OGH 15Os160/14i

OGH15Os160/14i18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marcin S***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Marcin S***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Marcin K***** und Lukasz Z***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. November 2014, GZ 45 Hv 139/14k‑39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00160.14I.0218.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** sowie die Berufung des Angeklagten K***** werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten S***** und Z***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten S***** und K***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Marcin S*****, Marcin K***** und Lukasz Z***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (I./) und der Angeklagte S***** auch des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach haben sie ‑ soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Interesse ‑ am 1. September 2014 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz anderen fremde bewegliche Sachen durch Einsteigen in Gebäude weggenommen, und zwar

1./ Johannes Ku***** 17 Packungen Zigaretten im Gesamtwert von 100 Euro, eine Dose Bier, drei Flaschen Alkoholika sowie 275,40 Euro Wechselgeld;

2./ Gerhart H***** ein Mikroskop im Wert von 100 Euro und 860 Euro Bargeld.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Marcin K*****, der in der Hauptverhandlung am 6. November 2014 (Donnerstag) eine dreitägige Bedenkzeit erbeten hatte (ON 38 S 14), meldete erst mit am 11. November 2014 (Dienstag) im elektronischen Rechtsverkehr übermitteltem Schriftsatz seines Verteidigers ‑ sohin verspätet (§ 284 Abs 1 StPO) ‑ Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 44). Die „Anmeldung“ (gemeint: Nichtigkeitsbeschwerde; § 285a erster Satz StPO; vgl RIS-Justiz RS0100055) wurde mit Beschluss des Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 14. November 2014 (ON 46) zurückgewiesen. Die nach Zustellung dieses ‑ unangefochten gebliebenen ‑ Beschlusses am 18. November 2014 (siehe Anhang ON 1 S 19) dennoch eingebrachte „Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde“ (ON 51) ist demnach unbeachtlich, ohne dass es ihrer formellen Zurückweisung bedarf (vgl RIS-Justiz RS0100220). Die Berufung dieses Angeklagten gegen den Ausspruch über die Strafe war als verspätet in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 296 Abs 2, 294 Abs 4 StPO; RIS‑Justiz RS0100042).

Die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Marcin S***** ist nicht im Recht.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) macht geltend, die Feststellungen zu I./ trügen die Qualifikation des § 130 vierter Fall StGB nicht. Ausgehend von den Urteilsannahmen, wonach es den Angeklagten darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme „über zumindest mehrere Wochen“ zu verschaffen (US 4 f), wozu es ‑ angesichts der Tatbegehung nur an einem einzigen Tag ‑ lediglich aufgrund ihrer Festnahme nicht mehr kam (US 6), fehlt es jedoch an Ausführungen, welcher weiterer Konstatierungen es für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns ‑ aus Beschwerdesicht ‑ bedurft hätte (RIS‑Justiz RS0095939; zu den zeitlichen Voraussetzungen des § 70 StGB vgl RIS‑Justiz RS0107402).

Der Einwand (der Sache nach Z 5 vierter Fall), das Erstgericht lasse bei der bekämpften Annahme der Absicht des Angeklagten in Richtung Gewerbsmäßigkeit ausgehend vom (festgestellten [vgl US 3]) monatlichen Einkommen des Beschwerdeführers in Höhe von 625 Euro die in Polen niedrigeren Lebenshaltungskosten außer Acht, übergeht, dass der Angeklagte nach den Urteilsannahmen für Raten aus einem Kredit seiner Mutter aufkommt (US 3), was die Annahme trister Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse trägt. Weiters übergeht das Vorbringen das arbeitsteilige Zusammenwirken (US 4) und das Inkaufnehmen einer langen Anreise nach Österreich, nachdem sich die Angeklagten bereits in Polen zur Tatbegehung verabredet hatten (US 6). Die Mängelrüge (Z 5) ist aber nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS‑Justiz RS0119370).

Indem der Rechtsmittelwerber ausführt, es spiele bei der Beurteilung der Absicht des Angeklagten iSd § 70 StGB keine Rolle, dass der grundsätzliche Tatentschluss bereits in Polen gefasst wurde, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten S***** und Z***** folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte