OGH 14Os4/15t

OGH14Os4/15t3.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Dragoljub J***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 3. November 2014, GZ 26 Hv 36/14w‑49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00004.15T.0303.000

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil

aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Dragoljub J***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Danach hat er in D***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schweren, therapieresistenten, paranoidhalluzinatorischen und psychotischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, beruht,

(1) zwischen März 2012 und Sommer 2013 die Rechtsanwaltsanwärterin Mag. Sabrina T***** (in ihrer Eigenschaft als Sachbearbeiterin der Sachwalterschaft des Betroffenen für den zum Sachwalter bestellten RA Dr. Johannes W*****) wiederholt durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Herausgabe von mehr Taschengeld zu nötigen versucht, indem er mehrfach von Waffen sprach und äußerte, es werde etwas passieren, wenn sie seiner Forderung nicht nachkäme;

(2) die Mitarbeiter der T***** GmbH gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

a) im Sommer 2013, indem er gegenüber der Rechtsanwaltsanwärterin Mag. Sabrina T***** mehrfach äußerte, es müssten Leute in diesem Haus (gemeint: in der Kanzlei des Sachwalters, in der die Bedrohte tätig war) sterben, es werde etwas passieren, er werde eine Waffe holen;

b) im Juli 2013, indem er gegenüber drei im Urteil namentlich genannten Mitarbeitern der Kanzlei äußerte: „hier“ (gemeint: in der Kanzlei des Sachwalters, in der die Bedrohten tätig waren) „müssen Menschen sterben“,

und dadurch Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (1) sowie Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (2) begangen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen kommt schon aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu:

Die Mängelrüge zeigt nämlich zutreffend offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich sämtlicher Anlasstaten auf.

Mit den beweiswürdigenden Erwägungen, wonach zur (die Äußerung von Drohungen global bestreitenden) Aussage des Betroffenen „anzuführen“ sei, dass dieser „dem Gericht einen äußerst verwirrten Eindruck machte“ (US 6), haben die Tatrichter ‑ selbst unter Berücksichtigung der im Rahmen der Feststellungen zur Anlasstat (1) erfolgten Bezugnahme darauf, dass der Betroffene „auch von Waffen sprach“ (US 3) ‑ dem in § 270 Abs 2 Z 5 StPO normierten Gebot deutlicher und bestimmter Anführung der Gründe, aus denen sie das Vorliegen der für die vorgenommene Subsumtion erforderlichen Täterintention für erwiesen ansahen, nicht entsprochen.

Wenngleich aus den äußeren Umständen der Tat ‑ auch bei wie hier leugnenden Angeklagten ‑ durchaus Schlüsse auf die innere Tatseite gezogen werden können (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452; RIS-Justiz RS0098671), genügt auch der allgemeine Hinweis auf die für glaubwürdig erachteten Depositionen mehrerer Zeugen, insbesonders jene der Mag. Sabrina T***** (US 6 f), nicht, weil Gegenstand von Zeugenaussagen nur objektive Wahrnehmungen, nicht aber Mutmaßungen über das Wissen und Wollen anderer Personen sein können (vgl Danek, WK‑StPO § 270 Rz 40, RIS‑Justiz RS0097540, RS0128679).

Dieser ‑ sämtliche Anlasstaten betreffende ‑ Begründungsmangel macht ‑ entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ die Aufhebung des Urteils zur Gänze bereits bei der nichtöffentlichen Beratung samt Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und Verweisung der Sache an das Erstgericht unumgänglich (§ 285e StPO), womit das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde auf sich beruhen kann.

Mit seiner Berufung war der Betroffene auf diese Entscheidung zu verweisen.

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