OGH 8ObA30/15t

OGH8ObA30/15t28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr.

Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** B*****, vertreten durch Mag. Florian Mitterbacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei p***** GmbH, *****,vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Anfechtung einer Kündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Februar 2015, GZ 6 Ra 84/14s‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00030.15T.0428.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Anfechtung einer Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist zunächst zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer durch die Kündigung erhebliche soziale Nachteile entstehen, die über die normale Interessenbeeinträchtigung bei einer Kündigung hinausgehen (RIS‑Justiz RS0051746; RS0051640).

Das Vorliegen einer relevanten Interessenbeeinträchtigung der Klägerin ist nicht mehr strittig.

2. Im Fall einer Interessenbeeinträchtigung ist in einem weiteren Schritt das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes für die Kündigung zu prüfen. Ein solcher kann in der Betriebsbedingtheit der Kündigung oder in betriebliche Interessen nachteilig berührenden personenbezogenen Gründen gelegen sein (vgl 8 ObA 45/11t).

Eine Kündigung ist dann iSd § 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG durch betriebliche Erfordernisse begründet, wenn sie im Interesse des Betriebs notwendig ist. Im Fall einer betrieblichen Rationalisierung ist die Beurteilung der Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der Maßnahme grundsätzlich dem wirtschaftlichen Ermessen des Betriebsinhabers vorbehalten (RIS‑Justiz RS0051649; RS0052008). Die konkrete Kündigung muss aber zur Verwirklichung des beabsichtigten Erfolgs geeignet sein (8 ObA 95/11w).

Es entspricht zudem der Rechtsprechung, dass bei einem Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes im Rahmen der Beurteilung der Betriebsbedingtheit der Kündigung zu überprüfen ist, ob der Arbeitgeber seiner sozialen Gestaltungspflicht nachgekommen ist. Diese verpflichtet ihn zur Prüfung, ob noch einschlägige Stellen im Betrieb vorhanden sind, die er dem zu kündigenden Arbeitnehmer anbieten muss. Bei sozial benachteiligenden Kündigungen müssen demnach vom Arbeitgeber alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung ausgeschöpft werden, um trotz Rationalisierungsmaßnahmen die bisherigen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Eine Kündigung ist erst dann in den Betriebsverhältnissen begründet, wenn für den betroffenen Arbeitnehmer im gesamten Betrieb kein Bedarf mehr gegeben ist und dem Arbeitgeber keine Maßnahme zumutbar ist, die eine Weiterbeschäftigung ermöglicht. Die Gestaltungspflicht des Arbeitgebers geht aber nicht so weit, dass er dem zu kündigenden Arbeitnehmer einen weniger qualifizierten Posten ohne Verringerung des Einkommens anbieten müsste (8 ObA 76/12b; 8 ObA 95/11w).

3. Das Berufungsgericht hat die dargestellten Rechtsgrundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Seine vom konkreten Einzelfall geprägte Beurteilung, dass der Arbeitsplatz der Klägerin aus (objektivierten) betrieblichen Gründen weggefallen sei, ein anderer Arbeitsplatz für sie bei der Beklagten nicht vorhanden gewesen sei und mangels Beschäftigungsmöglichkeit die Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausfalle, erweist sich als nicht korrekturbedürftig.

Aufgrund der erheblichen Einschränkung der für das Projekt „Radwegpflege“ notwendigen Fördermittel ab dem Jahr 2013 und des Entfalls dieser Fördermittel ab dem Jahr 2014 wurde das in Rede stehende, von der Klägerin betreute Projekt aus nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Beklagten eingestellt. Die von der Klägerin dagegen ins Treffen geführten Argumente, die sich vor allem auf ausständige Fördermittel, allerdings für die Vergangenheit, beziehen, sind nicht geeignet, die Beurteilung der Vorinstanzen in Zweifel zu ziehen. Mit ihrer in der außerordentlichen Revision nicht näher begründeten Behauptung, es sei bereits festgestellt worden, dass sie eine Tätigkeit als Abteilungsleiterin hätte übernehmen können, bezieht sich die Klägerin auf ihre Forderung, anstelle eines anderen (an ihrer Stelle zu kündigenden) Projektleiters eingesetzt zu werden. Die Vorinstanzen haben dazu schlüssig dargelegt, dass bei der Beklagten kein freier Arbeitsplatz für die Klägerin vorhanden war und ein Sozialvergleich im Anlassfall nicht durchzuführen ist.

4. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte