OGH 3Ob40/15a

OGH3Ob40/15a18.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler, Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen 60.424,52 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2015, GZ 2 R 215/14f‑30, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00040.15A.0318.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt zu laufen, wenn dem Geschädigten sowohl der Schaden und die Person des Schädigers als auch die Schadensursache bekannt geworden ist (RIS‑Justiz RS0034951), allerdings nicht vor dem tatsächlichen (Primär‑)Schadenseintritt (RIS‑Justiz RS0083144). Mit positiver Kenntnis vom Schaden beginnt sie auch schon dann zu laufen, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt sind oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind; in einem solchen Fall muss er der drohenden Verjährung durch eine Feststellungsklage begegnen (RIS‑Justiz RS0050338; RS0034908).

Der Geschädigte darf zwar mit seiner Schadenersatzklage nicht solange zuwarten, bis er sich seines Prozesserfolgs gewiss ist oder glaubt, es zu sein. Wenn jedoch Ungewissheit darüber besteht, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist und hierüber ein Rechtsstreit behängt, wird man dem Geschädigten in der Regel zubilligen müssen, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten, weil er erst dann über ausreichend sichere Informationen für seine Schadenersatzklage verfügt (RIS‑Justiz RS0034524 [T10]; ebenso RS0034374 [T36], RS0034951 [T10]).

2. Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht mit seiner rechtlichen Beurteilung nicht abgewichen. Danach ist der Schaden (der hier in den durch die auf einen von der Beklagten veranlassten wesentlichen Geschäftsirrtum zurückzuführende Rückabwicklung des Kaufvertrags über eine Liegenschaft frustrierten Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem Kaufvertragsabschluss besteht) dem Kläger nämlich erst mit Zustellung des Urteils des Obersten Gerichtshofs im Vorprozess entstanden, mit dem ‑ in Abänderung des (auch) das (Eventual‑)Begehren auf Vertragsaufhebung abweisenden Berufungsurteils ‑ das insoweit stattgebende Ersturteil wiederhergestellt wurde.

Gegenteiliges ergibt sich insbesondere auch nicht aus den in der außerordentlichen Revision zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs:

2.1. In 7 Ob 253/97z ging es um den Schaden durch den Erwerb von verlustbringenden Wertpapieren, die nicht dem vom dortigen Kläger geäußerten Wunsch nach einer wertstabilen Anlage entsprachen. Da der Schaden im Erwerb der nicht gewollten Wertpapiere lag, begann die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB bereits zu laufen, als sich infolge von Kursverlusten herausstellte, dass der dortige Kläger in Wahrheit kein risikoloses, sondern vielmehr ein risikobehaftetes Wertpapier erworben hatte.

2.2. Dem zu 10 Ob 111/07g entschiedenen Fall lag der Sachverhalt zugrunde, dass der relevante Grenzverlauf zwischen den Liegenschaften der Streitteile für den dortigen Kläger bereits mehr als drei Jahre vor Einbringung seiner Schadenersatzklage soweit geklärt war, dass er seine auf der Verletzung seines Eigentumsrechts beruhende Ersatzforderung mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend machen hätte können.

2.3. In der Entscheidung 3 Ob 206/13k wurde die Verjährung des vom dortigen Kläger gegen seinen ehemaligen Steuerberater erhobenen Schadenersatzanspruchs wegen einer fehlerhaften Auskunft über das Bestehen der Grunderwerbssteuerpflicht für einen bestimmten Erwerbsvorgang mit der Begründung bejaht, dass bereits mit dem Entstehen der Steuerschuld ein Vermögensschaden vorliege, sodass ab dem Zeitpunkt, als der Kläger vom Bestehen der Steuerpflicht dem Grunde nach erfahren habe, für ihn keine Ungewissheit mehr über die Entstehung des Schadens bestanden habe, weshalb ihm auch nicht zuzubilligen sei, den Ausgang des Verfahrens zur Feststellung der Grunderwerbssteuerpflicht (den Bescheid über die Höhe der zu entrichtenden Steuer) abzuwarten.

2.4. Im vorliegenden Fall haben sich hingegen die mit dem Erwerb der Liegenschaft verbundenen, nicht etwa im bezahlten Kaufpreis, sondern vielmehr in den beglichenen Nebenkosten, wie den Kosten der Kaufvertragserrichtung und der grundbücherlichen Eintragungsgebühr, bestehenden Aufwendungen des Klägers überhaupt erst zu dem Zeitpunkt als ersatzfähiger Schaden herausgestellt, als (mit Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung im Vorverfahren) feststand, dass der Kaufvertrag tatsächlich rückabgewickelt wird. Erst durch diese Rückabwicklung wurden die vom Kläger im Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb geleisteten Zahlungen ‑ darunter insbesondere auch die in der Revision angeführten Kosten der Rechtsberatung vor Kaufvertragsabschluss ‑ zu frustrierten Aufwendungen und damit zu einem ersatzfähigen Schaden.

Stichworte