OGH 3Ob25/15w

OGH3Ob25/15w18.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Mag. G*****, vertreten durch Mag. Helmut Rieger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei I*****, vertreten durch Dr. Gerda Mahler‑Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 21. November 2014, GZ 16 R 239/14g‑38, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00025.15W.0318.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Für die Verschuldensabwägung ist das Gesamtverhalten beider Ehegatten maßgebend (RIS‑Justiz RS0057303 [T3]). Dabei müssen die Eheverfehlungen in ihrem Zusammenhang gesehen werden, wobei berücksichtigt werden muss, inwieweit diese einander bedingt haben bzw ursächlich für das Scheitern der Ehe waren (RIS‑Justiz RS0057223; ebenso RS0056751). Die Beurteilung, welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen Teil das überwiegende Verschulden trifft, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, die ‑ abgesehen von Fällen krasser Fehlbeurteilung ‑ regelmäßig nicht als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0118125).

Eine solche zeigt die außerordentliche Revision nicht auf:

Beweislastregeln verfolgen den Zweck, eine Sachentscheidung auch in jenen Fällen zu ermöglichen, in denen ein für die Entscheidung maßgeblicher Sachverhalt nicht bewiesen werden kann. Auf die vom Kläger behauptete Beweislastverschiebung kommt es allerdings nicht mehr an, wenn die Tatsacheninstanzen ‑ wie hier ‑ ohnehin Feststellungen zu den maßgebenden Umständen getroffen haben (RIS‑Justiz RS0039939 [T23, T26]). In Wahrheit unternimmt der Kläger mit diesen Ausführungen den Versuch, die Feststellungen der Vorinstanzen mit einer im Revisionsverfahren nicht zulässigen Beweisrüge (RIS‑Justiz RS0043371; vgl auch RS0069246) zu bekämpfen.

Bei der Beurteilung des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten sind alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen. Dabei ist zwar erheblich, wer mit der Zerrüttung begonnen hat, aber auch, wer den entscheidenden Beitrag dazu geleistet hat (RIS‑Justiz RS0057303 [T6, T8]; RS0056597).

Die vom Kläger nur „zur Kenntnis genommene“ Rückkehr der Beklagten mit den gemeinsamen Kindern von Manila in die frühere Ehewohnung nach Österreich ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im April 2011, als die Beklagte sich zu diesem (wegen des Schulbesuchs der Kinder erst Anfang Juli 2011 umgesetzten) Schritt entschloss, die weitere berufliche Situation des Klägers nach dem bereits feststehenden Ende seiner Tätigkeit in Manila mit September 2011 ungewiss war und noch die Möglichkeit bestand, dass er in Österreich Arbeit bekommen könnte. Außerdem hat die Beklagte ihm vor ihrer Abreise, bei der auch die Sachen des Klägers nach Österreich mitgenommen wurden, angeboten, ihm ab Oktober 2011 zu seinem neuen Arbeitsplatz nach Dubai zu folgen, was dieser auch deshalb ablehnte, weil er mit seiner zukünftigen Liebhaberin dorthin übersiedeln wollte. Die ‑ aus ihrer damaligen Sicht ohnehin nur vorübergehende ‑ gesonderte Wohnungsnahme der Beklagten (noch dazu im bis zur Übersiedlung nach Manila gemeinsam bewohnten Haus in Österreich), ist deshalb unter Berücksichtigung der gesamten Umstände keinesfalls geeignet, ein überwiegendes (oder auch nur gleichteiliges) Verschulden der Beklagten an der Zerrüttung der Ehe zu begründen.

Auch die vom Kläger ins Treffen geführten häufigen emotionalen Ausbrüche der Beklagten stellen ‑ zumal nicht festgestellt wurde, dass sie ihn bei diesen Gelegenheiten auch beschimpft hätte (vgl RIS‑Justiz RS0056711; RS0056652) ‑ schon deshalb keine schwere Eheverfehlung dar, weil sie aufgrund der schwierigen Lebensumstände in Manila nicht als völlig grundlos anzusehen sind.

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