OGH 9ObA9/15m

OGH9ObA9/15m20.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Johann Sommer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei N***** V*****, vertreten durch Dr. Susanne Schaffer‑Hassmann, Rechtsanwältin in Leoben, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch die Niederbichler Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 12.571,21 EUR sA, über die „ordentliche“ (richtig: außerordentliche) Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 2. Dezember 2014, GZ 6 Ra 63/14b‑13, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 7. März 2014, GZ 20 Cga 47/13a‑8, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00009.15M.0320.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts wird als nichtig aufgehoben.

Begründung

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Umfang von 1.362,83 EUR brutto sA zurück und das Mehrbegehren von 11.208,38 EUR sA ab. Es legte die dagegen erhobene Berufung des Klägers dem Berufungsgericht am 21. 8. 2014 (dort eingelangt am 27. 8. 2014) zur Entscheidung vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung mit Urteil vom 2. 12. 2014 nicht Folge. Es bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass das Klagebegehren mit 1.060 EUR und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestünden und wies das Klagebegehren im Umfang von 11.208,38 EUR sA ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Bereits mit Beschluss vom 27. 10. 2014, also noch vor Fällung des Urteils durch das Berufungsgericht, eröffnete das Bezirksgericht Bruck an der Mur zu AZ 8 S 21/14k über das Vermögen des Klägers das Schuldenregulierungsverfahren (mit Eigenverwaltung).

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO gestützte „ordentliche“ (richtig: außerordentliche) Revision des Klägers mit dem Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Berufungsurteils. In eventu wird ein Aufhebungsantrag zwecks Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht gestellt.

Die Beklagte hat ‑ trotz Freistellung durch den Obersten Gerichtshof ‑ keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil aus dem Grunde der Rechtssicherheit eine dem Urteil des Berufungsgerichts anhaftende Nichtigkeit wahrzunehmen ist. Die Revision ist auch berechtigt.

Gemäß § 7 Abs 1 IO werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 IO bezeichneten Streitigkeiten ‑ eine solche liegt hier nicht vor ‑, unterbrochen. Auch das Schuldenregulierungsverfahren ist ein Insolvenzverfahren, weshalb gemäß § 181 IO die Regelung des § 7 IO uneingeschränkt gilt (2 Ob 15/11m; RIS‑Justiz RS0103501; Schubert in Konecny/Schubert , Insolvenzgesetze § 7 KO Rz 29). Die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens unterbricht auch bei Eigenverwaltung des Schuldners gemäß § 7 IO anhängige Prozesse ex lege (2 Ob 15/11m mwN; RIS‑Justiz RS0111634 [T4]). Die Unterbrechung tritt ex lege, auch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens, ein (7 Ob 56/13f ua). Ein nach Eintritt der Unterbrechung nach § 7 Abs 1 IO gefälltes Urteil leidet daher an der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO (7 Ob 66/04p; 10 Ob 99/11y ua).

Trotz der Unterbrechung des Verfahrens ist die Revision des Klägers zulässig, weil er darin einen Verstoß gegen § 7 IO geltend macht (RIS‑Justiz RS0036977; RS0037023).

Das Insolvenzverfahren war am 27. 10. 2014, somit nach Erhebung der Berufung (23. 7. 2014) und der Berufungsbeantwortung (20. 8. 2014), aber vor Entscheidung des Berufungsgerichts (2. 12. 2014) eröffnet worden, sodass das dennoch gefällte Berufungsurteil mit dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund behaftet ist. Das Berufungsverfahren ist seit dem 27. 10. 2014 unterbrochen.

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