OGH 12Os5/15z

OGH12Os5/15z5.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Cengiz G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 23. Oktober 2014, GZ 37 Hv 140/13i‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00005.15Z.0305.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch sowie einen Privatbeteiligtenzuspruch enthaltenden Urteil wurde Cengiz G***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I./), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/15 (II./) und des Vergehens der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** N***** seine Ehegattin Ayse G*****,

I./ am 1. April 2012 vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr mehrere Ohrfeigen versetzte, sie an den Oberarmen und am Hals packte, wobei die Genannte eine offene blutende Wunde im Mund sowie Hämatome am linken Oberarm und am Hals erlitt;

II./ „zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Jänner 2013“ mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie auf das Kinderzimmerbett stieß, ihr den Mund zuhielt, sich auf sie legte, ihr die Beine auseinander zwängte und ungeachtet ihrer Gegenwehr seinen Penis in ihre Scheide einführte;

III./ am 15. April 2013 durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Unterlassung, und zwar zur Abstandnahme der neuerlichen Einbringung einer Scheidungsklage zu nötigen versucht, indem er ankündigte, er werde sie töten, sollte sie die angekündigte Scheidung weiterbetreiben.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der zu II./ erhobene Einwand der Undeutlichkeit und Unvollständigkeit (dSn Z 3), weil der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO die Formulierung „zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Jänner 2013“ enthalte, entbehrt schon deshalb jeder Grundlage, weil die zur Verdeutlichung heranziehbaren Entscheidungsgründe zweifelsfrei von einem Tatzeitpunkt im Jänner 2013 ausgehen (US 5; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 278). Im Übrigen lässt die Rüge jeglichen Hinweis vermissen, weshalb eine noch nähere Konkretisierung des Zeitpunkts der Tatbegehung faktisch oder rechtlich entscheidend sein sollte (RIS‑Justiz RS0098557).

Das Vorbringen (dSn Z 4), der Angeklagte habe bei der am 6. Juni 2013 erfolgten kontradiktorischen Vernehmung der Zeugin Ayse G***** (ON 13) nicht um die Bedeutung derselben gewusst, insbesondere, dass er Widersprüche in deren Aussage nie wieder hinterfragen werde können, zumal damit zu rechnen gewesen sei, dass diese im weiteren Verfahren keine Aussage mehr tätigen werde (vgl ON 24), versagt bereits mangels entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung (ON 48 S 9), den Ersatz der unmittelbaren Beweisaufnahme durch Vorführung der bei der kontradiktorischen Vernehmung im Ermittlungsverfahren getätigten Angaben hintanzuhalten oder die Zeugin zu nunmehr vorgebrachten Umständen ergänzend zu befragen (RIS‑Justiz RS0125706; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 233). Dass der in der Hauptverhandlung anwaltlich vertretene Beschwerdeführer an sachgerechter Antragstellung zur ergänzenden Befragung der Zeugin im nunmehr dargelegten Sinne gehindert war (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 480), wird nicht behauptet.

Im Übrigen betreffen jene vom Beschwerdeführer offenbar als weiter aufklärungsbedürftig erachteten Angaben des Tatopfers zur Spielsucht des Angeklagten und das Zugeständnis der Ayse G*****, schwer depressiv gewesen zu sein, keine erhebliche oder entscheidende Tatsache (zu den Begriffen Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399, 409).

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit zuwider hat das Erstgericht die Depositionen des Zeugen Mustafa K***** sehr wohl in seine Überlegungen miteinbezogen (US 10).

Soweit die Mängelrüge die Angaben der Selma K***** offenbar anders bewertet als das Schöffengericht und vermeint, die Aussage der Insaf T***** sei nicht glaubwürdig erfolgt (vgl RIS‑Justiz

RS0106588), kritisiert sie nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung ebenso die tatrichterliche Beweiswürdigung wie mit dem Einwand, es wäre lebensnah, dass sich das Tatopfer nach dem Vorfall im Jänner 2013 (II./) sofort vom Angeklagten getrennt hätte. Gleiches gilt für den Vorwurf, die Verletzungen zu I./ seien nicht objektiviert, deren Konstatierung basiere schon deshalb unzureichend begründet auf den Angaben der Ayse G*****, „wenn man bedenkt, dass die Zeugin eine schnellstmögliche Scheidung durchsetzen wollte“.

Der Rechtsmittelantrag, „nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten“, ist nicht nachvollziehbar, weil kein Vorbringen dahin erstattet wurde, ein unzuständiges Oberlandesgericht hätte die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt (§ 281a StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte