European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00005.15S.0226.000
Spruch:
Die Rekurse sowie die Rekursbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von 70.000 EUR sA. Er habe für die Beklagte eine Tankstelle betrieben. Das Vertragsverhältnis sei ausgleichsanspruchswahrend mit 30. September 2013 beendet worden; die Beklagte habe der vom Kläger angeregten einvernehmlichen Beendigung zugestimmt. Der Kläger sei auch wegen Alters (Inanspruchnahme der „Korridorpension“ seit Oktober 2013) zur anspruchswahrenden Kündigung berechtigt gewesen, außerdem sei ihm die Tätigkeit aufgrund seiner altersbedingten Beschwerden nicht mehr zumutbar gewesen. Der Kläger habe der Beklagten neue Kunden zugeführt und bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert; die Beklagte werde nach Auflösung des Vertrags dadurch noch erhebliche Vorteile erzielen. Der Ausgleichsanspruch stelle einen Ersatz für die nicht mehr erzielbaren Provisionseinnahmen des Klägers dar. Auch für den Folgemarkt (Geschäft, Gastronomie, Waschgeschäft) stehe dem Kläger ein Ausgleichsanspruch analog § 24 HVertrG zu. Vorerst werde nur ein Teilbetrag des ‑ näher aufgeschlüsselt errechneten ‑ Ausgleichsanspruchs geltend gemacht.
Die Beklagte wendet zusammengefasst ein, wegen Eigenkündigung stehe dem Kläger kein Ausgleichsanspruch zu; Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit wegen Alters, Krankheit oder sonstiger Gebrechen liege nicht vor. Der Kläger sei bei Kündigung noch mehr als zwei Jahre von der Vollendung des Regelpensionsalters entfernt gewesen. Außerdem lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs nicht vor; der Kläger sei für alle diese Voraussetzungen beweispflichtig. Für Eigenhändlerwaren bestehe kein Ausgleichsanspruch.
Mit „Zwischenurteil gemäß § 393 Abs 1 ZPO“ erkannte das Erstgericht das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Dem Kläger, der seit Oktober 2013 eine Pension beziehe, sei die Fortsetzung der Tätigkeit als Tankstellenpächter wegen seiner gesundheitlichen Probleme nicht mehr zumutbar. Dem Grunde nach bestehe der geltend gemachte Anspruch daher zu Recht.
Mit dem von beiden Parteien angefochtenen Beschluss gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten Folge, hob das Urteil erster Instanz auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Auffassung, dass die getroffenen Feststellungen für die Annahme eines Ausgleichsanspruchs des Klägers dem Grunde nach nicht genügen. Dafür müssten alle drei in § 24 Abs 1 HVertrG genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein. In der Absicht, zunächst den Einwand der den Ausgleichsanspruch ausschließenden Beendigung des Vertragsverhältnisses zu klären, habe sich das Erstgericht mit diesen Voraussetzungen jedoch nicht befasst. Ein Zwischenurteil dürfe aber nicht einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen herausgreifen; dies sei nur möglich, wenn die Parteien einen Antrag auf Zwischenfeststellung gestellt hätten. Ein Urteil über das Bestehen einzelner rechtserheblicher Tatsachen ‑ wie hier über die Auflösung des Vertrags als den Ausgleichsanspruch wahrend oder nicht - sei unzulässig.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der den Ausgleichsanspruch wahrenden Eigenkündigung wegen Alters nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind unzulässig.
1. Grundlage für die Bemessung eines Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters nach § 24 HvertrG sind die in Abs 1 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien. Ein Ausgleichsanspruch kann nur dann - dem Grunde nach ‑ entstehen, wenn alle Voraussetzungen des § 24 Abs 1 Z 1 bis 3 HVertrG kumulativ vorliegen (3 Ob 222/12m; 7 Ob 233/07a mwN; 6 Ob 260/00d).
2. Ein Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO muss nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dem Grunde nach über sämtliche Ansprüche und Einwendungen absprechen. Hat das Berufungsgericht ‑ wie hier ‑ ein Zwischenurteil aufgehoben, weil dieses mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen unzulässig war, so ist ein solcher Beschluss unanfechtbar, woran auch die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nichts ändert (RIS‑Justiz RS0036970; 3 Ob 270/02f; 1 Ob 178/04i; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 519 Rz 64 mwN; Fasching, Lehrbuch² Rz 1421; der in der Lehre geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung ‑ s etwa Rechberger in Rechberger, ZPO4 § 393 Rz 4; Holzhammer, Fasching‑FS 233 f ‑ ist der Oberste Gerichtshof ausdrücklich nicht gefolgt: 3 Ob 315/00w; 1 Ob 571/81 RZ 1982/26).
Die Frage nach der „inhaltlichen Richtigkeit“ eines Zwischenurteils über den Anspruchsgrund kann daher erst dann aufgeworfen werden, wenn seine Erlassung zulässig war und damit ‑ ausgehend von Feststellungen zu allen maßgebenden streitigen Tatsachen ‑ über die erhobenen Ansprüche und Einwendungen dem Grunde nach abgesprochen wurde (1 Ob 178/04i).
Die Rechtsmittel waren daher als absolut unzulässig zurückzuweisen.
3. Das Verfahren über ein absolut unzulässiges Rechtsmittel ist nicht zweiseitig (1 Ob 178/04i; 3 Ob 102/04b). Daher ist auch die Rekursbeantwortung des Klägers als unzulässig zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)