes Entgelt verlangen kann ‑ wurde doch für diesen Fall mit Klausel XVII Abs 6 Satz 1 ANB gerade ein angemessenes Entgelt vereinbart. Schon nach dem Wortlaut der Klausel sind daher Leistungen der Beklagten, für die keine Tarifverordnung und auch keine sonstige behördliche Preisregelung existiert, angemessen abzugelten.

5. Der Oberste Gerichtshof teilt auch die Ansicht der Vorinstanzen, dass Satz 2 der Klausel („ Als angemessen gilt ein von der zuständigen Preisbehörde zuletzt ‑ für die betroffenen Leistungen ‑ veröffentlichter bzw verordneter Tarif oder Marktpreis “) nur der Bestimmung der Angemessenheit des Entgelts dient.

Nicht zu folgen ist der Beklagten darin, dass mit dem „zuletzt“ veröffentlichten Tarif jener nach der SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 gemeint sei. Es ist nicht anzunehmen, dass Parteien gerade jenen behördlichen Tarif weiter gelten lassen wollen, der von einer Seite bekämpft wird und in der Folge Gegenstand einer Aufhebung ist. Gegen die von der Beklagten vorgeschlagene Differenzierung nach den Gründen der Aufhebung (Unangemessenheit des festgesetzten Entgelts oder andere Gründe) spricht ‑ wie der vorliegende Fall zeigt ‑ die Unklarheit einer solchen Deutung. Die Aufhebung der SNT‑VO 2006 idF der Novellierungen bis 2011 erfolgte, weil die ihr zugrunde liegende Bestimmung des § 25 ElWOG 1998 keine ausreichende Determinierung für die Tariflastentscheidung enthielt, womit aber nicht klar war, ob Einspeiser behördlich überhaupt zur Leistung eines Netzverlustentgelts verpflichtet werden durften. Ein durchschnittlicher Angehöriger aus dem mit den ANB angesprochenen Adressatenkreis muss aber nicht annehmen, dass der Verwender der Klausel solche Unklarheiten schaffen wollte. In diesem Sinn spricht auch Klausel XXIII. ANB idF 2010 von der „zuletzt gültigen gesetzlichen oder behördlichen Preisregelung“. Das von der Beklagten präferierte Verständnis der Klausel dahin, dass das in der SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2009 vorgesehene Netzverlustentgelt nun aufgrund privatautonomer Bestimmung zwischen den Streitteilen gelte, scheidet damit aus.

6. Steht die Pflicht der Klägerin zur Zahlung eines Netzverlustentgelts nach dem Wortlaut und dem Zweck der Bestimmung, wie dargelegt, dem Grunde nach fest, kann Satz 2 auch nicht dahin verstanden werden, dass die zuletzt gültige Fassung der SNT‑VO 2006 selbst dann infolge privatautonomer Vereinbarung weitergelten soll, wenn sie überhaupt keine Zahlungspflicht der Klägerin für diesen Tarifbestandteil vorsieht, weil darin prima vista kein angemessenes Entgelt dafür läge. Schließlich ist den Vertragspartnern auch nicht zu unterstellen, dass sie die Geltung einer behördlichen Preisfestsetzung (hier: SNT‑VO 2006 idF der Novelle 2008) selbst für den Fall beanspruchen wollen, dass diese vom Verfassungsgerichtshof über Anregung anderer Parteien aufgehoben wird, weil damit das Gesamtgefüge der behördlichen Tariflastverteilung wegfällt.

7. Der erkennende Senat teilt daher im Ergebnis auch die Ansicht des Erstgerichts, dass nicht schon der in der SNT‑VO 2006 für das Netzverlustentgelt enthaltene Tarif der Zahlungspflicht der Klägerin als „für die betroffenen Leistungen“ angemessenes Entgelt zugrunde gelegt werden kann.

8. Zusammenfassend erweist sich die Beurteilung der Vorinstanzen als zutreffend, dass Pkt XVII Abs 6 Satz 2 der ANB 2004 nicht zur Aufhebung des Anspruchs der Beklagten dem Grunde nach führen kann. Im fortgesetzten Verfahren wird allein die Höhe eines angemessenen Netzverlustentgelts für die klagsgegegenständlichen Zeiträume zu ermitteln und den von der Klägerin unter diesem Titel gezahlten Beträge gegenüberzustellen sein.

9. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf dem Kostenvorbehalt des Erstgerichts.

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